13.37

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Minister! Wir haben beim Tagesordnungspunkt 6 bedauerlicherweise wieder dieselbe Situation wie schon bei vielen Covid-19-Maßnahmengesetzen, nämlich dass zwei unter­schiedliche Materien in eine Gesetzesänderung gegossen werden, und so unterschied­liche, wie es diese beiden in einer Änderung sind, haben wir schon lange keine mehr gehabt: Einerseits geht es um die Abänderung im ABGB, wo man hergegangen ist und die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten, was die Kündigungsfristen betrifft, vom 1.1.2021 auf den 1.7.2021 verschiebt, und im zweiten Punkt geht es um den soge­nannten Rechtsanspruch auf die Sonderbetreuungszeit, wie Frau Kollegin Schumann schon ausgeführt hat.

Eines kann ich Ihnen sicher sagen, Frau Minister: Lägen die Gesetzesänderungen in zwei einzelnen Teilen vor, hätte die freiheitliche Fraktion niemals ihre Zustimmung zu ersterer erteilt, weil ich davon überzeugt bin, dass in der jetzigen, sehr, sehr schwierigen Situation die Beibehaltung des Inkrafttretens mit 1.1.2021 sehr wohl eine arbeitsplatzsi­chernde Maßnahme gewesen wäre.

Ich erkläre Ihnen gerne, warum: Es macht einen Unterschied, ob man unter Umständen gar keine Kündigungsfrist hat, wie es bei den Fassaden- und Gebäudereinigern ist, nur 14 Tage wie in der Gastronomie, die eine sehr betroffene Branche in diesen Zeiten ist, oder ob man unter Umständen, wie es im Angestelltengesetz ist, ein Minimum von 6 Wo­chen hat. Warum bin ich davon so überzeugt, dass das arbeitsplatzerhaltend wäre? – Weil in der jetzigen Situation, in der sich die Dinge sehr, sehr schnell ändern, sich in­nerhalb von 6 Wochen die Auftragslage im Unternehmen vielleicht verändert und da­durch unter Umständen die Kündigung gar nicht mehr notwendig wäre. Innerhalb eines Tages wird sich bedauerlicherweise nichts verändern, und Kündigung ist Kündigung.

Deswegen finde ich es von Ihnen nicht in Ordnung, dass Sie als Arbeitsministerin immer sagen, Sie machen so viel für Arbeitsmaßnahmen und helfen den Menschen. Dort, wo es wirklich darauf ankommt und schnell und rasch geholfen werden könnte, funktioniert es wie bei vielen anderen Dingen: groß ankündigen, den Betroffenen die Unterstützung vorgaukeln, und wenn es um die tatsächliche Umsetzung geht, verhindern, Hürden auf­bauen und vertagen. Das ist momentan die Situation, wie sich die Regierung vor allem für die betroffenen Menschen einsetzt. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Was ich jetzt nicht verstehe – dieses Gesetz wurde bereits 2017 gemeinsam mit den Sozialpartnern, zu denen immer auch die Wirtschaftsseite gehört, beschlossen und für gut und richtig empfunden –, vor allem auch deshalb, weil wir sagen, Facharbeiter ist ein ganz wichtiger Berufsstand: Es kann doch nicht sein, dass Menschen bei uns aufgrund ihrer unterschiedlichen Zuordnungen unterschiedlich viel wert sind.

Man war sich darüber einig, daher verstehe ich nicht, dass man gerade jetzt von der ÖVP, nämlich von der Wirtschafts-ÖVP, hergeht und sagt: Um Gottes Willen, in der Zeit, nein, also die armen Unternehmer, das ist unzumutbar, wir müssen das jetzt unbedingt noch einmal um ein halbes Jahr verschieben! – Das ist nicht richtig.

Wenn wir jetzt zum zweiten Gesetz kommen, dann ist das für mich – Frau Schumann hat schon mehrmals darauf hingewiesen – auch wieder eine Alibiaktion. Schaut man sich zum Beispiel die Parlamentskorrespondenz an, steht in den Schlagzeilen: „Beschäf­tigte erhalten Rechtsanspruch auf bis zu vier Wochen Sonderbetreuungszeit“. Man hat es auf der Homepage gelesen. Es ist in der ersten Kommunikation auch in den Medien so gewesen, und wir haben alle gedacht: Super, gescheit, vernünftig, eine richtige Ent­scheidung! – Wenn man sich aber genauer damit auseinandersetzt, sieht man, das gilt nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die Voraussetzungen heißen: Entweder muss die Kinderbetreuungseinrichtung oder die Schule wirklich teilweise oder ganz geschlos­sen sein, das Kind muss in Quarantäne, man hat einen Absonderungsbescheid.

Was macht der Bundeskanzler? – Natürlich entscheidet er nicht, dass die Schulen ge­schlossen sind. Er legt sogar größten Wert darauf, dass das Wort geschlossen aus dem Wortschatz gestrichen wird. – Das ist so wie beim Epidemiegesetz: Wir schließen auch keine Geschäfte, wir sprechen nur Betretungsverbote aus.

Deswegen sage ich, dass das eine Täuschung der Eltern war, weil diese Wortwahl be­wusst getroffen wurde und er ganz genau weiß, dass dieser Rechtsanspruch dadurch so gut wie nie zum Tragen kommen wird. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Die zweite Situation ist, das hat Kollegin Schumann auch schon gesagt: Es ist für viele, viele Eltern eine wahnsinnig große Herausforderung, diese Dinge unter einen Hut zu bringen.

Natürlich gibt es die zweite Variante, dass man sich mit dem Arbeitgeber einigt, es ge­meinsam vereinbaren kann. Es ist auch nicht so, dass wir unsoziale Arbeitgeber haben oder Arbeitgeber, die kein Verständnis für diese Situation haben, denn viele von den Unternehmern sind selbst Eltern und stehen vor den gleichen Herausforderungen. Wenn man sich aber anschaut, wie man zum Zuschuss kommt, wie bürokratisch es ist, wie lange es dauert, wie kompliziert und vor allem wie kostenintensiv es ist, dann verstehe ich die Unternehmer, dass sie dem freiwillig nicht mehr zustimmen werden. Ich kenne wahnsinnig viele Unternehmen, die bis heute noch keinen Cent aus der Sonderbetreu­ungszeit im März bekommen haben – und jetzt, bitte, haben wir November.

Das ist für mich wieder typisch, es ist so, wie wir halt alles bei den Covid-Maßnahmen machen: Wir kündigen großartig an, wir gaukeln den Betroffenen die Unterstützung mehr oder minder vor, und in Wirklichkeit, wenn es um echtes Umsetzen geht, vertagen wir wieder, bauen Hürden auf und verschieben alles. Ich finde das einfach traurig. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

13.44

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bun­desministerin Mag. Christine Aschbacher gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.