17.22

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Ministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht nur wir sehen das so, sondern auch die APA schreibt soeben, dass der Herr Bundeskanzler die an ihn gestellten Fragen nur „kursorisch“, aber nicht echt beantwortet hat. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Spanring: Messagecontrol! Messagecontrol! ...!) Herr Bundes­kanzler, ich hoffe, Sie holen die Beantwortung, die Sie uns schuldig geblieben sind, noch nach. Das sind Sie dem Parlament, das sind Sie den gewählten Vertreterinnen und Ver­tretern des Volkes schuldig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als im Mai 2019 die Ausschnitte aus dem Ibi­zavideo über unsere Bildschirme flimmerten, waren wir alle schockiert, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Auch Sie, Herr Bundeskanzler, haben sich schockiert ge­zeigt und die damalige Koalition aufgelöst. Herr Kollege Hübner, das dürfte Ihrem Rede­beitrag zufolge an Ihnen spurlos vorübergegangen sein, aber die Koalition mit der FPÖ wurde aufgelöst. (Beifall bei der SPÖ.)

Viele von uns haben sich gedacht: Jetzt hat Österreich den moralischen Tiefpunkt er­reicht. – Heute wissen wir: Es geht noch tiefer, noch viel tiefer. Während nämlich – und das ist der große Unterschied, Herr Fraktionschef Schreuder – Strache und Co auf Ibiza in Balzlaune unter Alkoholeinfluss fantasiert haben, was sie täten, wenn sie könnten, erleben wir nun praktische Anwendungsbeispiele derartiger Allmachtsfantasien. Was da mit vielen Gefühlssymbolen, die Sie (in Richtung FPÖ) ja auch schon gezeigt haben, in fast intim anmutenden Chats zutage tritt, ist nichts anderes, meine sehr geehrten Damen und Herren, als eine Bankrotterklärung des politischen Anstands. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Es gibt auch andere Bezeichnungen dafür. Gerade ist auf oe24.at zu lesen gewesen, wie das der ehemalige ÖVP-Obmann und Vizekanzler Busek beschreibt. Ich zitiere – damit ich jetzt keinen Ordnungsruf kriege, Herr Präsident –: „Sie sind Trottel“, sagt der ehemalige ÖVP-Vizekanzler. Also da gibt es schon unterschiedliche Sichtweisen.

Dem österreichischen House of Cards oder House of Kurz, wie man sagen möchte (Hei­terkeit bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ), haftet jedenfalls der Geruch von Freun­derlwirtschaft, Gier, Maßlosigkeit und auch Sexismus an. Diesen penetranten Geruch hat auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gewittert und Ermittlungen aufgenommen. Daraus erklären sich wohl Ihre zahlreichen, wirklich oft systematischen Angriffe auf die Justiz im Allgemeinen und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwalt­schaft im Besonderen, Herr Bundeskanzler.

Wir mussten Sie in diesen Angelegenheiten schon einige Male zu einer Dringlichen An­frage hierherbitten, und heute eben noch einmal. Jetzt wird die Strategie dahinter auch immer mehr sichtbar und ruchbar: Angriff ist die beste Verteidigung. Sie wittern anschei­nend schon lange, dass Ihnen und den Ihren einiges an Ungemach drohen könnte, und deshalb lassen Sie nichts unversucht, die Ermittlerinnen und Ermittler und die Behörden in der Öffentlichkeit madig zu machen und die Behörde auch kurzerhand – wie im Falle der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft – aufzulösen, auch vielleicht als Lehrbeispiel dafür, was jenen passiert, die sich nicht wohlverhalten. Zum House of Kurz gehört ein klares Freund-Feind-Schema: Wer Ihnen nicht kritiklos zujubelt, wer nicht steuerbar ist, der wird zum Feind erklärt (Bundesrat Spanring: So ist es!) und mit In-Aussicht-Stellen von Sanktionen – wir haben heute auch wieder ein Anwendungsbei­spiel erlebt – konfrontiert, wie zum Beispiel auch sonst immer treue Verbündete von Ih­nen – das wird zumindest immer betont –, die katholische Kirche, der Herr Thomas Schmid „Vollgas geben“ sollte, weil sie sich erdreistet hatte, Ihre Flüchtlingspolitik zu kritisieren. Wie kann man denn?!

Insbesondere Frauen sollten gut „steuerbar“ sein. Es ist mir nicht überliefert, wie die Grünen Frauen oder auch die ÖVP-Frauen das sehen. Für mich ist jedenfalls dieses informelle Qualifikationsprofil von Aufsichtsrätinnen ein Skandal. Es ist kein Wunder, dass sich kaum qualifizierte Frauen finden lassen, die sich für so etwas hergeben, was auch in den Chatprotokollen beklagt wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch was die informellen Qualifikationsprofile bezüglich des Postens des Alleinvorstan­des der Öbag-Holding betrifft, hat dieser Chatverlauf interessante Einblicke gegeben. Mit den Worten: „Kriegst eh alles was du willst“, Bussi, Bussi!, haben Sie laut Chatpro­tokoll Herrn Schmid „glücklich“ gemacht, der sich dann auch mit einer Liebeserklärung bedankt hat. (Heiterkeit bei BundesrätInnen der FPÖ.) – Sie lachen.

Da der Hintergrund hinter dieser politischen Lovestory, möchte man fast sagen, ein sehr, sehr ernster ist und es da um wichtige Infrastruktureinrichtungen und auch die Reputa­tion Österreichs geht, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abberufung von Thomas Schmid als Vorstand der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG)“

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage betreffend „Der Kanzler im Korruptionssumpf“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, umgehend eine Hauptversammlung der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) einberufen zu lassen und alle notwendi­gen Schritte zu setzen, um eine Abberufung von Herrn Thomas Schmid als Vorstand der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) zu bewirken.“

*****

Es gibt dann auch für alle Bundesrätinnen und Bundesräte die Gelegenheit, sich in einer namentlichen Abstimmung – wir haben auch den Antrag dazu gestellt – zu deklarieren, wie wichtig ihnen Anstand in der Politik ist. Da schaue ich jetzt in Richtung Grüne. (Bun­desrat Steiner: Da können sie die Fratze ablegen!)

Unsere Anfrage haben wir jetzt übrigens auch noch einmal schriftlich eingebracht, damit Sie wie gesagt auch Gelegenheit haben, noch ausführlich dazu Stellung zu nehmen.

Ja, Herr Bundeskanzler, Sie und der Herr Finanzminister zeigen, dass Sie Ihren Ämtern keineswegs gewachsen sind. Sie sollten daraus die Konsequenz ziehen, bitte! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

17.30

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Der von den Bundesräten Elisabeth Grossmann, Kol­leginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Abberufung von Thomas Schmid als Vorstand der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG)“ ist genü­gend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weiters zu Wort gemeldet ist Bundesrat Karlheinz Kornhäusl. – Bitte.