20.05

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Herr Minis­ter, noch einmal! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuse­her! Ja, die Schulen: Wer hätte sich gedacht, dass sich so viele SchülerInnen freuen, wieder in die Schule gehen zu dürfen? Ich bin tatsächlich froh, dass nächste Woche die Schulen wieder aufmachen. Das ist wirklich enorm wichtig.

Mein älterer Sohn hatte allerdings ein wirklich langes Gesicht, als er erfahren hat, dass er weiterhin zu Hause bleiben muss – er geht in die 1. Klasse HTL, wir haben gemeinsam die Pressekonferenz verfolgt. Er hat erst, glaube ich, acht oder neun Wochen mit seinen neuen SchulkollegInnen verbracht. Ich glaube, sogar diese Altersgruppe würde sich freuen und hätte es dringend notwendig, wieder im Klassenverband zu lernen und auch die praktischen Übungen, Werkstättenarbeiten und so weiter machen zu können. (Bun­desrätin Gerdenitsch: Kann ich bestätigen!)

Natürlich hätten sich die Schülerinnen und Schüler auch nach Schulveranstaltungen, nach Sportwochen, nach Sprachreisen und vielem anderen gesehnt. Diese Generation an SchülerInnen erträgt seit dem März wirklich enorm viel. Wir müssen wirklich wert­schätzen, was die Schülerinnen und Schüler da mitmachen und mittragen und dabei ihr Bestes geben. Ein herzliches Danke an alle Kinder! (Beifall bei der SPÖ.)

Dass es für diese abgesagten Schulveranstaltungen weiterhin einen Kostenersatz gibt, ist gut. Warum das nicht wie im Sommersemester geregelt wird und Eltern und Schulen gar keinen Selbstbehalt übernehmen müssen, ist mir nicht ganz verständlich. Es wäre gut gewesen, wenn man das fortgeführt hätte.

Die Schulen sind aber neben diesen Extraaktivitäten, neben diesen Ausflügen und Rei­sen, aktuell generell mit enormen Herausforderungen konfrontiert. Eigentlich können diese nur gemeistert werden, weil es ein außerordentliches Engagement der LehrerIn­nen, eine Flexibilität der SchülerInnen und einen enormen Kraftaufwand auch von uns Eltern gibt. Nur in dieser Kombination kann diese schwierige Situation an den Bildungs­standorten und in dieser Krise gestemmt werden, das muss man auch dazusagen. Es bräuchte viele, viele Zusatzressourcen, um all diese Herausforderungen, die jetzt dazu­gekommen sind, abfangen zu können. Es bräuchte Unterstützungspersonal verschie­denster Art.

Was es in dieser Krise braucht, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, das versucht zum Beispiel gerade die Wiener Stadtregierung zu ermöglichen, indem sie 120 Millionen Euro jährlich für zusätzliches Personal – Pädagoginnen und Pädagogen, aber auch Sozialar­beiterinnen, Sozialarbeiter und Administrationspersonal – zur Verfügung stellt. Ich denke mir, das ist eine gute und wichtige Investition (Beifall bei der SPÖ), denn es geht jetzt darum, die Folgen der Schulschließungen oder des Distancelearnings tatsächlich abzu­fangen, und das geht nur, indem wir Zusatzkonzepte entwickeln.

Herr Minister, Sie haben es bei Ihrer Pressekonferenz selber angekündigt, und ich hoffe wirklich sehr, dass es einen großen Wurf in diese Richtung geben wird, dass dann ab dem neuen Jahr – quasi ab Jänner – mit Zusatzangeboten, mit Fördermöglichkeiten et cetera diese wirklich groß gewordene Ungleichheit zwischen den Schülerinnen und Schülern aufgefangen werden kann. Ich glaube, eine noch größere Herausforderung ist es, das zu tun, ohne zu stigmatisieren – dass es nicht wieder heißt: Ihr seid die sozial Schwachen und deshalb müsst ihr diese und jene Angebote in Anspruch nehmen –, also mit Fingerspitzengefühl, aber dennoch im großen Stil Förderangebote zu entwickeln. (Beifall bei der SPÖ.)

