21.06

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Nationalrat sind im Zuge der Debatte zu diesem Beschluss beziehungsweise auch im Vorfeld einige Worte gefallen, obwohl Sie sich eigentlich selber verordnet haben, dass Sie so etwas nicht tun wollen. Es war uns gegenüber von Outcasts die Rede, es war von Niedertracht die Rede. Engelberg hat das dann noch einmal verdeutlicht und gesagt: Wir schauen uns genau an, wer jetzt sitzen bleibt und wer aufsteht, denn mit diesen Outcasts will wirklich niemand etwas zu tun haben. Das ist eine Vorgehensweise und eine Art zu reden, über die ich von Ihnen allen immer nur gehört habe: Das wollen wir nicht! Man darf andere nicht ausgrenzen!

Wir haben Gesetze beschlossen, dass man Menschen mit anderer Meinung, anderer Hautfarbe, anderer Rasse et cetera nicht diskriminieren darf. Wenn es um die Frei­heitliche Partei geht, ist Ihnen das interessanterweise alles völlig egal, dann gilt das offensichtlich nicht mehr. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe nicht ein Mal in einem Gremium mahnende Worte gehört, nicht hier und auch nicht im Europarat, in denen alle immer mit erhobenem moralischen Zeigefinger unter­wegs sind und vor dem Umschlagen von Worten in Taten warnen. Man muss auf seine Worte achten, denn als nächster Schritt oder auch als übernächster Schritt folgt dann die Tat. Ja, da gebe ich Ihnen recht, das sehe ich auch äußerst sensibel. All jenen, die meinen Kollegen im Nationalrat so unglaublich zugesetzt haben, sage ich aber schon: Vielleicht sollten Sie sich einmal an die eigenen Quasigesetze halten und das beher­zigen, was Sie immer predigen.

Auch wenn es um Antisemitismus geht und festgestellt wird, wie viele antisemitische Übergriffe es gegeben hat, ist immer, immer die FPÖ gemeint. Sie sagen es nicht immer so deutlich, oft genug schon, manchmal nicht so sehr, aber die Art, wie es gesagt wird, geht in eine eindeutige Richtung. Das ist ja in den Reden im Nationalrat auch passiert. Wir glauben Ihnen das nicht, dass Sie gegen Antisemitismus sind. Sie vergessen dabei nämlich ganz, dass es auch linken Antisemitismus gibt.

Da zitiere ich jetzt den Vizepräsidenten des Jüdischen Weltkongresses Petr Papoušek aus dem Jahr 2014. Der sagt: „Denn den rechten Antisemitismus kennen und erkennen wir und er ist in weiten Teilen der Gesellschaft absolut tabuisiert“, sagte der Tscheche in einem Interview der Nachrichtenagentur DPA in New York. „Der linke Antisemitismus kommt nicht nur getarnt daher, er ist auch weitgehend akzeptiert“. Das Gefährliche am „linken Judenhass“ sei: „Man kann Antisemit sein und fühlt sich trotzdem ganz modern und aufgeklärt.“

Und es geht weiter:  „Papousek bestätigte, dass der israelische Militäreinsatz dem An­sehen der Juden in Europa schade. ,Aber das eigentliche Problem ist, dass in Europa immer mehr muslimische Einwanderer leben und ein Teil von ihnen verachtet Juden. Wenn wir von wachsender Feindlichkeit gegen Juden in Europa sprechen, dann ist das vor allem auf die Einwanderer zurückzuführen‘, sagte er.“ – Zitatende. (Bundesrat Schennach: Oh, oh! – Bundesrat Rösch: Sagt er!) Das ist in der Rubrik Religion auf orf.at nachzulesen.

Also das wollen wir nicht ganz vergessen. Ich möchte jetzt niemandem hier irgendetwas unterstellen, ich möchte nur nicht, dass immer nur eine Seite angeschlagen wird. Damit wird immer die FPÖ gemeint. Sie haben kein Problem zu sagen, die FPÖ ist rechts­extrem. Wir haben schon: Kellernazis!, gehört, wir haben schon: Nazischweine!, gehört. Mit all diesen Dingen haben Sie überhaupt kein Problem, da ist Schluss mit der Antidis­kriminierung. (Beifall bei der FPÖ.)

