9.19

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Verteidigungs­minister! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Dem Dank des Kollegen Beer kann ich mich nur anschließen, denn ich glaube, es ist wirklich an der Zeit, den vielen Soldaten, den Offizieren und Unteroffizieren, die im letzten Jahr wirklich Großartiges geleistet haben, einmal Danke zu sagen. (Beifall bei FPÖ und SPÖ sowie bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Ja, Frau Bundesminister, Schutz und Hilfe beziehungsweise Helfen, wo andere nicht mehr können, das ist seit vielen Jahren der Leitspruch des österreichischen Bundes­heeres. Deswegen können wir alle nur hoffen, dass wir noch lange ein funktionierendes Bundesheer haben.

Man kann viel diskutieren, ob es tatsächlich die Aufgabe des Bundesheeres ist, ein Su­permarktregal nachzuschlichten, man kann darüber diskutieren, ob es die Aufgabe des Bundesheeres ist, Pakete in Postverteilerzentren zu sortieren, oder ob man da das Bundesheer vielleicht unter seinem Wert verkauft, denn ich glaube, es gäbe eine Vielzahl an Menschen in Österreich, die auch die Fähigkeiten und Fertigkeiten hätten, diese Ar­beiten zu erledigen. Nichtsdestotrotz, Frau Bundesminister, ist es eine wichtige Aufgabe; es ist eine wichtige Aufgabe, weil es wesentlich für unsere Österreicher ist, dass die Supermarktregale gefüllt sind und dass die Pakete rechtzeitig ankommen. Ich glaube, man hätte ressourcenschonender arbeiten können, aber nichtsdestotrotz war es eine wesentliche Aufgabe für unsere Bürger.

Aus diesem Blickwinkel kann man auch sagen: Ja, es war richtig, dass die Soldaten diese Aufgabe erledigt haben. Ob es andere Möglichkeiten gegeben hätte, ob es möglich gewesen wäre, vielleicht andere Menschen dafür einzusetzen, ist eine Frage, die sich diese Bundesregierung beantworten muss oder die Sie sich beantworten müssen, Frau Verteidigungsminister.

Ja, das Bundesheer leistet einen wesentlichen und wichtigen Beitrag zur Bekämpfung dieser Coronakrise, einen wesentlichen und wichtigen Beitrag vor allem im Bereich der Kontaktverfolgung, des sogenannten Contacttracings, wo wirklich viele Soldaten einge­setzt sind, die tagtäglich den ganzen Tag damit beschäftigt sind, Coronacluster frühzeitig zu erkennen. Genau zu diesem Bereich, Frau Bundesminister, müssen Sie mir heute einige Fragen beantworten, denn diesbezüglich kann ich Sie wirklich nicht verstehen.

Es handelt sich bei den Clusterbildungen meist um sehr, sehr große Datenmengen, die irgendwie zusammengefasst oder zusammengeführt werden müssen, um zu erkennen, wo Cluster entstehen. Genau dafür gibt es in Ihrem Ressort Spezialeinheiten und auch die technischen Voraussetzungen, nämlich mit einem Programm – IBM Analyst’s Note­book, glaube ich, heißt dieses Programm –, mit dem man große Datenmengen so zu­sammenfassen kann, dass man sie dann auch grafisch darstellen kann.

Ich habe ein kleines Bild mitgebracht (eine Grafik zeigend), das von diesem sogenannten IBM Analyst’s Notebook erstellt wurde, auf dem man wirklich sehr schön erkennen kann, wie die Verbindungen quer durch die Steiermark erfolgen – das stellt einen Teil der Steiermark dar. Ich habe auch ein zweites Bild mitgebracht (eine weitere Grafik zeigend), auf dem man sieht, wie die Vernetzungen da drinnen wirklich ausschauen. Menschen ist es unmöglich, diese Verbindungen zu erkennen, dafür braucht man wirklich elektroni­sche Unterstützung, und diese elektronische Unterstützung würde es in Ihrem Ressort geben.

