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Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Frau Hahn, Sie haben vielleicht doch mit einer ge­wissen Zustimmung und Sympathie konstatiert, dass wir endlich diesen – ich glaube dreißigjährigen – Schulversuch Ethik in ein Regelschulsystem überführen können. Ich teile die Sympathie und sage: Ja, endlich ist es so weit, dass wir das tun.

2011 hat das Parlament eine diesbezügliche Enquete veranstaltet. Eingeladen waren alle politischen Parteien, und es gab damals einen einhelligen Beschluss, dass man Ethik einführen sollte. Das war 2011. Ich verhehle es nicht, dass ich ganz stolz bin zu sagen: Jetzt ist es gelungen, diese langjährige Forderung auch in die Realität umzuset­zen. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Frau Hahn, Sie haben auch zu Recht die Bedeutung dieses Faches betont, in dem gleichsam zentrale Werte einer liberal-freiheitlichen, pluralistischen Gesellschaft vermit­telt werden. Das ist ganz wichtig, das ist unzweifelhaft wichtig, auch wenn ich Herrn Kolland zustimme: Ethik und Ethikunterricht sind keine Allheilmittel, aber dennoch ist es, glaube ich, eine gute Aktion – und sind es gut investierte Gelder –, in eine Gesellschaft zu investieren, die besser mit Gewalt umgehen kann, die Freiheitswerte als solche schätzt, die aber auch zentrale Werte wie Nachhaltigkeit, die Auseinandersetzung mit den Mitmenschen und vieles andere mehr vermittelt.

Herr Kolland, Sie haben auch betont, dass wir da ein Verflechtungsmodell anstreben. Das ist, glaube ich, etwas ganz Wichtiges. Verflechtungsmodell heißt: Wir haben nicht auf der einen Seite Religionsunterricht, der nichts mit Ethik zu tun hat, und auf der anderen Seite einen Ethikunterricht, der nichts mit Religionen zu tun hat. Natürlich muss man danach trachten, dass beides irgendwie zusammenkommt. Ich habe Gespräche mit den Religionsvertretern geführt, die auch von sich aus gesagt haben: Wir sind sehr wohl bereit, so etwas wie einen gemeinsamen ethischen Kern des Unterrichts außer Streit zu stellen, also betreffend Fragen von Autonomie, Freiheit, Gewalt, Konflikt. Das kann man natürlich in einem Religionsunterricht machen, aber man will ja auch einen Ethikunter­richt machen. Sie haben das Verflechtungsmodell angesprochen: Die Stunden werden parallel stattfinden, das gibt nochmals die Möglichkeit, so etwas wie einen gemeinsamen Unterricht in diesen zentralen Bereichen durchzuführen.

Frau Gruber und Herr Steiner, Sie haben betont, es sei zu spät. (Bundesrat Steiner verneint.) – Nein, Sie haben es nicht betont. Frau Gruber, Sie haben gesagt, man ist auf dem Weg, aber das ist nicht das Ziel. – Ja, ja, das sage ich auch, unzweifelhaft. Wir haben jetzt Ethikunterricht in der Sekundarstufe II und dann, wenn er sich bewährt, wird man sicherlich die nächsten Schritte gehen können und das Poly integrieren – das ist ganz wichtig –, die Sekundarstufe I und dann auch die Primarstufe. Frau Gruber, man kann das aber nicht alles sofort machen, denn die limitierende Ressource sind entspre­chend qualifizierte Lehrer und Lehrerinnen. Ein entsprechendes Lehramtsstudium Ethik wird jetzt erst in der Universität aufgesetzt, und bis wir dann die ersten Absolventen ha­ben, wird es noch einige Jahre dauern.

Das Motto: Man ist auf dem Weg und man hat noch nicht das Ziel erreicht, ist mir ein ganz Wesentliches. – Weil das, glaube ich, so ist, wie ich es gesagt habe, würde ich Sie um breite Unterstützung auf diesem Weg zu einem letztlich gemeinsamen Ethikunterricht für alle bitten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

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