17.05

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen vor den Bildschirmen! Willkommen im Bundesrat – auf eine gute Zusammenarbeit und auf ein gemeinsames Ringen für gute Lösungen, die nämlich schon da sind! Ich möchte später auf die Zusammenarbeit vor allem mit dem Herrn Innenminister zurückkommen.

Gleich zu Beginn möchte ich aber etwas ansprechen, das in den letzten Tagen gelungen ist, das auch ein Teil der Lösung ist, nämlich angesichts der Klimakrise, und das ist das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, dem nun die Steine aus dem Weg geräumt worden sind, wobei auch Sie, Herr Finanzminister Brunner, etwas dazu beigetragen haben. Jetzt fehlen noch die Länder zur Umsetzung.

Ich möchte hier auch ein Hoch auf die ökosoziale Steuerreform aussprechen, denn zum ersten Mal wird CO2 bepreist, und auch das ist ein Mittel gegen die Klimakrise. Die CO2-Bepreisung ist aber nicht nur ökologisch, sondern sie ist auch sozial abgefedert, und das schauen sich auch schon andere Länder von uns ab.

Liebe Kolleginnen von der SPÖ! Wenn man die Steuerreform 2015/2016 mit der heutigen vergleicht und sich das niedrigste Einkommenszehntel anschaut, sieht man, dass damals die Entlastung 1,5 Prozent betrug; heute beträgt sie 3,5 Prozent, fast das Dreifache. (Beifall bei BundesrätInnen der Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Genau das Soziale in Verbindung mit dem Ökologischen ist ein gesellschaftspolitisch wichtiger Punkt. Herr Brunner hat schon gesagt, dass wir da aus den Erfahrungen in Frankreich gelernt haben, und auch der Herr Bundeskanzler hat schon gesagt: Die ökosoziale Steuerreform ist so konzipiert, dass sie alle Menschen mitnimmt, indem sie klimaschädliches Verhalten schrittweise und absehbar bepreist. Sie schafft einen Ausgleich – mit dem Stichwort Klimabonus –, der Menschen mit niedrigem Einkommen besonders zugutekommt, und sie schafft Anreize – Stichwort Förderungen und Investitionen –, wie der Herr Vizekanzler heute schon ausgeführt hat.

Dadurch können sich die Menschen in ihren Lebensgewohnheiten und Verhaltens­weisen langsam und leichter anpassen. Das fällt uns Alten wesentlich schwerer als den Jungen, die oft weit fortschrittlicher sind, was den Klimaschutz betrifft.

Frau Plakolm, Sie sagten es in einem Interview: Klimaschutz ist eine Querschnitts­materie, die alle unsere Lebensbereiche umfasst, und auch das wird von den Jungen schon weit klarer gesehen und gelebt. – Da freut es mich, dass es nun ein eigenes Staatssekretariat als Sprachrohr der Jugend für die Umsetzung ihrer Bedürfnisse gibt. Dafür alles Gute, Frau Staatssekretärin!

Von der Jugend ist es nicht weit zur Bildung, die schon in der Elementarbildung anfängt, wir haben es heute schon gehört, und deren PädagogInnen einen leider weit unter­schätzten Wert in unserer Gesellschaft haben. An der Verbesserung der Arbeitsbedin­gungen müssen wir weiter arbeiten.

Bildung ist, wie es der Herr Bundesminister schon gesagt hat, das Um und Auf, aber vor allem auch mediale Bildung, denn wir müssen bedenken, dass die Jungen sich fast ausschließlich auf sozialen Plattformen bewegen, und die sind leider voll von alternativen Fakten.

Das Bundesministerium für Bildung trägt auch Forschung und Wissenschaft im Namen. Das wird von Ihnen, Herr Polaschek, wieder einem Mann aus der Lehre, übernommen; und das ist gut so, denn Forschung und Lehre und Wissenschaft müssen gerade heute in der gesellschaftlichen Akzeptanz wieder gestärkt werden. Auch dafür alles Gute!

Nun möchte ich auf die eingangs angesprochene Zusammenarbeit eingehen, nämlich auf die von mir schon öfter positiv erwähnte Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Justiz und Inneres in Sachen Gewaltschutz für Frauen.

Auch da geht es um Sicherheit, nämlich um die Sicherheit von Frauen. Ich weiß, ich wiederhole mich, aber es ist mir ein wichtiges Anliegen und es ist ein wichtiges Thema, das der Wichtigste hier heute unter uns, nämlich Herr Innenminister Karner, noch nicht gehört hat.

Lassen Sie mich dazu ein bisschen mehr ausführen, um diese Wichtigkeit auch zu unterstreichen, wie Frau Kollegin Gruber-Pruner es schon erwähnt hat: Österreich hat eine schrecklich hohe Rate an Frauenmorden, und doppelt so viele Morde an Frauen wurden versucht. Unzählige Gewalttaten an Frauen sind leider nicht erfasst.

