16.17

Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Damen und Herren Kollegen! Ich habe mich nun zum zweiten Mal zu Wort gemeldet, um noch ein bisschen auf die Debatte einzugehen. (Bundesrat Köck: Du hörst dich aber gern reden, gell?!) Ich habe aus den Reihen der ÖVP oft gehört, wir würden die Gesellschaft spalten, das wurde uns Freiheitlichen immer wieder vorge­worfen. Von Kollegen Kornhäusl habe ich mir aufgeschrieben, wir seien gegen das Tes­ten, gegen die Impfung und gegen den Lockdown, wir brächten überhaupt nichts Konstruk­tives ein. Das kann man einfach so nicht stehen lassen, weswegen ich mich jetzt be­mühe, das zu korrigieren.

Ich halte es wirklich für gefährlich, wenn man da stark vereinfacht und reduziert und zum Beispiel die Menschen in Impfbefürworter und Impfgegner oder Regierungsbefürworter und Lockdownbefürworter und -gegner unterteilt. (Ruf bei der ÖVP: ... die FPÖ!)

Diese zwei Gruppen gibt es so nicht, sondern es gibt ganz verschiedene Menschen. Es mag sein, dass es sehr viele militante Impfbefürworter gibt, die sagen: Ich möchte sofort geimpft werden und jeder andere muss auch geimpft werden, um uns alle zu schützen! Dann gibt es sicher sehr viele Impfskeptiker, die sagen: Ich möchte nicht geimpft werden, das kommt überhaupt nicht in Frage, und ich möchte auch, dass das Medikament gar nicht zugelassen wird, das ist eine Gefahr für uns alle! Es gibt sicher Menschen, die sich noch keine Meinung gebildet haben, die unsicher sind und diesbezüglich Führung und Anleitung brauchen. Das heißt, zum Ersten ist die Welt ein bisschen bunter, als Sie sich das vorstellen.

Zum Zweiten stehen wir auf keinen Fall aufseiten der Impfgegner und wir sagen auch nicht, die Menschen sollen sich nicht impfen lassen, weil das viel zu gefährlich ist. Das werden Sie aus keiner freiheitlichen Positionierung hören. Umgekehrt glauben wir nun auch nicht, dass die Regierung eine direkte Impfpflicht verordnen will, weil sie weiß, dass das verfassungsrechtlich schwierig ist. Was wir allerdings sehr wohl glauben – und deswegen warnen wir auch immer vor dieser Impfpflicht –, ist, dass Sie die indirekte Impfpflicht einführen wollen, so wie Sie heute hier die indirekte Testpflicht einführen.

Bei der Frage, wie man viele Menschen zur Impfung bewegt, die derzeit vielleicht skep­tisch sind, ist Ihr Zugang: Na ja, dann muss man das denen eben indirekt schmackhaft machen, und wir tun so, als wäre das alles kein Problem und als gäbe es keine Impfschäden, und die Menschen können sich darauf verlassen – aber zahlen wollen wir nicht dafür, wenn es tatsächlich Impfschäden gibt.

Unsere Haltung ist eine andere, wir sagen, man darf die Menschen auf keinen Fall dazu zwingen. Man muss das Impfen freiwillig belassen und muss um das Vertrauen werben, indem man sagt: Wenn es Impfschäden gibt, dann steht die Republik dafür mit jedem Cent gerade. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Kornhäusl, Sie haben Dr. Kollaritsch, wie ich glaube, richtig zitiert: Wenn Sie die Impfung nicht wollen, versuchen Sie es mit der Krankheit! – Zitatende. Ja, genau diese Wahlfreiheit wollen wir Freiheitlichen auch, genau diese Wahlfreiheit. Sie wollen das aber nicht. Sie wollen, dass die Menschen durch indirekten Impfzwang dazu getrieben werden, sich impfen zu lassen; und beim Testen ist es genauso.

Herr Kollege Appé, Sie haben die rhetorische Frage gestellt, ob wir wirklich so unver­antwortlich sein wollen, dass wir das Gesetz im Bundesrat nun blockieren wollen. Sie haben es in den Verhandlungen geschafft, dass nun das Freitesten weg vom Fenster sei. – Da sehe ich nur zwei Möglichkeiten: Entweder Sie verstehen den Gesetzes­be­schluss, der hier vorliegt, nicht oder aber Sie sagen bewusst die Unwahrheit. Vielleicht fragen Sie noch einmal bei Ihren burgenländischen Parteikollegen nach, wie denn der Gesetzesbeschluss wirklich aussieht. (Beifall bei der FPÖ.)

