Ansprache der Präsidentin aus Anlass des Terroranschlags in Wien

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist mir ein großes Bedürfnis, zu Beginn dieser Sit­zung ein paar Worte zum schrecklichen Terroranschlag vom Montag in der Wiener In­nenstadt zu sagen.

Zunächst möchte ich den Hinterbliebenen der vier Todesopfer unser Mitgefühl ausdrü­cken: Wir alle hier sind in tiefer Trauer und in Gedanken bei Ihnen!

Den Verletzten darf ich an dieser Stelle baldige und vollständige Genesung wünschen.

Wir alle sind von diesem feigen Attentat und davon, dass der Terror nun auch nach Ös­terreich und in unsere Bundeshauptstadt Wien gekommen ist, geschockt. Dieser Ter­roranschlag ist auf das Schärfste zu verurteilen und muss konsequent aufgeklärt und aufgearbeitet werden.

Als Österreicherin, als Frau, als Mutter, als Großmutter kann ich die Ängste all jener, die am Montag in Wien noch fröhlich zusammengesessen sind oder deren Kinder oder En­kelkinder in der Nähe des Tatortes waren, gut verstehen. Angst um sein Leben oder um das seiner Angehörigen zu haben gehört wirklich zum Schrecklichsten, das jemand durchmachen muss. Angst, Zorn und Verunsicherung empfinden auch wir angesichts der Bilder, die wir am Montag gesehen haben.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir werden aber nicht nachgeben, wir werden unsere Ängste beherrschen, unseren Zorn hintanhalten. Unsere Verunsicherung wird der Gewissheit weichen, dass wir im gemeinsamen Zusammenhalt dem Terror die Stirn bieten werden, denn der Terror ist eine Strategie der Schwäche, die von denen genutzt wird, denen es an realer Macht fehlt. Der Gegner soll zu einer Überreaktion provoziert werden, was am Ende die Sicherheit unserer Gesellschaft mehr gefährdet als der Terror­akt an sich – das hat der israelische Historiker Yuval Noah Harari so treffend formuliert. Lassen wir uns unser Leben nicht von Verrückten stehlen! Unsere Werte stehen nicht zur Diskussion, wir werden unsere freie Gesellschaft mit allen Kräften verteidigen.

Mein besonderer Dank gilt allen Einsatzkräften, von Polizei, Rettung, Bundesheer und Feuerwehr bis zu allen anderen, die im Einsatz für unsere Gemeinschaft ihren Mut unter Beweis gestellt haben.

Ich danke auch allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die jene Menschen, die die Innen­stadt nicht verlassen konnten, bei sich aufgenommen haben oder sich um jene geküm­mert haben, die in diese schrecklichen Ereignisse hineingezogen wurden. Genau das ist es, was unser Österreich auszeichnet: beherzte und tapfere Menschen, die im Einsatz für unsere Gesellschaft Engagement, Mut und ein Herz für das Gemeinsame zeigen. Sie haben dazu beigetragen, unsere Demokratie und die Grundwerte des friedlichen Zusam­menlebens in Österreich zu verteidigen.

Abschließend bitte ich Sie, sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte, um ein ge­meinsames Bekenntnis, um einen Schulterschluss gegen den Terror. Dieser Angriff auf unsere Grundwerte muss uns aufrütteln und sensibel machen, aber wir werden uns nicht einschüchtern lassen. Corona ist die eine große Herausforderung dieser Tage, die an­dere der Kampf gegen den Terror und die Destabilisierung der Demokratie. Unser Herz für die Gemeinsamkeit werden wir uns bewahren, es schlägt weiter für Demokratie, Tole­ranz und Zusammenhalt.

Ich darf Sie daher bitten, sich im stillen Gedenken an die Opfer des Attentates zu einer Schweigeminute von den Plätzen zu erheben. (Die Anwesenden erheben sich von ihren Sitzplätzen und verharren einige Zeit in stiller Trauer.) – Vielen Dank für dieses gemein­same Bekenntnis. Ich danke Ihnen für dieses Zeichen der Trauer. (Die Anwesenden nehmen ihre Sitzplätze wieder ein.)