Über die IKT-Abteilung sind sämtliche technischen Voraussetzungen geschaffen wor­den, um damit arbeiten zu können. Deswegen kann ich nicht verstehen, dass es von Ihrem Ressort nicht gewünscht ist, dass diese technischen Ressourcen eingesetzt wer­den. Da frage ich mich wirklich: Wird uns von der ÖVP da irgendetwas vorgegaukelt? Wollen wir wirklich helfen? Wir haben nahezu 3 000 Soldaten im Einsatz – ich glaube, es waren gestern 2 954 Soldaten, die im Assistenzeinsatz sind –, die großartige Arbeit leisten, aber denen man mögliche Unterstützungen, damit entsprechend gearbeitet wer­den kann, einfach nicht zugesteht. Für die Clusterfrüherkennung wäre diese Software wirklich etwas Wesentliches, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Verteidigungsminister, Sie haben rund 20 Lizenzen von dieser Software in Ihrem Ressort. Sie haben das direkt im Ministerium, Sie haben es bei der Militärpolizei, Sie haben es bei den Aufklärungseinheiten, Sie haben es bei den Nachrichtendiensten und Sie haben es im Abwehramt. Diese Lizenzen, die großteils ungenutzt sind – meines Wissens sind aktuell drei Lizenzen in Verwendung und die restlichen Lizenzen sind un­genützt –, wären doch eine Unterstützungsleistung, mit der Sie wirklich helfen könnten. Wenn Sie das Fachwissen und die Lizenzen zur Verfügung stellten, wäre das eine Un­terstützungsleistung, die unseren Gesundheitsbehörden und unseren Bürgern helfen und die Pandemie wirklich eindämmen würde, Frau Bundesminister! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe es vorhin angesprochen: Wir haben rund 3 000 Soldaten im Assistenzeinsatz. Frau Verteidigungsminister, ich kann nicht ganz verstehen, warum man gerade in Zeiten einer Pandemie Planstellensperren verhängt. Ihr Generalsekretär Kandlhofer verhängt Planstellensperren, nahezu alle Nachbesetzungen, auch jene auf den untersten Ebenen, gehen über seinen Schreibtisch, er macht diese selbst. Das kann doch bitte nicht die Aufgabe des Verteidigungsministeriums oder des Generalsekretärs sein! Also da hat man in der Vergangenheit bessere Möglichkeiten gefunden, die besser funktioniert ha­ben – jedenfalls nicht über den Schreibtisch des Generalsekretärs.

Man muss da wirklich auf das Bundesheer schauen, darauf, dass es nicht immer kleiner wird, aber ich glaube, das ist ganz die ÖVP-Linie, nämlich das Bundesheer zu verklei­nern. Wir sehen jetzt bei 3 000 Mann im Assistenzeinsatz, wie schwer es ist, tatsächlich noch Soldaten in den Assistenzeinsatz zu bringen, denn die Normaufgaben neben den Assistenzeinsätzen sind nicht weniger geworden.

Der nächste Vorwurf, Frau Bundesminister, den ich Ihnen auch nicht ersparen kann, ist: Wir schicken Soldaten in den Assistenzeinsatz nach Wien. Die Soldaten sind in einem Dienstrad, sie haben drei Tage Dienst, einen Tag frei oder sechs Tage Dienst, zwei Tage frei. Man stellt ihnen aber keine Möglichkeit zur Verfügung, nach Hause zu kommen. Sie können die gesamte Zeit in Wien verbringen oder privat nach Hause fahren.

Schauen wir uns das an: Eine Fahrt in die Steiermark kostet – hin und retour – rund 190 Euro. Wie wir alle wissen, können in Wien Einstellgenehmigungen nicht kostenlos ausgegeben werden, sondern auch die Einstellgenehmigungen in den militärischen Lie­genschaften müssen bezahlt werden. Das heißt, pro Woche entstehen für diese Solda­ten Kosten in der Höhe von mehr als 400 Euro. Frau Verteidigungsminister, das ist so viel, wie diese Soldaten in der Woche verdienen.

