9.35

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren im Bundesrat! Das Wort „außergewöhnlich“ ist schon gefallen; „unermüdlich“ möchte ich hinzufügen. Seit gut einem Jahr sind wir zusätzlich zu den normalen Einsätzen im Kampf gegen das Coronavirus im Einsatz und beweisen tagtäglich durch zahlreiche Assistenzeinsätze und Unterstützungsleistungen, dass das österreichische Bundesheer die strategische Reserve der Republik ist.

Unsere Soldatinnen und Soldaten, aber auch die Zivilbediensteten meines Ressorts unterstützen im Kampf gegen die Pandemie bundesweit die Gesundheitsbehörden, das Innenministerium. Sie sind immer da, wenn sie gebraucht werden, und das unter erschwerten Bedingungen, denn auch die eingesetzten Soldatinnen, Soldaten und Zivilbediensteten müssen ständig aufpassen, müssen strenge Maßnahmen einhalten, um sich selbst vor Ansteckung zu schützen, um nicht krank zu werden. Dennoch sind sie, sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte, tagtäglich mit unglaublicher Energie und Einsatzbereitschaft bei der Arbeit und zeigen tagtäglich, dass sich die Bevölkerung auf unsere Hilfe verlassen kann. Ich bin daher sehr stolz auf die Soldatinnen und Sol­daten und die Zivilbediensteten meines Ressorts – ein ganz großes Dankeschön! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um Ihnen hier einerseits eine Bilanz der österreich­weiten Unterstützungsleistungen im Vorjahr zu präsentieren und andererseits auch ei­nen Überblick über die aktuellen Einsätze zu geben.

Zunächst zur Bilanz der Assistenzeinsätze und Unterstützungsleistungen im Vorjahr, die vor Kurzem erschienen ist: Im Burgenland, in der Steiermark, in Tirol und in Kärnten unterstützen pro Tag durchschnittlich 814 Soldatinnen und Soldaten die Sicherheitsbe­hörden im sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz, das sind 297 000 Personentage. In allen Bundesländern – bis auf Wien – versahen pro Tag durchschnittlich 286 Soldatin­nen und Soldaten ihren Dienst an der Grenze zur Unterstützung der Gesundheitsbe­hörden im Kampf gegen Covid-19, umgerechnet 83 000 Personentage.

Auch im Bereich der Assistenzeinsätze zur Bewältigung von Naturkatastrophen waren wir gefordert: In Vorarlberg, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, im Burgenland, in der Steiermark und in Nord- und Osttirol wurden Unwetterschäden beseitigt, Dächer von Schneelasten befreit, Brände aus der Luft bekämpft und vieles mehr. In Summe wurden 17 Assistenzleistungen mit Hubschraubern durchgeführt, dabei wurden 169 Flug­stunden geflogen und über 800 000 Liter Löschwasser abgeworfen.

Neben den bekannten Assistenzeinsätzen hat das Bundesheer im Pandemiejahr unzäh­lige bezahlte Unterstützungsleistungen erbracht, auch das wurde von Ihnen bereits an­gesprochen. Das Bundesheer hat im Coronajahr 2020 knapp 660 Unterstützungsleistun­gen mit einer Gesamtzahl von 250 000 Arbeitsstunden erbracht. – Ja, das bedeutet eine Verdoppelung der Einsätze und in Wahrheit eine Verfünffachung der Arbeitsstunden, denn im Jahr 2019 wurden im Vergleich dazu in 312 Einsätzen rund 50 000 Arbeits­stunden geleistet. 470 dieser Unterstützungsleistungen im Vorjahr beziehungsweise 180 000 Arbeitsstunden entstanden im Zusammenhang mit Corona selbst.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Bandbreite der Einsätze war enorm. Begonnen haben die Coronaunterstützungsleistungen mit Prüfungen von Schutzmasken durch das Amt für Rüstung und Wehrtechnik im März 2020. Diese Leistungen wurden im Laufe des Jahres durch das ABC-Abwehrzentrum zur Wiederaufbereitung von Schutzmasken er­gänzt. Bei den meisten coronabedingten Unterstützungsleistungen ging es darum, kurz­fristig und temporär begrenzt als Überbrückungsmaßnahme auszuhelfen, bis sich die betroffene Organisation wieder reorganisiert hat. Das war beispielsweise bei den Le­bensmittelgroßkonzernen und der Post der Fall.

Von Personalunterstützung in Callcentern, Lade- und Entladetätigkeiten am Flughafen, Prüfung und Wiederaufbereitung von Schutzmasken, Personalaushilfen bei Pharmakon­zernen, Lebensmittelgroßhändlern und für die Post über Transportunterstützungen wie die Verteilung – die auch schon angesprochen wurde – von Schutzmasken in den Lan­deshauptstädten, die Verteilung von Desinfektionsmitteln an Schulen, aber auch die Her­stellung von Handdesinfektionsmitteln, Lagerung von Schutzmasken und Schutzausrüs­tung bis zur Beistellung militärischer Infrastruktur: Das Bundesheer war immer da – und ist es auch in Zukunft –, wenn uns die Bevölkerung gebraucht hat. – Danke schön, au­ßergewöhnlich! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Zu Spitzenzeiten waren zeitgleich bis zu 450 SoldatInnen und Zivilbedienstete täglich allein bei den Unterstützungsleistungen zur Bekämpfung der Coronapandemie einge­setzt. Mit den gleichzeitig laufenden Assistenzeinsätzen, zum Beispiel eben bei den flächendeckenden Testungen, und mit den Normeinsätzen waren 2020 zu Spitzenzeiten mehr als 8 600 SoldatInnen im Inland und im Ausland im Einsatz.

