16.01

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Geschätzte Frau Verteidigungsminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Öster­reicherinnen und Österreicher! Ich glaube, Frau Verteidigungsminister, Ihre Worte: „Air­bus wird mich noch kennenlernen“, liegen uns allen noch in den Ohren. Ich weiß nicht, Frau Verteidigungsminister, ob Sie Airbus bereits kennengelernt hat.

Eines weiß ich aber mit Sicherheit: Wir Soldaten, wir Offiziere und Unteroffiziere des österreichischen Bundesheeres haben Sie kennengelernt; die vielen zivilbediensteten Beamten und Vertragsbediensteten des österreichischen Bundesheeres haben Sie auch bereits kennengelernt; und auch die vielen Milizsoldaten, die durch Sie in ein ungerechtes Entlohnungsschema hineingezwungen wurden, haben Sie bereits kennengelernt. Frau Verteidigungsminister, ich kann Ihnen nur sagen: Wir haben genug von Ihnen gesehen! (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist mir vollkommen bewusst, dass Ihre beiden Vorgänger, Hans Peter Doskozil und auch Mario Kunasek, sehr große Fußabdrücke in diesem Ressort hinterlassen haben (Heiterkeit bei der ÖVP), da diese beiden Herren alles getan haben, um dieses Bundesheer zu attraktivieren, zu modernisieren und die richtigen Investitionsschritte zu setzen. (Beifall bei FPÖ und SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wie wir alle wissen, ist es nicht immer leicht – jetzt ist er gerade hinausgegangen – mit einem schwarzen Finanzminister; das ist uns allen bewusst. Nichtsdestotrotz sind die Fußabdrücke des Hans Peter Doskozil und auch des Mario Kunasek noch immer in unserem Ressort sichtbar. Als Unteroffizier des österreichischen Bundesheeres darf ich Ihnen sagen: Das sind Fußabdrücke und das sind Spuren, an die ich mich wirklich gerne zurückerinnere.

Es gab aber auch schon andere Zeiten, die nicht so rosig waren. Da erinnere ich mich zum Beispiel zurück an Norbert Darabos oder auch an seinen Amtsnachfolger, Verteidi­gungsminister Gerald Klug. Das waren im wahrsten Sinne des Wortes keine goldenen Zeiten für das Bundesheer.

Es gab aber auch noch Ihren Fraktionskollegen, Verteidigungsminister Günther Platter, den ich als den wahren Totengräber des österreichischen Bundesheeres und der öster­reichischen Landesverteidigung bezeichnen möchte. Er war es, der den Grundwehr­dienst von acht Monaten auf sechs Monate verkürzt und somit den Anfang vom Ende des österreichischen Bundesheeres eingeleitet hat.

Das alles sind Personen und Verteidigungsminister, an die ich mich nicht gerne zurückerinnere, und deswegen kann ich es nicht verstehen, warum Sie nicht die Schuhe, auch wenn sie sehr groß gewesen sind, eines Mario Kunasek oder eines Hans Peter Doskozil angezogen haben (Heiterkeit bei BundesrätInnen der ÖVP) und sich statt­dessen für die Schuhe von Darabos, Klug oder Platter entschieden haben, die wir zu Recht als Totengräber des österreichischen Bundesheeres bezeichnen können. (Beifall bei der FPÖ.)

Geschätzte Frau Noch-Verteidigungsminister, das darf ich Ihnen auch sagen (Beifall bei der FPÖ – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Hallo? – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP): Wenn Sie diesen Weg weitergehen, dann werden Sie als die wahre Totengräberin des Bundesheeres in Österreich in die Geschichte eingehen.

Genau da kommen wir auch zur derzeitigen Istsituation in Ihrem Ressort, Frau Vertei­digungsminister, genau da kommen wir zu dieser Chaos- und Verunsicherungspolitik, die Sie jeden Tag aufs Neue zum Besten geben.