Ich glaube, auch da braucht es eine Lösung, Möglichkeiten, die Soldaten besser zu be­handeln, sodass sie die Möglichkeit haben, in ihrer Freizeit nach Hause zu fahren – und das ist nicht der Freifahrtschein für den Zug, denn jeden Tag lesen wir in den Zeitungen, wo Cluster entstehen, wo Coronainfizierte mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren sind. Andernfalls können wir uns diese dezentralen Bereitschaften sparen. Dann können wir wirklich alle aktiv auf den Dienststellen sitzen lassen, wenn es uns in Wirklichkeit völlig egal ist, ob sich unsere Soldaten infizieren oder nicht. Die einzige Lösung ist ein Dienstfahrzeug, mit dem die Soldaten hin- und herfahren können, und ich glaube, Dienst­fahrzeuge haben wir, wir müssen sie den Soldaten nur zur Verfügung stellen.

Ein weiterer Vorwurf, den ich Ihnen nicht ersparen kann, Frau Verteidigungsminister: Sie schicken Personen zum Assistenzeinsatz für rund vier Wochen nach Tirol. Diesen Sol­daten wird vorgegaukelt, dass sie durcharbeiten müssen, dass die Zeit ohne dienstliche Inanspruchnahme im Anschluss an die vier Wochen angehängt wird. Die Leute ver­lassen sich darauf, fahren vier Wochen in den Assistenzeinsatz, machen über die vier Wochen sieben Tage die Woche Dienst, kommen nach Hause, sind zu Hause und kom­men, wenn sie dann zur Dienststelle zurückkommen, drauf, dass es keine Zeit ohne dienstliche Inanspruchnahme, sprich bezahlte Zeit, gewesen ist, die hinten angehängt wurde, sondern ein Sonderurlaub. Na der Unterschied sind rund 1 000 Euro, Frau Vertei­digungsminister! Ich meine, dass man mit unseren Soldaten ehrlicher umgehen müsste, die Soldaten haben es sich wirklich verdient, Frau Verteidigungsminister! (Beifall bei der FPÖ.)

Im selben Zusammenhang darf ich den Brief eines Arztes auszugsweise zitieren. Ein Arzt schreibt: Das eingesetzte Sanitätspersonal hat aufgrund der tageweisen Einsätze nach wie vor keinen Anspruch auf eine Zeit ohne dienstliche Inanspruchnahme. Auf­grund des Mangels an Sanitätspersonal und zusätzlicher Normdienstaufgaben standen die eingeteilten Testabnehmer bereits wiederholt bis zu vier Wochen im Dienst – ohne einen freien Tag. Das bedeutet im Schnitt 350 bis 400 Testungen pro eingesetztem Testabnehmer pro Tag, und das führt wirklich zur Erschöpfung des Sanitätspersonals und die ist auch offensichtlich.

Auch in diesem Bereich haben wir einen dringenden Handlungsbedarf, Frau Bundesmi­nister. Ich glaube, es gibt gerade im öffentlichen Dienst eine Vielzahl an Zulagen, eine Vielzahl an Möglichkeiten, um diese Soldaten entsprechend zu entschädigen. Das kann aber nicht der Stundenlohn in der Höhe von 3,50 Euro sein, so wie wir es aktuell haben, Frau Verteidigungsminister! (Beifall bei der FPÖ.)

Präsident Mag. Christian Buchmann: Herr Bundesrat, ich bitte Sie, zum Abschluss zu kommen!

Bundesrat Markus Leinfellner (fortsetzend): Abschließend, Frau Bundesminister: Ja, das Bundesheer leistet wirklich einen wertvollen Beitrag bei dieser Pandemiebekämp­fung. Setzen wir unsere Ressourcen so ein, wie es auch notwendig wäre! Die Bevölke­rung braucht das. Die Soldaten brauchen Ihre Unterstützung, um die Ressourcen und ihre Fähigkeiten einsetzen zu können. Die Soldaten brauchen gute Einsatzbedingungen und klare Befehle. Sie haben es sich verdient! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

9.30

Präsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Mag.a Elisa­beth Kittl. – Bitte, Frau Bundesrätin.