17.14

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Bundesministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Bekanntwerden dieser Chatprotokolle kann und darf man nicht zur Tagesordnung übergehen. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Da geht es um nichts Geringeres als das Sittenbild eines zutiefst korrupten Systems von Macht und Günstlingswirtschaft, eines Systems, das in der Zweiten Republik sicher nicht neu ist, aber nun, Herr Bundeskanzler, unter Ihrer Führung von jemandem exekutiert und auf die Spitze getrieben wird, der Neues versprochen hat. Einer der angesehensten Journalisten des Landes hat es auf den Punkt gebracht: Postenschacher hat es unter Rot-Schwarz auch gegeben, aber Sie haben 2017 geschworen, damit Schluss zu ma­chen. Nichts davon wurde gehalten. In der Parallelwelt Ihrer Clique existieren gesetzliche Auflagen nicht. (Ruf bei der SPÖ: Jawohl!)

Es geht darum, dass die wichtigste Beteiligungsgesellschaft der Republik Österreich mit einem Portfolio von 26 Milliarden Euro keine private Spielwiese und schon gar kein Selbstbedienungsladen für eine Handvoll türkiser Parteigänger und persönlicher Kanz­lerfreunde sein darf. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Es geht um das Ansehen der Republik, es geht um das Vermögen der Republik, es geht um das Vertrauen darauf, dass Regierende ausschließlich die Interessen der Republik und der Menschen in Österreich vertreten und nicht die Interessen ein paar weniger aus einem Inner Circle, die zur Familie gehören. Das alles sind Anzeichen einer Kleptokratie, eines Machtmissbrauchs am Vermögen der Republik und damit am Volksvermögen zu­gunsten eines kleinen Kreises von Privilegierten. Egal ob Spender, loyale Parteifunktio­näre oder Vertraute – versorgt wird, wer auf der richtigen Seite steht.

Diese Chats zeigen nicht nur, wie ein treuer Parteigänger zum alleinigen Herrn über Milliarden Euro an Staatsvermögen wurde, sondern diese Chats zeigen vor allem auch, wie unsere Republik zu einer Kurz-AG umgebaut wurde. Sie, Herr Bundeskanzler, waren mittendrin statt nur dabei. Es entsteht also nicht nur der Eindruck, dass die Öbag zu einer Schmid-AG, sondern vielmehr, dass die Republik zu einer Kurz-AG verkommen ist. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Das ist ein durch und durch korruptes System. Sie haben es „nicht erfunden“, aber Sie kennen „kein besseres“, haben Sie im Untersuchungsausschuss gesagt, und damit ha­ben Sie dort zur Abwechslung die Wahrheit gesagt.

Die Chatprotokolle, die nun aufgetaucht sind, bestätigen alles, was wir NEOS 2018 ver­mutet haben, als wir als Einzige gegen das Öbag-Gesetz gestimmt haben, unter ande­rem mit dem Verweis darauf, dass es nicht im Interesse des Landes ist, mit einem Alleinvorstand, der schon im Vorhinein feststeht, die wichtigste Beteiligungsgesellschaft unseres Landes zu besetzen, als uns als Einzigen klar war, dass Ihre Clique damit die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs schwächt und nicht stärkt; was wir Anfang 2019 ver­mutet haben, als die NEOS die Öffentlichkeit darüber informiert haben, dass der Aus­schreibungstext so eindeutig für nur eine Person maßgeschneidert ist, dass es nicht auf Erfahrung in der Privatwirtschaft ankommt, sondern dass es vielmehr genau so war, wie es jetzt schwarz auf weiß auf dem Tisch liegt – der Kabinettschef des Finanzministers und gleichzeitig Generalsekretär des Finanzministeriums hat den einen Vorstandspos­ten für sich maßgeschneidert und sich auch noch den Aufsichtsrat ausgesucht, der ihn dann bestellt –; was wir im November 2019 vermutet haben, als wir einen Untersu­chungsausschuss angeregt haben, um die Causa Glücksspiel und die Causa Casinos auf Ebene der gewählten Volksvertretung zu untersuchen und zu kontrollieren.