Auf die einfache Frage, ob es zu einer Schließung von Kasernen kommt, antworten Sie mit: Es werden keine Garnisonen geschlossen werden. – Geschätzte Frau Verteidi­gungs­minister! Es ist mir vollkommen bewusst, dass Sie mit sehr wenig Fachwissen in dieses Ressort hineingekommen sind (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Na? – Bundes­rat Steiner: Das ist die Wahrheit! Das könnt ihr jetzt nicht abstreiten!)

Ich glaube, man kann sich noch an ein Interview vom 11. Jänner 2020 erinnern – ich möchte das ja sogar löblich hervorheben –, da waren Sie noch dabei, die Dienstgrade des österreichischen Bundesheeres zu lernen. (Der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, die Bundesministerin Tanner mit einer Tabelle von Dienstgradabzeichen des Bundesheeres zeigt.) Ich sage deswegen „löblich“, da Sie das österreichische Bundesheer zu diesem Zeitpunkt augenscheinlich noch interessiert hat.

Dieses geringe Vorwissen, das Sie in dieses Ressort mitgebracht haben, ist ja auch etwas, das Sie mit Norbert Darabos gemeinsam haben. Auch Norbert Darabos hat die­ses Bundesheer bis zu seinem Amtsantritt nur aus Erzählungen gekannt. Was dabei herausgekommen ist, das kennt, glaube ich, in diesem Raum und in Österreich jeder. Der Weg, den Sie zum Leidwesen des Bundesheeres eingeschlagen haben, ist der­selbe.

Da mir das Bundesheer sehr am Herzen liegt, würde ich Ihnen wirklich empfehlen: Beenden Sie diesen Leidensweg des Bundesheeres! Machen Sie es wie die frühere Staatssekretärin Lunacek: Treten Sie zurück! Machen Sie den Weg für einen Verteidigungsminister frei, dem die Sicherheit in diesem Land und das österreichische Bundesheer wirklich am Herzen liegen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, Sie würden nicht nur diesem Land und dem österreichischen Bundesheer einen großen Dienst erweisen. Wenn ich mir das Ganze anschaue, dann glaube ich, dass Sie sich damit auch selbst einen Gefallen tun würden.

Ich habe vor langer Zeit den Beruf des Kfz-Mechanikers erlernt, bin danach zum Bun­desheer gegangen und habe mit Freude die Unteroffiziersausbildung gemacht. Ich kann Ihnen nur sagen: Ich kann mich sowohl mit dem Beruf des Kfz-Mechanikers wie auch mit dem Soldatenhandwerk eindeutig identifizieren. Ich könnte mir aber nicht vorstellen, heute in einem Operationssaal zu stehen und eine Herztransplantation durchzuführen. Mit Sicherheit wäre ich damit überfordert und müsste feststellen, dass mir die Schuhe des Herzchirurgen nicht passen, und wahrscheinlich hätte ich auch keinen Spaß an der Arbeit.

Ich glaube, Frau Verteidigungsminister, da können wir beide jetzt wirklich Parallelen ziehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie Freude an einer Arbeit haben, die Ihnen bereits beim Amtsantritt meilenweit über den Kopf gewachsen ist. Sie sprechen im Interview vom 11. Jänner 2020 davon, dass Sie in Ihrem Wunschressort angekommen sind, und Sie vergleichen im selben Interview diese Tätigkeit mit Ihrer Tätigkeit als Rechtsreferentin beim Bauernbund in den Neunzigerjahren. Sie sagen in diesem Inter­view: „Wenn etwas ganz schwierig ist, braucht es manchmal eine Frau.“

Geschätzte Frau Noch-Verteidigungsminister! Ich kann Ihnen nur sagen: Die Situation um das Bundesheer ist schwierig – da haben Sie recht –, aber schwierig deswegen, da sämtliche ÖVP-Finanzminister dieses Ressort seit vielen, vielen Jahren stiefmütterlich behandeln. Das ist der Grund dafür, dass dieses Ressort schwierig ist. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.) Man könnte in den Reihen der ÖVP ja schon fast sagen, dass da der Feind in den eigenen Reihen sitzt.

