19.37

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Minister, Sie haben selber im Nationalrat am Ende Ihrer Stellungnahme gesagt, man ist auf dem Weg, und das ist noch nicht das Ziel. Da stimme ich mit Ihnen überein: Dieser vorliegende Vorschlag kann noch nicht das Ziel sein, denn wir wollen, dass sich junge Menschen mit Ethik auseinandersetzen und in ihrer Grundhaltung ein gewisses Verständnis für die gemeinsamen Grundfragen der Menschheit und auch die unterschiedlichen Zugänge dazu entwickeln.

Dann kann man das aber nicht auf jene kleine Schülergruppe abwälzen, die sowieso am ehesten einen entspannten und unvoreingenommenen Zugang hat und keiner einzelnen Glaubenslehre anhängt, in dem Fall also die OberstufenschülerInnen, die sich vom Reli­gionsunterricht abgemeldet haben. Er müsste doch gerade auch für jene SchülerInnen angeboten werden, die in einer Religion unterrichtet werden, sodass auch sie eine Aus­einandersetzung dahin gehend haben, dass es eben auch andere Religionen gibt, wie diese im Grunde miteinander zusammenhängen und wo auch sozusagen die Bruchlinien sind.

Manche ReligionslehrerInnen machen das bestimmt, aber eben nicht alle. Ich glaube, jeder und jede von uns hat in der eigenen Schulbiografie so seine und ihre Erfahrungen mit guten und weniger guten ReligionslehrerInnen, das liegt in der Natur der Sache.

Eine gemeinsame Auseinandersetzung aller SchülerInnen mit diesen großen Fragen der Menschheit und den unterschiedlichen Antworten darauf müsste aber meiner Meinung nach das Ziel sein, die Entwicklung eines gemeinsamen Grundverständnisses, dass nämlich jede Religion gleichberechtigt ist, und vor allem, dass den großen Religionen ja eine gemeinsame Grundbotschaft zugrunde liegt, quasi dieser Weltethos. Ja, wir brau­chen diesen Grundkonsens über Werte und Normen, der unabhängig von Kultur, Reli­gion oder Nationalität gilt.

Ich habe mich im Zuge der Vorbereitungen für diese Rede mit diesem Weltethos ausein­andergesetzt. Das ist eine spannende internationale Bewegung, die eben versucht, re­ligionsübergreifend diesen gemeinsamen Grundkonsens herauszuarbeiten und ihn im Rahmen verschiedener Konferenzen und von internationalen Kongressen auch in die Breite zu bringen. Das ist also eine spannende Sache; es lohnt sich, das auch zu goo­geln.

Ja, wenn jeder Mensch so einen Grundkonsens verinnerlicht hätte, wäre unsere Welt eine bessere. Davon bin ich überzeugt, aber es nützt eben nichts, wenn das nur ein Teil begreift und reflektiert. Das müssen alle zusammen tun und nicht nur jene, die AtheistIn­nen sind oder sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben.

Ich gebe meinem Vorredner Arlamovsky recht: In der Oberstufe ist es zu spät. Wir wissen aus der Entwicklungspsychologie und auch aus unserer Erfahrung, dass die Grundhal­tung eines Menschen in diesem Alter bereits ausgebildet ist, die Glaubensgrundsätze sind sozusagen fertig angelegt.

Diese Auseinandersetzung müsste und kann viel früher beginnen. Wir machen sehr, sehr gute Erfahrungen – wir nennen das Kinderphilosophie – schon im Kindergarten, in der Volksschule. Man kann mit Kindern über diese großen Menschheitsfragen sehr toll philosophieren und ist dabei am Kern dieser ethischen Fragen. Daher sind wir überzeugt, dass dieser Ethikunterricht für alle Schüler und Schülerinnen, unabhängig von der reli­giösen Zugehörigkeit, ausgebaut gehört und früher beginnen sollte. (Beifall bei der SPÖ.)

Mir ist ein Vergleich in den Sinn gekommen, denn immer, wenn wir über politische Bil­dung oder Demokratiebildung sprechen, dann ist die große Angst da, dass diese Demo­kratiebildung LehrerInnen machen könnten, die einer politischen Partei angehören. (Bundesrat Schennach: Oder einer Religion!) Für mich kann man da ein bisschen eine Parallele ziehen: Das wäre so, als würde man politische Bildung nur für jene Schüler und Schülerinnen anbieten, deren Eltern nicht wählen gehen, und alle anderen Kinder zu LehrerInnen schicken, die einer politischen Partei angehören. Da würden wir alle sagen, das ist keine neutrale politische Bildung und Demokratiebildung, sondern parteipolitisch unterwandert.

Genauso – dass klarerweise die Lehrpersonen, die einer Religion angehören, das natür­lich in ihrer Religion prägen – müssen wir aber ehrlicherweise sagen, ist es natürlich auch bei ethischer Bildung und religiöser Bildung. Das ist ganz klar und ganz logisch. Das heißt, wenn man die Idee konsequent zu Ende denkt, dass Ethikunterricht sinnvoll ist und Sinn macht, dann kann er nur für alle gelten und muss bereits ab der Volksschule, wenn nicht schon im Kindergarten, Thema sein.

Daher können wir heute mit dieser Miniversion dieser Idee leider nicht mitgehen. Dan­ke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.43

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte, Frau Kollegin.