15.39

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Die Vorschau der Kommission müssen wir natürlich unter dem Eindruck der schrecklichen, weltweiten Pandemie sehen, wobei gerade Europa besonders betrof­fen ist. Die Vorschau sagt aber natürlich auch, dass wir in drei Bereichen eine große Transformation schaffen müssen.

Meine Vorrednerin hat die Digitalisierung angesprochen. Wir brauchen erstens diese Di­gitalisierungstransformation unserer Gesellschaft, die aber ganz viele Risken birgt. Zum Zweiten brauchen wir auch die klimaneutrale Transformation. Wir müssen dazu die Kli­maziele, die wir uns im Rahmen der Europäischen Union vorgenommen haben, auch erreichen, denn eine Wirtschaft, die nicht klimaneutral ist, verspielt den Sitz, auf dem sie sitzt. Drittens brauchen wir eine Wirtschaft, die auch nachhaltig ist, was Arbeitsplätze betrifft, sodass sie Arbeitsplätze garantiert.

Damit wir nicht nur im Triangelspiel glauben, wir brauchen das: Wir brauchen in allen Bereichen die sofortigen Fortschritte und vergessen gesetzliche Grundlagen. Was spielt da zusammen? – Auf der einen Seite die Digitalisierung, auf der anderen Seite die Robo­tertechnik und auf der dritten Seite die künstliche Intelligenz. Ich habe vor wenigen Ta­gen auf europäischer Ebene einen Bericht abgeliefert, der sich mit folgender Frage be­schäftigt: Künstliche Intelligenz, Freund oder Feind des Arbeitsmarktes? – Da ist beides drinnen. Auf der einen Seite kann sie ein großer Feind sein, auf der anderen Seite kann sie aber auch sehr hilfreich sein. Bei der Digitalisierung sehen wir, dass wir heute in weiten Bereichen der Wirtschaft Digitalisierung eigentlich zur Verminderung der Lohn­kosten einsetzen und nicht zur Erleichterung des Wirtschaftens. Wenn man sagt, man setzt Digitalisierung nur ein, weil man sich dadurch Lohnkosten erspart, dann ist es eine schändliche Version. (Beifall bei der SPÖ.)

Nehmen wir einmal die Landwirtschaft her: Wenn jede Kuh einen Chip bekommt und der Bauer oder die Bäuerin in der Früh im Computer nachschaut: Wie geht’s Sophie, wie geht’s Magdalena, wie geht’s Rosi?, dann ist das eine Arbeitserleichterung und hilft so einem Unternehmen. Es ist auch eine Forschungsleistung, die es da gibt.

Folgende Frage ist deshalb immer wichtig: Als was sehen wir was? – Wenn man sagt, durch die Digitalisierung braucht man überhaupt niemanden mehr an den Kassen der Supermärkte, Frau Ministerin, dann brauchen wir Gesetze, denn: Ab welcher Größe ei­nes Supermarktes müssen wie viele menschliche Arbeitskräfte als Minimum beschäftigt sein?

Bei manchen Supermärkten sieht man es ja schon; ich bin übrigens noch von keinem Supermarkt zur Weihnachtsfeier eingeladen worden, aber ich soll anfangen, all die Dinge selber zu tun, die Preise einzulesen und so weiter. Das heißt, wir werden unwillkürlich Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von großen Unternehmen.

Kollege Schachner hat es auch angesprochen: Wenn wir das Thema auf europäischer Ebene sehen, dann gibt es etwas in Österreich, das auch für Europa enorm wichtig ist, nämlich die Klein- und Mittelbetriebe, und die gilt es österreichweit und in Europa ent­sprechend zu fördern. (Beifall bei der SPÖ.)

Es sind nämlich vor allem die KMUs, die für die regionale Nachfrage stehen, die mehr Arbeitsplätze schaffen als so mancher Großbetrieb. Vor allem aber – im Unterschied zu den internationalen Großunternehmen – zahlen sie Steuern, während die anderen nichts tun, keine Steuern zahlen und sich außerhalb einer Wirtschaft befinden, in der man so­lidarisch sagt: Wenn man etwas erwirtschaftet, dann werden Steuern bezahlt, da wird auch Beschäftigung geboten. – Andernfalls funktioniert unser Zusammenleben so nicht.

