20.44

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Geschätztes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Ende der Tagesordnung dürfen wir noch ein neues, nicht minder wichtiges Thema anreißen. Es geht um die Umwelt, und ich darf zum vorliegenden Entschlie­ßungsantrag Stellung nehmen.

Eines vorweg: Natürlich ist die Reduktion von Plastik- und Kunststoffabfällen, vor allem von jenen Abfällen, die nicht der ordentlichen Entsorgung zugeführt werden, und jenen, die nicht im Kreislauf gehalten werden können, unser aller gemeinsames Ziel.

Ich möchte in Zeiten wie diesen durchaus auch eine Lanze für das Plastik brechen. Plastik ist nicht nur schlecht. Es gibt gerade heute einen Bericht der Europäischen Um­weltagentur, wonach der Plastikverbrauch in Zeiten wie diesen, in Coronazeiten, massiv gestiegen ist, weil Plastik ein hygienisches, leicht zu desinfizierendes Material ist, das gerade jetzt dort, wo es Hygiene bedarf, massiv gebraucht wird.

Es geht eben, wie schon gesagt, vor allem um das Problem der Plastikabfälle, die eben nicht ordentlich entsorgt werden. Es geht da um das Problem des achtlosen Wegwerfens von Kunststoff, des sogenannten Litterings.

Wir alle haben die Bilder der Plastikinseln in den Ozeanen im Kopf. Das sind natürlich schockierende Bilder, aber wenn wir im österreichischen Parlament darüber diskutieren, muss ich auch feststellen, dass laut Studien lediglich 2 Prozent des Mülls dieser Plas­tikinseln aus Europa und den USA stammen. Der Großteil dieser Entsorgungen in die Ozeane kommt leider aus asiatischen und afrikanischen Ländern, wo es in den Fragen der ordentlichen Entsorgung noch einen Riesenaufholbedarf gibt.

Wir haben in Österreich schon sehr gute Ansätze, um Plastikmüll zu vermeiden. Unsere damalige Umweltministerin hat 2018 ein Plastiksackerlverbot angekündigt, das als euro­paweiter Vorreiter gesehen worden ist. Dieses Plastiksackerlverbot wurde vorbildlich umgesetzt – und es funktioniert. Das hat man sich eigentlich gar nicht vorstellen können, wenn man weiß, wie viele solcher Plastiksackerln verwendet wurden. Es funktioniert, wird akzeptiert und ist ein starkes Signal gegen die sogenannte Wegwerfgesellschaft.

Jetzt komme ich zum Inhalt des Entschließungsantrages der SPÖ, der für mich durchaus diskussionswürdig ist, aber aus meiner Sicht in der derzeitigen Phase der Diskussion nur einen sehr kleinen Teilaspekt eines notwendigen Maßnahmenbündels darstellt. Dem Antrag fehlt das Fundament, nämlich die Gesamtstrategie zu geeigneten Maßnahmen zur Reduktion von Plastikabfällen. Es braucht vor der Einführung von neuen Abgaben, vor der Einführung von neuer Bürokratie, vor der Begründung neuer Kosten für die Kon­sumenten, neuer Kosten für den Handel, eine grundlegende Diskussion darüber, wie es möglich ist, Plastikabfall zu vermeiden.

Es gilt auch, die Tatsache miteinzubeziehen, dass in Österreich bereits 70 Prozent aller in Verkehr gesetzten Einweggetränkeflaschen getrennt erfasst werden. Einige Bundes­länder – dazu zählen Tirol, Vorarlberg und das Burgenland – erreichen bereits jetzt das von der EU für 2030 vorgegebene Ziel einer Recyclingquote von 90 Prozent, aber einige Bundesländer, insbesondere Wien, wobei ich jetzt kein Wienbashing betreiben möchte, haben da noch einen großen Aufholbedarf.

Wenn ich sehe, wie in Wien der Müll gesammelt wird, dann muss ich sagen, dass es für einen, ich sage jetzt einmal, Provinzler aus Tirol eigentlich unvorstellbar ist, wie man das macht. Bei uns sammelt jeder, vom Kleinkind bis zum Greis, sämtliche Abfallsorten ge­trennt. Wir sammeln natürlich Buntglas, Weißglas, Karton, Papier, Tetrapakmaterialien, Holz, Metall, Alu, Sperrmüll und Problemstoffe seit mindestens 20 Jahren getrennt. Das ist absolute Normalität.

Da gibt es, wie gesagt, noch sehr viel Aufholbedarf auch innerhalb Österreichs. Es braucht also große Anstrengungen. (Bundesrat Schennach: ... wider besseres Wis­sen!) – Bitte? (Bundesrat Schennach: Der Vertreter des Ministeriums hat im Ausschuss gesagt, dass das nicht wahr ist! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, wie sammelt denn dann Wien? Habt ihr nicht nur einen Müllkübel, in den auch Dosen, Glas und Plastik hineingeworfen werden? (Bundesrätin Grimling: Das stimmt doch nicht! – Weite­re Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es braucht große Anstrengungen, um die Sammel-, Sortier- und Recyclingkapazitäten generell zu erhöhen. Bundesministerin Gewessler hat dazu einen Dreipunkteplan vorge­legt, der unter anderem vorsieht, die Mindestquote für Mehrwegflaschen schrittweise zu erhöhen. Da redet man davon, dass man 25 Prozent im Jahr 2023, 40 Prozent im Jahr 2025 und 50 Prozent im Jahr 2030 erreichen möchte.

Ein weiterer Punkt aus dem Plan ist die Einführung eines Pfandes auf Einwegflaschen. Dies verursacht aus meiner Sicht zusätzliche Bürokratie und vor allem auch zusätzliche Kosten, und zwar nicht nur für den Konsumenten, sondern auch für die Infrastruktur – Kosten, die gerade die Konzerne mit Sicherheit irgendwo unterbringen, aber den kleinen Nahversorger vor große Herausforderungen stellen, die er nicht leicht bewältigen kann.

Zum Gewessler-Plan gehört auch eine Abgabe, die von Importeuren und Produzenten von Plastikverpackungen zu zahlen wäre, nämlich 80 Cent pro Kilogramm Plastikver­packung.

Dieser Gewessler-Plan liegt seit wenigen Wochen vor und es stehen noch intensive Besprechungen und Verhandlungen an. Der Entschließungsantrag der SPÖ-Fraktion kann da, wie bereits gesagt, nur einen kleinen Teilaspekt dieses noch nicht verhandelten Gesamtpakets darstellen. Aus unserer Sicht gehört diese Detailfrage im Prozess disku­tiert, es müssen noch viele Vorfragen geklärt werden. Daher wird dieser Entschließungs­antrag von der ÖVP-Fraktion nicht unterstützt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.51

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günther Novak. – Bitte, Herr Kollege.