10.39

Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Hohes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Auch wir von der SPÖ begrüßen die Verlängerung des Schutzes der Frauen und der ungeborenen Kinder bis zum 31.12.2021.

Genau das ist aber der Knackpunkt, es ist wieder einmal zu kurz gegriffen. Der Frei­stellungsanspruch hat schon am 30. September geendet, was zur Folge hatte, dass die betroffenen Schwangeren mit 1. Oktober ihre Beschäftigung wieder aufnehmen muss­ten. Und warum? – Wir wissen es: weil Türkis-Grün wieder einmal nicht in der Lage ist, rechtzeitig und vorsorgend zu handeln, weil Türkis-Grün die Menschen im Land einmal mehr egal sind. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Genau wie bei der Sonderbetreuungszeit ist das wieder einmal sehr kurzsichtig von Ihnen. Das bedeutet Unsicherheit für die betroffenen Frauen, aber auch für die Arbeit­geberinnen und Arbeitgeber. Man könnte sagen, das Risikogruppenchaos feiert fröhliche Urstände. Die Regierung handelt wieder einmal grob fahrlässig. Nach wie vor sind ge­impfte Schwangere von der Regelung ausgenommen, aber wir wissen, die Impfung schützt nicht gänzlich vor einer Infektion mit Corona. Schauen Sie sich die Verläufe an! Danach, was uns berichtet wurde, ist das durchaus nicht so, dass das leichte Verläu­fe sind, sondern die können mitunter sehr schwer sein, und dabei sind dann zwei Menschenleben gefährdet. (Bundesrat Spanring: Interessant! Guten Morgen, liebe SPÖ ... kommt ihr auch schon drauf!)

Die Pandemie ist noch nicht vorbei, auch wenn Herr Finanzminister Blümel das vor ei­nigen Tagen in der „ZIB 2“ in einem Nebensatz recht flapsig formuliert verkündet hat. Es versteht niemand (die Bundesräte Spanring und Steiner sprechen miteinander) – hören Sie mir bitte zu! – und es kann uns auch keiner erklären, nicht einmal deklarierte Türkise, mit denen ich spreche, warum man schwangere Frauen nicht generell als Risikogruppe definiert. Jede schwangere Frau, die im Kundinnen- und Kundenkontakt steht, muss geschützt werden. Das muss also auch für den Handel, für die Gastro und für die Produktion gelten. Darauf haben wir von der SPÖ schon im Juni hingewiesen. Das ist ein Déjà-vu für mich. Ich weiß nicht, reden wir jetzt einmal im Quartal darüber? Ich ver­stehe es nicht!

Jede Schwangere, die sich infiziert, ist eine Schwangere zu viel, meine Damen und Her­ren! Oder sind Sie da anderer Meinung, meine Herren da rechts? Anstatt die Menschen in geimpft und nicht geimpft zu spalten, spricht sich die SPÖ sehr klar - - (Bundesrat Steiner: Wir haben ja nichts gesagt! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Damen sind auch dabei!) – Ihr habt ja nicht getratscht, die Herren da (in Richtung der Bundesräte Spanring und Steiner) haben getratscht, zumindest habe ich nur sie gesehen. Die Regierung sollte aber (Bundesrat Steiner: Aber Entschuldigung, rechts sind schon nur wir!  Heiterkeit bei der FPÖ) – darüber (erheitert) können wir nachher diskutieren – geeignete Anreize schaffen, um mehr Menschen zur Impfung zu motivieren.

Wie immer an dieser Stelle: Bitte schauen Sie auf das Burgenland, machen Sie es uns nach und nehmen Sie sich ein Beispiel an Landeshauptmann Hans Peter Doskozil! (Zwi­schenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Schauen Sie und lernen Sie! Wir im Burgen­land sind auf einem guten Weg. Wir setzen auf Information und bauen die niederschwel­ligen Impfangebote aus. Österreichweit liegen wir bei der Durchimpfungsrate an der Spitze.

Um die Pandemie zu bekämpfen, bedarf es einer hohen Durchimpfungsrate in der Be­völkerung, und die Regierung muss alles dafür tun, damit alle Gruppen, für die Impfstoffe zugelassen und empfohlen sind, auch die Möglichkeit haben, sich rasch impfen zu las­sen. Dafür brauchen wir die erforderliche Infrastruktur.