Frau Ministerin, was an diesem Programm sehr gut ist, ist, dass die Europäische Union mehr denn je einen Fokus auf die Schaffung und vor allem Stärkung der Wertschöp­fungsketten legt, dass es zu einer Definition kommt, welche Industrie wir in Europa wollen. Wollen wir nur Innovation und Landwirtschaft oder wollen wir auch und nach wie vor ein Industriestandort Europa sein und nicht nur auslagern, nicht nur Industriepro­dukte importieren?

Schlüsseltechnologien sind deshalb zu definieren. Das hat die EU auch vor, und wie­derum gilt: Wir brauchen nachhaltige Industrie und auch Industrie, die Arbeitsplätze schafft, eine Industrie, die dem neuen European Green Deal folgt.

Was wir brauchen, ist Forschung und Innovation. Der FTI-Bereich in Europa ist wichtig, aber sagen wir es offen und ehrlich – wir sollen ja nicht nur beweihräuchern, das will ja niemand, die Frau Ministerin auch nicht –: Da droht eine Kürzung der EU-Mittel. Warum droht eine Kürzung der EU-Mittel? – Weil es ein paar Mitgliedstaaten gibt, die glauben, man solle jenen Teil des EU-Budgets, der durch den bedauerlichen Austritt Großbritan­niens ausfällt, nicht ausgleichen. Diesbezüglich zu geizen bringt nichts. Wenn man da geizt, schadet man allen.

Wichtig ist – und da erkennt man auch ein bisschen eine andere Sozialisierung –: Von der Leyen hat gleich gesagt, dass sie eine spezielle Stärkung der KMUs durchführen will. Es gibt 24 Millionen KMUs in Europa. Jetzt geht es darum, was wir für diese kleinen KMUs tun. Europa krankt daran noch immer, und schon der Vorgänger von der Leyens hat es angesprochen: Es geht um klare, einfache Rechtsvorschriften, um ihnen auch bei der internationalen Ausweitung des Geschäfts, bei Synergien und so weiter, bei Start-up-Programmen und vor allem auch beim Zugang zu Finanzierungen und hinsichtlich unternehmerischer Initiative zu helfen.

Dazu gibt es zwei Instrumente der EU, Innovfin und Efsi. Das eine ist ein EU-Fonds für strategische Investitionen, das andere ist für Innovationen.

So (auf die rote Lampe am Rednerpult weisend), jetzt blinkt es bei mir, ich sage deshalb ganz kurz: Sehr wichtig ist – Frau Kollegin Zwazl und ich ziehen da immer an einem Strang, und das schon über viele, viele Jahre, über fast ein Jahrzehnt –, Erasmus plus weiter auszubauen, die Verdoppelung von Erasmus plus auf 30 Milliarden Euro und kei­ne Kürzung zu erreichen. Wichtig ist, dass Berufsausbildungsprogramme jetzt mit 5,3 Mil­liarden Euro dotiert sind. Das ist alles sehr, sehr wichtig.

Wir müssen den enormen Druck von den KMUs nehmen. Die Digitalisierung gemeinsam mit der Globalisierung schafft eine Atmosphäre in Europa, in der viele KMUs zu ver­schwinden drohen; nicht zuletzt droht dies natürlich auch im Bereich der Digitalisierung.

Zur Digitalisierung noch ein Wort: Es kommt eine Fördersumme von 9,2 Milliarden Euro. Da geht es um Hochleistungsrechner, Cybersicherheit, digitale Kompetenzen, breite Nutzung. Was wir aber vor allem brauchen  und das sehen wir jetzt zum Beispiel beim Homeoffice –, sind Regulationen. Wir brauchen arbeitsrechtliche Regulationen: Was darf sein, was darf nicht sein? Wie schützen wir diese Menschen, die im Homeoffice sind? (Beifall bei der SPÖ.) Vor allem entsteht durch Homeoffice ein Konfrontationskurs: Jeder und jede, der/die beschäftigt ist, hat einen Rechtsanspruch, und dieser Rechtsan­spruch besteht auch auf reale Kommunikation. Wir wollen keine Vereinsamung, wir wol­len keine Doppelüberforderungen im Homeoffice, insbesondere nicht für Frauen. Darin liegt die große Gefahr.

Wir nehmen den Bericht zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)

15.50

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Nächster Redner ist Herr Michael Ber­nard. – Bitte, Herr Kollege.