Auch im Untersuchungsausschuss selbst haben Steffi Krisper und Helmut Brandstätter durch hartnäckige Befragung und detailliertes Studium der Akten immer klarer das Bild dieses korrupten Systems gezeichnet. Wie sind wir angegriffen worden, wie sind wir dif­famiert worden, wie sind das Kontrollrecht des Parlaments und damit die Demokratie mit Füßen getreten worden?! Nicht die Brandstifter wollte man finden, nein, die Feuerwehr wollte man diffamieren, die hartnäckig daran arbeitet, einem anderen, einem besseren, einem saubereren politischen System in Österreich zum Durchbruch zu verhelfen. (Bei­fall bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Wir sehen jetzt erneut bestätigt, dass ein Alleinvorstand in der Beteiligungsgesellschaft des Bundes, die die Unternehmen der Republik verwaltet, untragbar ist. Wir sehen erneut, dass die Person Thomas Schmid völlig ungeeignet ist, dieser wichtigsten Beteiligungsgesellschaft vorzustehen. Es geht ja um Volksvermögen und auch um einen klaren rechtlichen Rahmen nach dem Aktiengesetz, der völlig klar darin ist, dass der Aufsichtsrat, will er nicht bestätigt sehen, dass er ein reiner Gefälligkeitsaufsichtsrat im Sinne der regierenden Mächtigen ist, den Vorstand Thomas Schmid abzuberufen hat.

Wir sehen jetzt erneut bestätigt, dass der Finanzminister der Republik Österreich eher die Interessen eines kleinen Kreises an türkisen Parteigängern als die der Republik ver­tritt. Jeder Tag mehr, den Gernot Blümel im Amt bleibt, schadet dem Ansehen des Amts und dem Ansehen unserer Republik.

Es zeigt sich jetzt aber auch schwarz auf weiß ein Sittenbild eines Bundeskanzlers, der nicht nur von allem wusste, sondern alles steuerte, ein Sittenbild eines Bundeskanzlers, der für das Wohl einiger weniger in seinem Dunstkreis und für die Macht seine eigenen Wähler verraten und verkauft hat. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Es zeigt sich ein Sittenbild eines Bundeskanzlers, der mit neuem Stil und Reformen an­getreten ist und nun bis zum Hals in seinem eigenen Korruptionssumpf steckt, nichts zum Besseren verändert hat, vielmehr Österreich im Ausland zum Gespött macht und die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs korrumpiert.

Es zeigt sich ein Sittenbild eines Bundeskanzlers, der „Leistung muss sich lohnen“ rich­tigerweise plakatiert hat und dann unter Leistung nichts anderes als blinden türkisen Gehorsam versteht, eines Bundeskanzler, der vorgibt, aufseiten der Wirtschaft zu stehen und darunter nichts anderes als Freunderlwirtschaft versteht, und es zeigt sich ein Sitten­bild eines Bundeskanzlers, der Republik, Parlament, Justiz und damit Demokratie und Rechtsstaat verhöhnt, sich gleichsam darüberstellt und ausschließlich Machtinteressen verfolgt, der im Untersuchungsausschuss nicht die Wahrheit sagt, gedeckt von seinem Vorsitzenden Wolfgang Sobotka, sich damit aber strafbar macht.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt viele, die gerne zur Verteidigung der Türkisen ausreiten und sagen: alles wohlbekannt; unter der großen Koalition war es nicht an­ders. – Denen kann ich antworten: Das stimmt, aber das ist ein Grund, warum es die NEOS gibt. Wir haben 2012 mit unserer Gründung ein Versprechen abgegeben. Zu viele rote Linien sind überschritten. Wir sind in der Verantwortung – vielleicht als Einzige in unserem Land –, mit politischer Korruption und Machtmissbrauch aufzuräumen. Wir sind unseren Wählerinnen und Wählern gegenüber in der Verantwortung, gegenüber allen Menschen in Österreich, gegenüber unserer Republik, gegenüber der Demokratie und dem Rechtsstaat. Daher müssen wir handeln, politisch mit Misstrauensanträgen und rechtlich wegen falscher Beweisaussage. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.22

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Grossmann. Ich erteile ihr dieses. – Bitte.