18.15

Bundesrat Thomas Dim (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, daran, dass gerade Familien in der von Corona geprägten Zeit natürlich besonders gefordert sind, besteht ja wohl kein Zweifel – der Bundeskanzler hat es ja auch schon gesagt. Die Eltern werden verstärkt auch in schulische Aufgaben eingebunden. Sie werden in Zeiten von persön­lichem Abstand und Fernunterricht quasi zu Ersatzlehrern vor Ort. In Zeiten, in denen persönliche Treffen mit Freunden nicht möglich sind und das Vereinsleben praktisch brachliegt, mutieren die Eltern zu Hause auch noch vielfach zu Familienanimateuren.

Das Zusammenleben in den Familien hat sich in den letzten Monaten gravierend ver­ändert – in einigen Fällen sogar zum Positiven, weil man mehr Zeit miteinander verbringt, in weitaus mehr Fällen haben sich dadurch aber Probleme ergeben, und wenn es die Probleme schon vorher gegeben hat, dann haben sich diese meist noch verstärkt. Die Sorge um den Arbeitsplatz, Homeoffice in einem dafür nicht optimalen Umfeld und zusätzliche pädagogische Aufgaben für die Kinder haben so manche Eltern an den Rand der Verzweiflung gebracht.

Jetzt kommt noch etwas dazu: Mit den – ich formuliere es einmal höflich – teils undurch­sichtigen und nicht nachvollziehbaren Verordnungen aus dem Gesundheitsministerium kam es auch noch zur Einschränkung der innerfamiliären oder nachbarschaftlichen Hilfe. Die Kinder trauten sich nicht mehr zu ihren Großeltern oder Verwandten, die Nachbarn, die sonst vielleicht beim Lernen geholfen haben, durften nicht mehr ins Haus, soziale Kontakte wurden massiv eingeschränkt und haben letztlich auch zu einer Vereinsamung, vor allem der älteren Bevölkerung, geführt, aber auch zu einem Bildungsrückstand bei den Kindern.

Einige Schüler schaffen es, in Zeiten von Fernunterricht selbstständig zu Hause zu lernen, aber viele Schüler brauchen gerade das gemeinsame Lernen in den Schulen, den täglichen Ansporn durch die Pädagogen, aber auch das gegenseitige Anspornen durch die Klassenkameraden. Wandertage, Exkursionen, Skiwochen und Sportwochen, die gerade für die Klassengemeinschaft unheimlich wichtig sind, konnten nicht statt­finden. Die Kinder und Jugendlichen leiden darunter, und auszubaden haben es letzt­endlich die Familien.

Meine Damen und Herren, ich bin bei Gott kein Coronaleugner, mir ist bewusst, wie gefährlich diese Krankheit ist. Ich bin aber auch davon überzeugt, dass es auch nach der Pandemie zu Infektionskrankheiten kommen wird, wie es sie auch schon in der Vergangenheit gegeben hat. Die Menschen haben immer mit Krankheiten und letztendlich auch mit dem Tod umzugehen gelernt. Das gehört zum Leben, das bleibt keinem von uns erspart. (Beifall bei der FPÖ.)

Mit dieser übertriebenen – ich sage bewusst übertriebenen – Angstmacherei, mit dem Schreckensbild einer Krankheit, die jeden von uns treffen kann – einige im Raum haben auch eine Coronaerkrankung hinter sich –, mit dieser Panikmache, wie sie in den ver­gangenen Monaten vollzogen wurde, sind aber auch viele Risse im familiären Umfeld entstanden. (Bundesrat Schreuder: Manche haben aber auch ...!) Der gesunde Haus­verstand wurde durch Verordnungen von oben ersetzt. Was wir zu tun und zu lassen hatten, wurde von der Regierung bestimmt und letztendlich auch noch von der Exekutive kontrolliert. Denunziantentum und Neidgesellschaft feiern fröhliche Urständ. (Beifall bei der FPÖ.)

Anstatt in den Familien und auch hier im Haus besonnen und ruhig mit den gegebenen Umständen umzugehen, wurden Diskussionen vielfach – auch in diesem Haus schon – zum Glaubenskrieg. Es gibt nur mehr Gut und Böse, es gibt nur mehr Schwarz und Weiß, es gibt nur mehr die Guten und die Coronaleugner – es gibt aber auch etwas in der Mitte, da stehe ich. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist eine Entwicklung in der Gesellschaft, wie ich sie mir nicht wünsche. Ich hoffe auch, dass sich das keiner in diesem Raum hier wünscht. Es ist höchste Zeit, dass wir wieder gegensteuern, dass wir wieder zu einem gesellschaftlichen Miteinander zurück­finden, dass wir mit Krankheiten wieder normal umgehen. Es ist Zeit für die Gesellschaft, dass wir auch das Vereinsleben, wie wir es in Österreich so dringend brauchen, wieder aufleben lassen, natürlich mit der nötigen Vorsicht, natürlich mit Hygienekonzepten, die schon seit Monaten in den Schubladen liegen. Die Bevölkerung will wieder Sport im Verein oder im Fitnessstudio betreiben, denn Sport und Bewegung sind Teil der Lösung und nicht das Problem. (Beifall bei der FPÖ.)

In absehbarer Zeit wird das auch wieder möglich sein – ich glaube, am 19. Mai ist es wieder so weit. Es ergibt sich aber schon wieder ein neues Ungleichgewicht, das heißt: Sport: ja, Musik: nein. Ich möchte mich daher jetzt auch noch für die vielen Musikkapellen in diesem Land einsetzen. Diese dürfen in absehbarer Zeit noch nicht proben, obwohl auch diese Vereine ihre Hygienekonzepte bereits lange erstellt haben.

Musik und Musikkapellen gehören genauso zum gesellschaftlichen Miteinander, und sinn­volle Freizeitgestaltung in Form von Musik bereichert jedes Ortsleben. Dazu genügt es aber nicht, dass die Musiker brav zu Hause üben, dazu muss zumindest einmal in der Woche eine Gesamtprobe stattfinden. Oft sind in den Kapellen auch viele Familienmitglieder beisammen. Aus meiner Vergangenheit kann ich sagen, dass wir bei unserem Spiel­mannszug in Ried bereits mit Mitgliedern aus nur vier Familien spielfähig waren. Ich kann aber auch aus meiner Zeit als Probenleiter und musikalischer Leiter berichten, wie wichtig es ist, zumindest einmal in der Woche eine Gesamtprobe abzuhalten, damit sich der gesamte Klangkörper aufeinander einspielt.

Viele Musikfeste, Wertungsspiele wurden heuer schon aufgrund der verbotenen Proben­arbeit abgesagt und verschoben. Es gibt aber auch noch andere gesellschaftliche Ereignisse, bei denen Musik einfach dazugehört, ich denke da zum Beispiel an die anstehenden Fronleichnamsprozessionen. Es wäre wichtig, so wie im Sport, zumindest einmal in der Woche jetzt schon eine Probe zu ermöglichen – wie gesagt: mit Vorsicht und mit Abstand. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, setzen Sie sich dafür ein, ermöglichen Sie neben Sport auch die Musikproben, gehen wir wieder normal mit Krankheiten um, öffnen wir das Vereinsleben! Die Bevölkerung und die Gemeinschaft in diesem Land haben es sich verdient, und das hilft letztendlich auch den Familien. (Beifall bei der FPÖ.)

18.23