15.20

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Manchmal geht es schneller, als man denkt. Ich darf jetzt auch noch auf das Tierärztegesetz und das Tierärztekammergesetz Bezug nehmen. Ich darf mich bei Kollegin Hauschildt-Buschberger bedanken, sie hat die Inhalte sehr gut und umfassend beschrieben, ich darf aber trotzdem noch die eine oder andere Problematik im Zusammenhang mit den Tierärzten, vor allem die kleinstrukturierte Landwirtschaft im Westen Österreichs betreffend, ansprechen, mit der man sich auseinandersetzen muss.

Kollegin Hauschildt-Buschberger hat schon angesprochen, dass sich das Berufsbild der Tierärzte durchaus geändert hat. Ich habe vor Kurzem bei einer Geburtstagsfeier eines 70-jährigen Tierarztes sein Berufsbild kennengelernt. Er hat mir gesagt, er ist jetzt über 40 Jahre Tierarzt im Tiroler Paznauntal, fährt täglich, 365 Mal im Jahr, sonn- und feier­tags, wirklich an jedem Tag, von Galtür das Paznauntal raus, dann durch das Stanzer Tal – wer sich auskennt – wieder rein bis nach St. Anton. Das sind rund 100 Kilometer. Diese Tour macht er täglich, um seine Bauern mit ihren kleinbäuerlichen Betrieben zu betreuen, die wahrscheinlich durchschnittlich nicht einmal zehn Stück Tiere haben.

Dieser Tierarzt kennt keinen 8-Stunden-Tag, der kennt keine 40-Stunden-Woche, keine Fünftagewoche, seine Arbeitszeit geht weit darüber hinaus. Er ist selbstständiger Tierarzt und ist mit seinem Job so aufgewachsen, sodass er das immer so gemacht hat. Dass man mit dieser Jobbeschreibung heute keine Tierärzte mehr bekommen kann, ist, glaube ich, selbstverständlich, und daher braucht es auch diese wichtigen Änderungen im Tierärztegesetz Richtung Tierarztpraxisgemeinschaften, Tierärztegesellschaften, da­mit man Beruf und Familie wirklich vereinbaren kann. In der Zwischenzeit sind auch viele Frauen in der Tierärzteausbildung beziehungsweise schon fertig ausgebildete Tierärzte; für sie ist es natürlich sehr wichtig, dass sie Beruf und Familie irgendwie miteinander vereinbaren können.

Wir haben folgendes Problem: nicht nur, dass diesen Job in der alten Form niemand annimmt, sondern, dass generell viel zu wenige Tierärzte wieder zurück in den Westen kommen. Ich habe mir das angeschaut: Es gibt im Bewerbungsverfahren an der Vetmed derzeit durchschnittlich 1 500 Bewerber, 250 davon schaffen es, die Ausbildung zu beginnen, und schließen das Studium dann auch irgendwann ab. Wir haben da das gleiche Problem wie in der Humanmedizin: Die rechtlichen Vorgaben müssen natürlich so sein, dass EU-Ausländer und auch Angehörige von Drittstaaten in Österreich studie­ren können, was das Problem mit sich bringt, dass ein Drittel der Studierenden nicht aus Österreich kommt.

Das Jobprofil hat sich auch ausgeweitet, es geht jetzt viel weiter und umfasst nicht nur Großtiere, wie das früher ausschließlich der Fall war, weshalb der Beruf auch sehr männlich dominiert war. Es geht heute weiter und schließt Kleintiere, aber auch Pferde mit ein. Sehr interessant in den Zentren, im urbanen Bereich sind vor allem auch Jobangebote in den Bereichen Forschung, Pharmaindustrie, Medizintechnik und so weiter.

Das Problem ist, dass durchschnittlich nur sechs Absolventen pro Jahr in den Westen Österreichs zurückkommen. Ich darf auch noch Südtirol dazunehmen, weil auch sehr viele Südtiroler in Wien Veterinärmedizin studieren, und die haben das gleiche Problem. Wir müssen hier unbedingt gegensteuern, weil eine flächendeckende landwirtschaftliche Bewirtschaftung sehr eng mit einer ausreichenden Abdeckung mit praktizierenden Tierärzten zusammenhängt. Wenn diese Rund-um-die-Uhr-Betreuung – bei den Tieren ist es ähnlich wie im Humanmedizinbereich, es kann jederzeit ein Notfall sein, das kann am Sonntag sein, es kann auch in der Nacht sein –nicht aufrechterhalten werden kann, dann werden wir auch die flächendeckende landwirtschaftliche Bewirtschaftung nicht aufrechterhalten können.

Tirol spielt ernsthaft mit dem Gedanken – das darf ich Ihnen mitgeben, Herr Bundes­minister –, eine dezentrale Tierarztausbildung im Westen von Österreich einzurichten. Wir hätten sogar schon einen Standort gefunden. Wir brauchen das. Wir brauchen eine praxisnahe Ausbildung, wir brauchen eine Ausbildung, in deren Rahmen auch mit den vorhandenen Tierarztpraxen zusammengearbeitet wird. Wir brauchen eine Ausbildung, die die Studenten zu der sie erwartenden Tätigkeit, vor allem im Großviehbereich, hinführt und unsere kleinteiligen Strukturen berücksichtigt. Bei uns ist ja leider nicht die Situation gegeben, dass es Großbetriebe gibt, die zum Teil sogar selber einen Tierarzt beschäftigen können. Das läuft bei uns ganz anders, deshalb brauchen wir eine Lösung, eine eigene Ausbildungslösung, die dafür sorgt, dass wieder mehr Tierärzte Richtung Westen gehen.

Da steht also viel auf dem Spiel. Wir brauchen eine flächendeckende Betreuung und wir brauchen in dieser Frage die Unterstützung des Bundesministers sowie der gesamten Bundesregierung.

Am Schluss darf ich mich als bäuerlicher Vertreter bedanken: Ich darf mich im Namen unserer Landwirte für den Fleiß und für den Einsatz unserer Tierärzte, die, wie ich es beschrieben habe, rund um die Uhr für uns da sind, bedanken. Nur wenn wir hier gemein­same Anstrengungen unternehmen, können wir den dringend notwendigen Nachwuchs finden und hoffentlich auch dazu bewegen, diesen so wichtigen Beruf auch in klein­strukturierten Gebieten ausüben zu wollen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.27