In den letzten Tagen kam ein aktuelles Policy Paper von der Volkshilfe heraus, das sich mit dem Thema Bildung und Armut beschäftigt. Es wurde in den letzten Monaten bei armutsbetroffenen Kindern und Familien geforscht, und was da zu finden ist, ist schon alarmierend. Es zeigt auch, dass aus dem ersten Lockdown nicht ausreichend gelernt wurde, denn man muss der Tatsache ins Auge blicken, dass trotz dieses Offenhaltens der Schulen viele Schülerinnen und Schüler zu Hause geblieben sind und dieses Distance­learning unter den Bedingungen zu Hause manchmal wirklich übel war: Es hat Platz­mangel geherrscht, die technische Ausrüstung war schlecht, es gab keine gute Grund­versorgung im Sinne von genug Bewegung, ausreichend gutem Essen und so weiter, und es war keine gute Betreuung durch die Eltern möglich.

Man sieht, dass diese soziale Schere jetzt tatsächlich aufgerissen wurde. Sie ist nicht nur ein bisschen auseinandergegangen, ich glaube, sie klafft jetzt weit auseinander. Um dem entgegenzuwirken, braucht es in derselben Intensität Maßnahmen, um diese Sche­re wieder zusammenzubringen, denn das betrifft neben den Sachinhalten und dem Lern­stoff auch die physische und die psychische Verfasstheit der Kinder und Jugendlichen.

Wenn ich kurz berichten darf: Wir hatten vor Kurzem – ich glaube, es ist zwei oder drei Wochen her – im Kinderrechteausschuss eine Aussprache mit der Kinder- und Jugend­anwältin aus Salzburg. Sie hat uns sehr eindringlich ihre Sorge um die psychische Ver­fasstheit vor allem der Jugendlichen geschildert. Das war sehr eindrücklich und wir – alle, die dabei waren – haben uns vorgenommen, dieses Thema mit ins Parlament zu nehmen, um die Langzeitfolgen gerade für diese Altersgruppe einzufangen.

Ein Thema habe ich noch – nein, noch zwei Dinge muss ich anbringen, ich habe nämlich einer Kollegin aus der Steiermark versprochen, dass ich es hier deponiere. Es geht um die Testungen, die jetzt für das Schulpersonal anstehen: Es gibt die Befürchtung, dass in dieser Testungsstrategie vor allem auf die Lehrerinnen und Lehrer abgezielt wird. Es ist natürlich logisch, dass das vorrangig ist, in der Schule arbeiten aber so viel mehr Menschen als nur die LehrpädagogInnen. (Beifall bei der SPÖ.) Da gibt es die Nachmit­tagsbetreuerInnen, die HortpädagogInnen, die SchulbuffetbetreiberInnen und so weiter. (Zwischenruf des Bundesrates Bader.) Es war in dem ersten Schreiben nicht klar er­sichtlich, ob sie alle in dieser ersten Testphase drinnen sind. Ich habe gesagt, ich nehme es mit und äußere diese Notwendigkeit, dass alle, die in den Schulen ein- und ausgehen, in dieser ersten Phase jedenfalls mit dabei sind.

Noch etwas Zweites: Herr Minister, Sie kennen mich; aus der Elementarbildung errei­chen mich recht verzweifelte Nachrichten vor allem von LeiterInnen von Einrichtungen. Die KollegInnen, die dort arbeiten, arbeiten sehr ungeschützt. Sie haben sich entschlos­sen, dass man mit Kleinstkindern keine Maske tragen kann, da die Interaktion mit Klein­kindern nicht funktioniert, wenn man das Gesicht und die Gesichtszüge nicht sieht. Auch die Vorgehensweisen, wie mit Fällen, die dort auftreten, umgegangen wird, sind so unterschiedlich. Die KollegInnen haben Angst um ihre eigene Gesundheit und die ihrer Angehörigen, und das macht auf Dauer etwas mit der psychischen Verfasstheit dieser KollegInnen.

Darum richte ich immer wieder meinen Appell an alle VerantwortungsträgerInnen: Die Elementarbildung braucht Aufmerksamkeit, und sie hat es verdient (Beifall bei der SPÖ), dass man sie auch immer benennt und erwähnt, um diese KollegInnen nachhaltig zu schützen. Ich denke, es muss für das nächste Jahr ein Ziel sein, dass in der Elementar­pädagogik, im Kindergarten, tatsächlich ein großer Entwicklungsschritt passiert, um die­se Einrichtungen abzusichern.

Alles in allem: Wir stimmen diesem Härtefonds für die ausgefallenen Schulveranstal­tungen zu, wirklich Sorgen aber machen uns die großen und nachhaltigen Probleme im Bildungsbereich. Wir hoffen, dass wir da in Kürze tatsächlich von großen Konzepten, großen Würfen hören, die sich um diese Probleme kümmern. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.14

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. – Ich erteile dieses.