Bleiben wir ein bisschen beim Grundproblem: Was ist denn wirklich passiert, dass die Menschen mehr und mehr das Vertrauen verlieren? Was ist das Problem der aktuellen Lage? (Ruf bei der ÖVP: Die Menschen haben es eh nicht verloren, Sie haben es verloren!) Was ist das Problem, dass die Zahlen nicht nach unten gehen? Aus meiner Sicht lehnen viele Menschen einfach Ihre Maßnahmen als nicht mehr nachvollziehbar ab, daher halten sie sich auch viel weniger daran. Das kann man beobachten, das ist auch die Rückmeldung, die zum Beispiel ich von sehr vielen Bürgerinnen und Bürgern bekommen habe und die man auch auf der Straße so mitbekommt.

Ich sage aber: Den Bürgern ist daraus kein Vorwurf zu machen. Wer hat denn das Spiel angefangen? – Die Regierung hat damit angefangen, weil sie sich nicht an ihre eigenen gesetzlichen Vorgaben und auch nicht an die Grundrechte hält. Ich komme gleich auf diese beiden Vorwürfe zurück, die ich Ihnen, Herr Bundesminister, ganz speziell Ihnen, mache. Wenn Sie sagen, dass wir die Situation haben, dass sich die Menschen nicht mehr daran halten, und Sie halten sich nicht an die gesetzlichen und verfassungs­ge­setzlichen Vorgaben, dann kann doch nicht mehr vom selben, nämlich mehr Verord­nungs­ermächtigungen an einen Bundesminister zu geben, die Lösung sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte das noch näher begründen: Der Vorwurf, Sie kümmern sich nicht um die Grundrechte, ist durch den VfGH bestätigt. Ich sehe das auch in meinen Anfechtungen als Rechtsanwalt. Da kommen Bürger, Gastwirte und Unternehmer zu mir und wollen, dass wir die Verbotsverordnungen anfechten. Da gibt es dann ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und man kann in den Verordnungsakt Einsicht nehmen. Es findet sich dort keine einzige Grundrechtsabwägung, obwohl der Verfassungsgerichtshof genau das so aufgetragen hat, dass das eine Grundvoraussetzung dafür ist, diese Maß­nahmen erlassen zu können.

Ich möchte aber gar nicht so sehr auf dieser abstrakten Rechtsdogmatik stehen bleiben. Es geht mir jetzt einmal nur um diese gesetzlichen Schranken. Bleiben wir einmal bei § 15 Epidemiegesetz, das ist ein Teil von diesem Gesetzentwurf, mit dem Sie ja schon wieder die Auflagen erweitern möchten. Dieser regelt an sich Veranstaltungen, die ein Zusammenströmen größerer Menschenmengen mit sich bringen. Das ist das Gesetz, das es in dieser Form schon seit 1913 gibt. Es wurde im letzten Jahr natürlich ein bisschen geändert, aber der Hauptzweck sind immer noch Veranstaltungen, die ein Zusammenströmen größerer Menschenmengen mit sich bringen.

Was machen Sie, Herr Bundesminister, in Ihrer Maßnahmenverordnung daraus? Sie regeln, ob sich die Mizzitant mit dem Nachbar treffen darf oder nicht. Das ist für Sie ein Zusammenströmen größerer Menschenmengen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sagen jetzt: Nein, das ist ja gar nicht der zentrale Kernpunkt, der Kernpunkt ist ja die Ausgangsregelung, der Lockdown basiert ja auf einer Ausgangsregelung!, dazu Folgen­des: Schaut man sich im COVID-19-Maßnahmengesetz, das im Sommer so beschlos­sen und erweitert wurde, die gesetzlichen Grundlagen an, dann heißt es dort, eine solche Lockdownausgangsregelungsverordnung ist nur dann zulässig, rechtskonform, gesetzeskonform, wenn dieser Lockdown unerlässlich ist, um einen drohenden Zusam­menbruch der medizinischen Versorgung zu verhindern. – Das ist Ihr eigener Maßstab.

Schauen wir uns die Situation ein bissl an: aktive Fälle heute auf der Normalstation, Normalbettenbelegung: 1 825. Wie viele zusätzlich verfügbare Normalbetten gibt es? 4 659, also das Zweieinhalbfache; für jedes belegte Bett gibt es zweieinhalb in Reserve. (Zwischenruf des Bundesrates Bader.)

Schauen wir uns die Fälle auf der Intensivstation an: 354 mit heutigem Tage, zusätzlich verfügbare Intensivbetten: 591. Das ist das 1,7-fache, meine Damen und Herren, also für jedes belegte Intensivbett gibt es 1,7 Intensivbetten, die frei sind. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Jetzt können Sie natürlich sagen: Na, bitte! Jedes einzelne Intensivbett ist zu viel! – Dafür kann man ja durchaus werben, aber mein Vorwurf ist folgender: Sie verfehlen Ihren eigenen gesetzlichen Maßstab und halten sich mit Ihren Verordnungen nicht an das Gesetz. Das heißt, nach dem Gesetz ist der Lockdown sofort zu beenden! (Beifall bei der FPÖ.)

16.25

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Bundesrat Dominik Reisinger. Ich erteile ihm dieses.