16.23

Bundeskanzler Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Be­reits letzte Woche hatte ich die Möglichkeit, Ihnen von diesem Platz aus die aktuellen Maßnahmen zu erklären und um Unterstützung unter den vernünftigen Kräften in diesem Bundesrat zu werben. Heute, eine Woche später, muss ich leider feststellen, dass eine Fraktion in diesem Haus immer noch nicht den Ernst der Lage erkannt hat. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Steiner: ORF-Gala!) Wenn Mitglieder (die Bundes­rätInnen Steiner und Steiner-Wieser: Live is life!), ganz offen gesagt, Herr Bundesrat, wenn Mitglieder in diesem Hohen Haus ohne mit der Wimper zu zucken einen direkten Konnex zwischen der notwendigen und herausfordernden Bekämpfung der Pandemie und den Gräueln des Naziregimes herstellen, dann ist das schlicht widerwertig. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Spanring: Ja, ja, ja!) Das ist nicht nur widerwertig, sondern es zeugt auch von einem Geschichtsbild und einer Gedankenwelt, die zutiefst verstörend und zutiefst erschreckend sind. (Bundesrat Hübner: Das ist scheinbar das einzige ..., was euch einfällt, wenn ...!)

Wenn Versammlungen und Demonstrationen stattfinden und die Teilnehmer von einem ganz wesentlichen Grundrecht in jeder pluralistischen Demokratie Gebrauch machen, nämlich von der Versammlungsfreiheit, dann ist das das eine. Wenn aber Demonstra­tionen stattfinden, die nicht mehr gegen die Politik oder gegen eine Maßnahme der Politik gerichtet sind (Bundesrat Hübner: Sondern?), sondern die vor Krankenhäusern stattfinden, die gegen das medizinische Personal gerichtet sind, bei denen das medizi­nische Personal, das seit 18 Monaten Außergewöhnliches leistet, beschimpft wird (Bun­desrat Hübner: Das stimmt ja nicht alles, das sind alles Erfindungen!), und wenn mitt­lerweile die Polizei unsere Krankenhäuser bewachen muss, dann ist für mich eine rote Linie überschritten, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Ich bin ja froh, dass zumindest einige namhafte Vertreter Ihrer Partei Sie ja in der Zwischenzeit selbst zur Vernunft aufrufen, und ich hoffe, dass Sie diesen namhaften Vertretern Ihrer eigenen Partei auch Gehör schenken, denn genauso wie wir in der Bundesregierung haben auch Sie eine Verantwortung. (Bundesrat Spanring: Die wissen wir aber eh selber!) Sie spüren sie vielleicht nur nicht, aber auch Sie haben eine Verantwortung für unser Land und für unsere Bevölkerung.

Ganz offen gestanden: Die einzigen Geisterfahrer in der Pandemie sind Sie. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Sie stehen hier, und Ihre Äußerungen werden, da Sie immer verzwei­felter werden, immer schriller. In der Zwischenzeit rufen Sie schon alle Medien auf, alle politischen Kräfte, alle Wissenschaftler. (Bundesrat Spanring: Alle Wissenschaftler, genau!) Merken Sie nicht, dass Sie sich immer mehr in ein Eck begeben – in ein Eck der Unvernunft, in ein Eck der Verunsicherung, in ein Eck der Verhetzung? Ganz offen: Ich lade Sie ein, ich bitte Sie, kommen Sie wieder zurück, werden Sie sich Ihrer demokratie­politischen Verantwortung bewusst und werden Sie sich bewusst, was Sie in dieser Pandemie, in der Bekämpfung dieser Pandemie für einen Schaden anrichten! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Steiner: Die Rede hat mit der Realität nichts zu tun!)

Ich komme nun zur Beantwortung der Fragen.

Zu den Fragen 1 bis 6, 8 bis 10, 15, 19, 20, 22, 27 und 28:

Wie Ihnen hinlänglich bekannt ist, finden zurzeit intensive Gespräche mit Expertinnen und Experten sowie Vertretern aller konstruktiven politischen Kräfte in diesem Land statt. Die finale Erarbeitung eines Gesetzentwurfes für eine allgemeine Impfpflicht ist wesent­licher Bestandteil dieser Gespräche. Dieser soll nächste Woche in Begutachtung gehen.

Zur Frage 7:

Siehe dazu das Urteil Vavřička und andere versus Tschechische Republik vom 8. April 2021.

Zur Frage 11:

Nein.