Ich als Familiensprecherin meiner Fraktion werde heute natürlich die Gelegenheit nut­zen, die Sorgen, die Probleme, die Wut und die Ohnmacht vieler Familien im Land zu thematisieren – Gefühle, die diese Familien zu Recht haben, und in meinem Umfeld ken­ne ich viele dieser Familien. Und Sie, Herr Minister, kennen Sie auch diese Familien, diese kleinen Leute? (Bundesminister Kocher nickt.) – Gut! Oder sind Sie wirklich so weit weg? Nein, Sie sagen Nein, aber wir können darüber auch gerne einmal disku­tieren.

Die Familien sind wütend, fassungslos und entsetzt, nämlich darüber, was die türkise Familie unter Familienpolitik versteht. Wir wissen nur zu gut, wer eigentlich zur türkisen Familie gehört. Wenn wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten von Familien­politik sprechen, dann geht es uns um die Menschen im Land, um deren Lebenssitua­tionen und auch darum, diese Lebenssituationen zu verbessern. (Beifall bei der SPÖ.)

Kurz und Konsorten hat es nie interessiert – und das ist mehr als offensichtlich –, wie es zum Beispiel einer alleinerziehenden Mutter, die Job und Kind unter einen Hut bringen muss, geht. (Bundesrat Spanring: Richtig!) Die Chatverläufe offenbaren, wo bei den Türkisen die Prioritäten liegen: Statt mehr als 1 Milliarde Euro für den Ausbau dringend notwendiger ganztägiger Schulformen und der Nachmittagsbetreuung gibt es den glei­chen Betrag an Steuergeschenken für die Konzerne. Ich glaube, das sind allesamt Cou­sins von Ihrem Herrn Kurz, der aus meiner Sicht nach wie vor noch immer ein Schat­tenkanzler ist, denn Namen sind bei der ÖVP nur Schall und Rauch.

Sebastian Kurz ging es nie um Österreich und um die Familien im Land, sondern immer nur um sich selbst, er hat sich inszeniert. Er hat verhindert oder verhindert nach wie vor, dass sich die Lebensrealitäten für Kinder und für deren Eltern verbessern. Er hat ver­hindert, dass Maßnahmen gesetzt wurden, die einen immensen Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf geleistet hätten, und zwar aus purem Egoismus.

Meine Damen und Herren, nächste Woche begehen wir wieder den Equal-Pay-Day in Österreich. Ich denke, Sie alle wissen, was dieser Equal-Pay-Day markiert: nämlich den Tag, an dem Frauen – statistisch gesehen – gratis bis zum Jahresende arbeiten. Schau­en Sie sich einmal die Zahlen an! Den kleinsten Gap hat Wien, dann kommen schon das Burgenland und Kärnten, also lauter sozialdemokratisch geführte Länder. Niederöster­reich schneidet zum Beispiel sehr schlecht ab, Vorarlberg auch. Ich würde Sie bitten, einmal darüber nachzudenken, woran das liegen kann. Im Burgenland liegt es unter an­derem auch daran, dass wir schon großteils den Mindestlohn von 1 700 Euro netto ein­geführt haben, dass wir die pflegenden Angehörigen anstellen und dass wir den Gra­tiskindergarten eingeführt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wahrscheinlich wissen Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen, allen voran der neue Klubobmann Sebastian Kurz, nicht, für wen ein Politiker oder eine Politikerin Politik machen sollte. Ich bin Ihnen da gerne behilflich und werde Ihnen das gleich beantworten, und zwar mit einem Zitat von Hans Peter Doskozil von Anfang Oktober: „Als Spitzen­politiker kann man sich aus der Gesellschaft nicht ein genehmes Segment herausgrei­fen. Politik muss für alle da sein.“ – Das schreibe ich Ihnen heute und hier ins Stamm­buch. Übernehmen Sie endlich die Verantwortung, die Sie für die Kinder, die Frauen und die Männer in diesem Land haben! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

10.45

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. Ich erteile ihr das Wort.