Ganz egal, ob es ein Mann oder eine Frau ist, das Bundesheer braucht eine Führungs­persönlichkeit, die Kompetenz mitbringt, die Herz mitbringt und Interesse für dieses Ressort mitbringt. Das ist es, was dieses österreichische Bundesheer braucht.

Frau Verteidigungsminister! Wir brauchen kein Bundesheer, das an das Verteidigungs­budget angepasst ist. Wir brauchen ein Verteidigungsbudget, das an die Anforderungen des Bundesheeres angepasst ist. Das ist das, was wir wirklich brauchen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Frau Verteidigungsminister! Genau da gehen unsere Vorstellungen über das öster­reichi­sche Bundesheer meilenweit auseinander. Am 24. Juni wurde in Ihrem Auftrag bekannt gegeben, dass das Bundesheer vor tiefgreifenden Umstrukturierungen steht. Sie brauchen nicht am Handy nachzuschauen, es ist der 24. Juni gewesen, ich habe es wirklich vorher recherchiert. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Das Bundesheer soll demnach nach eintrittswahrscheinlichen Bedrohungen ausge­rich­tet werden, wobei die militärische Landesverteidigung – Frau Verteidigungsminister, eine Kernaufgabe des Bundesheeres! – als unwahrscheinlich qualifiziert wird. Ebenso wird von einer Personalreduktion gesprochen, um weitere Kosten im Bereich der Lan­desverteidigung zu senken. Sie sehen als wahrscheinliche Herausforderungen Natur­katastrophen, Cyberbedrohungen, Migration, Pandemien, einen großen Stromausfall und vereinzelte Terrorangriffe. – Ja, ich sage Ihnen: Das sind auch Aufgaben, die das Bundesheer zu bewältigen hat, aber das Bundesheer muss auch für seine Kernaufgabe, die militärische Landesverteidigung, gerüstet sein. Dieses Thema dürfen wir auf keinen Fall vernachlässigen. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieses Interview vom 24. Juni: Der Oberbefehlshaber, der Bundespräsident, hat es aus den Medien erfahren, die Wehrsprecher haben es aus den Medien erfahren. Im Anschluss an dieses Interview vom 24. Juni sind Sie ja von Bundespräsident Alexander Van der Bellen zum Rapport zitiert worden.

Frau Verteidigungsminister, es wäre uns allen lieber gewesen, wenn Sie der Finanz­minister bei den Budgetverhandlungen kennengelernt hätte. Die Frage, ob Airbus Sie bereits kennengelernt hat, müssen Sie sich selbst beantworten.

Frau Verteidigungsminister, auch diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen: Bei den Budgetverhandlungen im Ministerrat herrscht Einstimmigkeit, und deswegen muss ich Ihnen sagen: Verkaufen Sie uns nicht für dumm! Verkaufen Sie die Österreicher nicht für dumm! Geben Sie endlich zu, dass Sie für das Bundesheer nichts übrig haben, dass Sie für die Sicherheit in diesem Land nichts übrig haben und dass Sie das Bundesheer – ganz auf ÖVP-Kurs – mit Anlauf gegen die Wand fahren wollen! (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Worthülsen, diese leeren Versprechungen helfen diesem Land nicht. Seien Sie endlich die Sicherheitspartei, die Sie der Bevölkerung draußen immer vorgeben zu sein! Ein Innenminister, der lieber seine eigenen Leute überwacht, die keinen Baby­elefan­tenabstand einhalten, und diese als „Lebensgefährder“ bezeichnet oder eine Frau Ver­teidigungsminister, die keinen Wert auf die militärische Landesverteidigung legt – ich glaube, das sagt alles darüber aus, wie viel der ÖVP die Sicherheit in diesem Land wert ist.

Geschätzte Frau Verteidigungsminister, auch wenn Sie die Notwendigkeit der militäri­schen Landesverteidigung in der Öffentlichkeit nicht mehr in Abrede stellen, so spricht der am 3. Juli vorgestellte Leitfaden für eine moderne Landesverteidigung dennoch, glaube ich, ganz klare Worte, denn demnach sollen die Fähigkeiten der militärischen Landesverteidigung heruntergefahren werden:

Im Bereich der schweren Waffengattungen soll es österreichweit nur mehr ein Bataillon pro Waffengattung geben.