Und ja, wir haben vorgeschlagen, den Preis nach Bruno Kreisky zu benennen. Und ja, Bruno Kreisky ist deswegen in den heftigsten Streit geraten, der bis zu Prozessen geführt hat, in denen er seine Unterstellungen auch wieder zurücknehmen musste, weil er Fried­rich Peter verteidigt hat, als er eine Minderheitsregierung hatte, die durch die FPÖ gedul­det wurde.

Friedrich Peter hat sich persönlich, soweit ich weiß, nichts zuschulden kommen lassen, ist auch nicht irgendwo von einem Gericht verurteilt worden. Er war in Kriegsgefan­gen­schaft, aber ist nicht verurteilt worden. Und ja, wir stehen schon auch zur Individual­schuld. Ich glaube und denke, Kreisky hat das so gesehen, und ich hoffe jetzt nicht, dass ihn die SPÖ deswegen posthum aus der SPÖ ausschließt. Er hat daran geglaubt, dass man, wenn man einen völligen Irrweg eingeschlagen hat – und man muss ja die Dinge auch in ihrer Zeit sehen –, 25 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs trotzdem geläutert und ein aufrechter Demokrat sein kann. Offensichtlich hatte Kreisky da keine Zweifel daran. Also denke ich: Ja, da ist Friedrich Peter wahrscheinlich tatsächlich Unrecht geschehen.

Wenn man sonst immer für Resozialisierung ist und jedem noch eine Chance geben möchte, was ich ja jetzt nicht grundsätzlich ablehne, obwohl ich weiß, dass wir in vielen Fällen, in denen wir Chancen gegeben und gehofft haben, dass Menschen wieder in die Mitte der Gesellschaft zurückfinden, gescheitert sind, muss ich die einem politischen und denkenden Irrläufer auch geben; ich muss ihm die Möglichkeit geben. Friedrich Peter hat sich in der Zweiten Republik nichts zuschulden kommen lassen, das irgendwie daran hätte zweifeln lassen, dass er ein Demokrat ist.

Wir wären dann ja auch, weil wir gesehen haben, dass der Name Bruno Kreisky wegen dieses Streits mit Wiesenthal doch belastet ist, für einen anderen Namen offen gewesen. Kollege Kickl hat das ja im Nationalrat auch gesagt. Wir wollten aber jemanden haben, der mit dem Parlament verbunden ist oder war, da das Parlament den Preis vergibt, was ja zuerst gar nicht so vorgesehen war. Zuerst wollte das Präsident Sobotka im Alleingang machen: Ich bin der große Präsident Sobotka und mache das jetzt einfach. Nach Protesten auch der SPÖ hat er sich dann dazu entschlossen, das doch gemeinsam mit dem Parlament zu machen. Daher haben wir gesagt: Gut, wir hätten gerne jemanden, eine Persönlichkeit, die sich im Kampf gegen den Antisemitismus besonders verdient gemacht hat, als Namensgeber. Gut, das wollten Sie nicht. Es ist jetzt aber natürlich auch unser gutes Recht zu sagen: Na gut, dann wollen wir dem halt nicht zustimmen!

Es ist nicht deswegen, weil wir inhaltlich dagegen sind. Kickl hat es ja auch extra noch einmal gesagt, und wir haben uns schon Dutzende Male von jeder Form des Antisemi­tismus distanziert, egal, woher er kommt. (Bundesrat Schreuder: Dann stimmen Sie dafür!) Jedes Mal kommt dann zurück: Na, das glauben wir euch aber nicht! Also da frage ich Sie jetzt schon: Wie oft muss man sich eigentlich distanzieren, bis einem geglaubt wird? Für uns gilt es wahrscheinlich in alle Ewigkeit, so möchte ich das sagen.

Daher möchte ich jetzt noch einmal die Bitte an Sie richten: Wenn Sie auf Menschen treffen, die eine völlig andere Meinung als Sie haben, dann bitte achten auch Sie auf Ihre Worte und denken Sie immer daran, dass Sie es sind, die sagen: von den Worten zur Tat! – Nein, das will niemand, aber wenn Sie das so sehen, dann bitte beherzigen Sie es auch! (Beifall bei der FPÖ.)

21.15

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Ich darf nun Frau Bundesrätin Klara Neurauter ans RednerInnenpult bitten.