Was die Aufbringung der Kräfte anbelangt, so haben wir wegen der Pandemie bei rund 2 300 Soldaten des Einrückungstermins Oktober 2019 den Grundwehrdienst um drei Monate verlängert – verlängern müssen. Dieser Aufschub im Präsenzdienst war im Kampf gegen die Pandemie genauso notwendig wie die Teilmobilmachung der Miliz.

Es war ein wahrlich historischer Moment, als ich am 3. April 2020 das Dokument der Einsatzverfügung unterzeichnet habe, denn diese Teilmobilmachung war, sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte, Sie wissen es, die erste in der Geschichte des öster­reichischen Bundesheeres, die erste in der Geschichte der Zweiten Republik. Am 4. Mai 2020 rückten dann insgesamt 13 Jägerkompanien der Miliz in die Kasernen ein. Öster­reichweit übernahmen rund 1 400 Milizsoldatinnen und ‑soldaten nach dem Vorberei­tungstraining bis Ende Juli 2020 ihre Einsatzaufgaben und lösten die Aufschubpräsenz­diener ab.

Wie sieht die Lage aktuell aus? – Außergewöhnlich. Aktuell befinden sich rund 4 000 Soldatinnen und Soldaten im Inland und im Ausland im Einsatz. 900 stehen zur Überwachung der Staatsgrenze in den Bundesländern Burgenland, Steiermark, Kärnten und Tirol im sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz Migration. 220 Soldatinnen und Soldaten sind noch seit dem Terroranschlag in Wien zur Bewachung von Schutzobjekten eingesetzt. Rund 2 000 Soldatinnen und Soldaten befinden sich derzeit in allen Bundes­ländern im Covid-Einsatz, um im Rahmen von Assistenzeinsätzen und Unterstützungs­leistungen bei der Umsetzung der gesundheitsbehördlichen Maßnahmen zu unterstüt­zen und zu helfen – österreichweit bei Grenzkontrollen, beim Contacttracing, bei Drive-ins und anderen Teststationen, bei der Abwicklung der Probeentnahmen und wo immer sie im Kampf gegen das Coronavirus gebraucht werden.

Wir haben erfolgreich bei den flächendeckenden Testungen in den einzelnen Bundes­ländern mitgewirkt und mehrere strategische Covid-19-Lager als Notvorrat mit Schutz­ausrüstung und sonstigen notwendigen medizinischen Geräten eingerichtet. Auch bei den Impfungen beteiligen wir uns mit unserer Logistikexpertise sowohl bei der Planung als auch bei der Organisation. Wir waren dabei, als die ersten Impfstoffe nach Österreich gekommen sind, und unterstützen, wo immer wir gebraucht werden.

Darüber hinaus versehen derzeit rund 900 Soldatinnen und Soldaten in 16 Auslandsmis­sionen ihren Dienst zur Erfüllung der sicherheitspolitischen Verpflichtungen und Aufga­ben, die Österreich im internationalen Bereich eingegangen ist. Daneben laufen noch weitere ständige Einsätze wie eben zum Beispiel die Luftraumüberwachung oder die Einsätze des Entminungsdienstes. Die Bilanz wurde ja schon gelegt: Mehr als 26 Ton­nen Kriegsmaterial sind österreichweit in 1 267 Einsätzen geborgen, untersucht, beur­teilt, abtransportiert und vernichtet worden. Im September haben wir erstmals in den Gemeinden eine Kampagne zur Sensibilisierung der Bevölkerung im Umgang mit Kriegsrelikten gestartet – Sie erinnern sich vielleicht –, das war auch notwendig.

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sehen: Langweilig wird es sicher nicht, außerge­wöhnlich bleibt es. Sie sehen auch: Ein Jahr nach der Krise ist unser Heer der Fels in der Brandung und immer für die Bevölkerung da. Unsere Soldaten beweisen hohe Durchhaltefähigkeit, über Wochen, über Monate, mittlerweile über ein Jahr hinweg, um die Bevölkerung bei der Bewältigung dieser Krise zu unterstützen und zu helfen. Das alles geschieht neben den Normaufgaben, die ebenfalls erfüllt werden müssen, und un­ter der Gefahr, angesteckt und Opfer der Krankheit zu werden.

Derzeit sind über 200 Bedienstete meines Ressorts positiv. Die meisten von ihnen haben sich im privaten Bereich angesteckt. Diese Zahl ist im Vergleich zur hohen Bediens­tetenanzahl im Landesverteidigungsressort zum Glück sehr niedrig, weil wir besonders gut aufpassen und besonders darauf achten, dass in unserem Ressort die strengen Co­ronaschutzmaßnahmen eingehalten werden, gerade weil wir eben in so vielen Assis­tenzeinsätzen und Unterstützungsleistungen im Einsatz sind und mit der Bevölkerung in Kontakt treten.

Auch darauf bin ich stolz und können wir stolz sein: auf diese Disziplin, die unsere Solda­tinnen, Soldaten und die Zivilbediensteten bei ihrer Arbeit an den Tag legen; außerge­wöhnlich, weil es um die Sicherheit unseres Landes, um die Sicherheit der Bevölkerung, um die Sicherheit von uns allen geht. – Danke an alle Soldatinnen und Soldaten. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei BundesrätInnen der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

9.46

Präsident Mag. Christian Buchmann: Danke, Frau Bundesministerin.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren TeilnehmerInnen an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Ing.in Isabella Kaltenegger. – Bitte, Frau Bundesrätin.