Zur Frage 12:

Im Unterschied zu Vertretern der FPÖ vertraue ich auf die Aussagen anerkannter Wis­senschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Zur Frage 13:

Die neue Virusvariante Omikron wird gerade weltweit sehr genau beobachtet. Die Welt­gesundheitsorganisation der UNO hat klargestellt, dass die derzeit verfügbaren Impfstoffe weiterhin das entscheidende und wirksame Mittel sind, um schwere Verläufe der Covid-Erkrankung zu verhindern. Zudem hat die Pharmaindustrie bereits bekannt gegeben, dass sie, sollte sich das überhaupt als notwendig erweisen, sehr rasch einen ange­passten Impfstoff zur Verfügung stellen kann.

Zur Frage 14:

Derzeit wird mit einer Zulassung in den nächsten Monaten gerechnet. Allerdings ap­pelliere ich dringend an alle, sich bereits jetzt mit den zugelassenen Impfstoffen impfen zu lassen.

Zur Frage 16:

Österreich hat über das Joint Procurement des Steeringboards der Europäischen Kommission Verträge mit Astra Zeneca, Biontech/Pfizer, Moderna, Johnson & Johnson, Sanofi, Novavax und Valneva abgeschlossen.

Zur Frage 17:

Der Inhalt der Verträge ist vertraulich und unterliegt der Verschwiegenheit.

Zur Frage 18:

Ja.

Zur Frage 21:

Die FPÖ hat bereits im Vorfeld durch zahlreiche Wortspenden dargelegt, dass sie keinen konstruktiven Beitrag zu diesem Vorhaben leisten will oder leisten kann.

Zur Frage 23:

Es ist mit keinen beziehungsweise nur mit sehr geringen Auswirkungen zu rechnen.

Zur Frage 24:

Ich verweise dazu auf meine Antwort von letzter Woche.

Zu den Fragen 25 und 26:

Es entspricht dem Stand der Wissenschaft, dass bei Geimpften und Genesenen zum einen die Übertragung des Virus verringert ist und zum anderen deutlich weniger schwere Verläufe zu verzeichnen sind. Diese Personen sind somit nicht gleichzusetzen mit Personen, bei denen diese Voraussetzungen nicht vorliegen. Deshalb ist eine Differen­zierung nach dem Gleichheitsgrundsatz zulässig.

Ich darf weiters darauf hinweisen, dass der Besuch von Bildungseinrichtungen durch Schüler und Personal sowie das Aufsuchen von Arztpraxen und Spitälern durch Patien­ten zu keinem Zeitpunkt für nicht geimpfte Personen untersagt war. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Doch, das gibt’s jetzt!)

Zur Frage 29:

Der Gesundheitsminister hat gemeinsam mit den für den Bereich der Krankenanstalten zuständigen Mitgliedern der Landesregierungen und mit der Sozialversicherung laufend daran gearbeitet, die Ressourcen im Gesundheitssystem derart zu planen und aufzu­set­zen, dass eine flexiblere Steuerung jederzeit möglich ist, um damit auch außer­gewöhn­liche Ereignisse, die einen höheren Kapazitätsbedarf erfordern, bewältigen zu können.

Zu den Fragen 30 bis 33:

„Licht ins Dunkel“ ist die größte humanitäre Hilfskampagne in Österreich. Ich habe in mei­ner Funktion als Bundeskanzler gemeinsam mit dem Bundespräsidenten, dem Vizekanzler und anderen Mitgliedern der Bundesregierung an der Licht-ins-Dunkel-Gala teilgenom­men, die vom ORF mit strengen Sicherheitsbestimmungen organisiert wurde.

Ich habe 3 Stunden lang am Telefon Spenden gesammelt und die Telefonate auch dazu genützt, um mit Menschen zu reden, die Fragen zur Pandemie, zur Impfung oder zu den Lockdowns hatten. Über 3 Millionen Euro an Spenden wurden an diesem Abend ge­sammelt. (Vizepräsidentin Schwarz-Fuchs übernimmt den Vorsitz.)

Zur Frage 34:

Die Inzidenz sinkt kontinuierlich. Es gibt daher Grund zur Hoffnung. Gemeinsam mit den Expertinnen und Experten wird die Situation laufend evaluiert, um so möglichst rasche und vollständige Öffnungsschritte sicherstellen zu können. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.30

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Vielen Dank.

Ich begrüße auch noch die neu Hinzugekommenen, Frau Bundesministerin Raab und Herrn Staatssekretär Brunner. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)