Zweitens soll, entgegen dem türkis-grünen Regierungsprogramm, die für die militärische Landesverteidigung erforderliche Brigadestruktur aufgelöst werden.

Rund 3 000 Arbeitsplätze sollen eingespart werden, einzelne Kasernenstandorte ge­schlos­sen und rund 18 Millionen Quadratmeter an Liegenschaften des österreichischen Bundesheeres verkauft werden. (Bundesrat Steiner: Verscherbelt!)

Geschätzte Frau Verteidigungsminister, das ist keine Modernisierung, und das ist auch keine Attraktivierung des Bundesheeres. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Gegen-die-Wand-Fahren des österreichischen Bundesheeres und ein Gegen-die-Wand-Fahren der Sicherheit in diesem Land.

Vielleicht hören Sie auch einmal auf Ihren Generalstabschef. Der hat nämlich gesagt: „Wer verteidigen kann, kann auch helfen. Wer nur helfen kann, kann nicht verteidigen“. – Ich glaube, das sind Worte, die man sich einmal wirklich zu Herzen nehmen sollte. Dann werden Sie auch erkennen, dass der Weg, den Sie gerade gehen, nicht der richtige für die Sicherheit in diesem Land ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Der massive Personalabbau, die Auflösung von großen Verbänden und die planmäßige Vernichtung von wirklich lange aufgebauten Kompetenzen schwächen die Einsatz­fähig­keit des Bundesheeres und stellen für dieses Land ein gravierendes Sicherheitsrisiko dar, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Abschließend, Frau Verteidigungsminister, drängt sich aber auch die Frage nach der Hub­schrauberbeschaffung auf. Mario Kunasek hat im Jahr 2018 eine Sonderfinan­zierung, 380 Millionen Euro, für die Nachbeschaffung der auszuscheidenden Alouette III sicherstellen können. Auch im aktuellen Regierungsprogramm gibt es ein klares Be­kenntnis zur bereits eingeleiteten Nachbeschaffung und zur Typenwerft Aigen im Ennstal. Konkret liest man im Regierungsprogramm: „Umsetzung der bereits eingelei­te­ten Hub­schrauber-Beschaffung, als Nachfolge der auszumusternden fünfzigjährigen Alouette III, insbesondere im Hinblick auf Katastrophennotlagen“.

Geschätzte Frau Schweigeminister, diesen Beschaffungsvorgang betreffend hätten wir uns wirklich klare Worte gewünscht und nicht das Schweigen, das Sie auch in dieser Angelegenheit an den Tag legen. Die militärische Landesverteidigung, Frau Verteidi­gungsminister, ist es nicht, die Ihnen am Herzen liegt. Anscheinend ist es aber der Katastrophenschutz ebenso wenig.

Geschätzte Frau Verteidigungsminister, erweisen Sie dem österreichischen Bundesheer einen letzten großen Dienst: Treten Sie zurück, bevor Sie noch mehr Schaden in diesem Ressort anrichten! (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Machen Sie den Weg frei für einen Verteidigungsminister, dem das österreichische Bundesheer und die Sicherheit in diesem Land wirklich am Herzen liegen! Wir haben Sie kennengelernt, Frau Noch-Verteidigungsminister! Wir haben genug von Ihnen gesehen! Genug ist genug! (Beifall bei der FPÖ.)

16.16

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Herr Bundesrat, es wird gerade geprüft, ob für den Ausdruck Totengräber schon einmal ein Ordnungsruf erteilt wurde.

Generell bitte ich, in der Debatte die Worte mit Bedacht zu wählen und es nicht an Wertschätzung missen zu lassen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Toten­gräber ist ja ein Beruf! Ist das nicht ein Beruf, Totengräber?)

Zur Beantwortung zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin für Landes­verteidigung. – Bitte, ich erteile Ihnen das Wort zur Beantwortung der Anfrage.