11.08

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Werte Ministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Die Rednerin trägt einen Button in Regenbogenfarben mit dem Aufdruck SPÖ.) Ja, heute beschließen wir einmal mehr eine Verlängerung der coronabedingten Sonderregelungen, vorerst bis Ende 2021. Natürlich hoffen wir alle, dass dieser Ausnahmezustand bis dahin oder idealerweise schon früher beendet sein wird und wir die Pandemie überwunden haben werden.

Was wir heute beschließen, sind eigentlich alles Selbstverständlichkeiten, ich würde ein­mal sagen No-na-Beschlüsse, die notwendig sind, um trotz Einschränkungen der per­sönlichen, der physischen Kontakte das Justizwesen, das öffentliche Leben in den Gemeinden, in den verschiedenen Gremien, wie etwa im Publikumsrat des ORF, im Par­teientransparenzsenat, in der KommAustria und so weiter, am Laufen zu halten.

Dazu muss man sagen, zum Glück haben wir diese technischen Möglichkeiten mit Video­konferenzen, Smartphones und so weiter. Es wäre gar nicht auszudenken, wie unser Land in dieser Situation quasi funktionieren würde oder müsste, wenn wir das nicht hätten. Jedenfalls ist es natürlich sinnvoll, diese Instrumente einzusetzen.

Aus der pandemiebedingten Not heraus hat unser Justizsystem ja gewissermaßen auch einen Technologieschub erfahren: Videokonferenzen können für gerichtliche Anhörun­gen, Verhandlungen, Beweisaufnahmen und Gremialsitzungen fast aller Art eingesetzt werden. Man muss dabei aber natürlich berücksichtigen, dass es das verfassungs­recht­liche Prinzip des persönlichen Verfahrens gibt, das es selbstverständlich zu wahren und zu schützen gilt. Es spricht aber dennoch einiges dafür – da bin ich durchaus bei meinem Vorredner –, sich diese neuen Möglichkeiten genau anzuschauen und auch zu evalu­ieren und abzuwägen, was davon eventuell doch ins Dauerrecht übernommen werden könnte, wenn es eben darum geht, das Leben der Betroffenen zu erleichtern und auch vielleicht die Verfahren rascher und billiger abwickeln zu können. Das muss aber unter einer wesentlichen Voraussetzung geschehen, nämlich dass die Prozessparteien ihre klare Zustimmung geben. Das ist selbstverständlich eine Voraussetzung. Wie gesagt, es geht um das Grundprinzip des persönlichen Verfahrens, aber dennoch ist eben eine Ab­wägung vorzunehmen.

Etwas, meine sehr geehrten Damen und Herren, was jedenfalls ins Dauerrecht übernom­men werden sollte, sind beispielsweise die Gebührenfreiheit bei Entscheidungen auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen beziehungsweise überhaupt die Erleichterun­gen im Unterhaltsverfahren beziehungsweise im Verfahren, um zu einem Unterhalts­vorschuss zu kommen, als Vorstufe zu einer echten Unterhaltssicherung für Kinder und auch für nicht selbst erhaltungsfähige, in Ausbildung befindliche junge Erwachsene.

Ich habe es hier schon sehr oft thematisiert: Österreich ist ein reiches Land, es sind aber auch sehr viele Menschen arm. Es werden besonders pandemiebedingt auch immer mehr, vor allem nämlich Kinder von Alleinerzieherinnen, die keinen oder nicht ausreichenden Unterhalt erhalten. Zur Bekämpfung der Kinderarmut liegen seitens der SPÖ schon lange realisierbare Konzepte vor. Die ÖVP ist diesbezüglich leider immer auf der Bremse gestanden. Es liegt nicht einmal eine aktuelle Kinderkostenanalyse vor, um auch ab­schätzen zu können, was ein Kind in der jeweiligen Altersstufe, in der jeweiligen Lebens­phase braucht, um ein gutes Leben führen zu können und sich optimal entwickeln zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

In der Frage der Unterhaltssicherung ist also dringender Handlungsbedarf gegeben. Es ist gerade jetzt höchste Zeit für eine Kindergrundsicherung, denn Kinderarmut darf in Österreich einfach nicht hingenommen werden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundes­rätin Kittl.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen das einmal mehr und ich werde nicht müde, es immer wieder zu betonen und dafür zu kämpfen, dass alle Kinder in Österreich ein Auskommen haben, ein würdevolles Leben führen können und Bedin­gungen vorfinden, in denen sie sich optimal entwickeln können. Dabei geht es um die Zukunft unseres Landes, und dafür – wenn dieser Begriff schon immer wieder strapaziert wird – sollte uns nichts zu teuer sein: „Koste es, was es wolle“ – eine Aussage, die in der Vergangenheit sehr oft strapaziert wurde. In dieser Frage muss wirklich dringend etwas getan werden, es ist dringender Handlungsbedarf gegeben.

Es wurde auch angesprochen, dass genauso Obdachlosigkeit nicht hingenommen wer­den darf. Wir haben auch immer wieder darauf hingewiesen, dass wir steigende Delogie­rungszahlen haben. Die Menschen können sich ihre Mieten nicht mehr leisten, oder – das darf man auch nicht vergessen – vielleicht auch die Kredite nicht mehr bedienen, die sie aufgenommen haben, um sich ein Eigenheim zu finanzieren. Auch diesen Men­schen gehört geholfen, denn die Folge könnte Obdachlosigkeit sein. Dafür braucht es auch einen Fonds, der einspringt und den Menschen unter die Arme greift. Ich ersuche, auch da dringend tätig zu werden, nicht nur anzukündigen, sondern auch wirklich tätig zu werden, denn auch Obdachlosigkeit darf in Österreich nicht hingenommen werden. – In diesem Sinne danke ich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.15

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte, Herr Bundesrat.