Was aber das Erschreckende ist, ist, die meisten Gerichtsverfahren diesbezüglich werden eingestellt. Warum werden sie eingestellt? – Weil es an Beweisen mangelt und weil zu wenige Beweise gesucht, aufgenommen und gesichert werden. Da ist die Justiz genauso wie die Polizei gefordert, und daher ist meine eindringliche Bitte an Sie, Herr Karner: Bleiben Sie bei der Zusammenarbeit zwischen Justiz und Polizei und intensivieren Sie sie, intensivieren Sie sie vor allem im Bereich der Beweissicherung, denn da gibt es noch recht viel Luft nach oben!

Wir haben die Istanbulkonvention unterzeichnet, das ist das Übereinkommen zur Ver­hütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und von häuslicher Gewalt. Durch diese Unterzeichnung und Ratifizierung haben wir uns zu genauen Ermittlungen und zur umsichtigen Strafverfolgung verpflichtet. Warum? – Weil es das wesentliche Mittel ist, Gewalt zu verhindern, da eine erfolgreiche Verfolgung immer Präventivcharakter hat, also potenzielle Täter von Straftaten abhält.

Die Justizministerin schult und sensibilisiert derzeit das richterliche Personal und sie hat auch eine sehr praxisnahe Richtlinie bezüglich Nachforschung und Beweisaufnahme herausgegeben. Nun geht es auch um die Polizei, darum, diese zu schulen und zu sensibilisieren. Opferschutzeinrichtungen weisen zum Beispiel immer wieder darauf hin, dass bei einer Anzeige zu spät auf die Rechte von gewaltbetroffenen Frauen hinge­wiesen wird. Genau diese Opferschutzeinrichtungen helfen aber auch in der Beweis­sicherung, denn wenn Gewalterfahrung angezeigt wird, ist das eine aufwühlende Situ­ation, und in dieser Situation sind eben die Opferschutzeinrichtungen sehr hilfreich.

Nutzen Sie, lieber Herr Innenminister, die Hochrisikofallkonferenzen, denn Opferschutz­ein­richtungen und Täterberatungen liefern oft hilfreiche Hinweise, und es ist vor allem die Polizei, die diese Fallkonferenzen einberufen kann. Die Polizei muss hinschauen, hin­hören und vor allem muss sie aufschreiben, denn jedes Schriftstück hilft in einem Verfahren.

Noch bewegen sich die Gefährder in einem Umfeld, das Gewalt als männliches Attribut anerkennt und Gewalt sogar als Ausdruck von Liebe definiert. Noch fällt es zu leicht, dass Opfer zu Täterinnen gemacht werden und noch viel zu viele Verfahren wegen Mangels an Beweisen eingestellt werden. Zuverlässige Ermittlungen und gut geführte Verfahren aber haben abschreckende Wirkung auf potenzielle Täter, und daher müssen wir diesen Hebel, dessen Motor die Beweissicherung ist, betätigen, um Gewalttaten und Morde an Frauen zu verhindern.

Abschließend möchte ich noch einen Appell senden, den auch der Herr Bundeskanzler heute betont hat: Arbeiten wir zusammen daran, dass diese Pandemie endlich beendet wird, und arbeiten wir aber auch zusammen, um die gesellschaftliche Spaltung zu been­den! Bemühen wir uns darum, wieder in Beziehung zu treten und unsere erhitzten Gemüter zu beruhigen! Schwenken wir um auf wertschätzendes und auf faktenbasiertes Diskutieren!

Es beunruhigt nämlich, glaube ich, uns alle zutiefst, wie derzeit immer mehr und immer bedrohlicher gegen Menschen gehetzt wird, die sich für die Impfung und unsere Gesundheit einsetzen, die impfen, betreuen und behandeln (Zwischenrufe bei der FPÖ), die aufklären und informieren, die forschen, beobachten und analysieren. Diese Men­schen werden zu Feindbildern erklärt. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Es wird ihnen unterstellt, in böser Absicht und für böse Mächte zu handeln (Zwischenruf des Bundesrates Hübner), sie bekommen Drohbriefe, und es wird vor ihren Privat­wohnhäusern und vor Krankenhäusern demonstriert. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Hübner.) Im Netz wird zu Gewalt aufgerufen, und Gewalt wurde auch schon angewendet. Verfassungsschützer warnen davor, dass die Gewalt eskaliert. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Daher hier mein Appell vor allem an die FPÖ: Ja, steigen Sie aus der Gewaltspirale aus! Beruhigen Sie, ermuntern Sie die Menschen, wieder aufeinander zuzugehen! (Bundes­rätin Steiner-Wieser: Das darf aber keine Einbahnstraße sein!) Rufen Sie zum Impfen auf! Nehmen Sie, aber nehmen auch wir alle die Verantwortung für die Aufrechterhaltung des gesellschaftlichen Friedens in diesem Land wahr! Weihnachten ist eine gute Zeit dafür. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Bundesrates Appé.)

17.14

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sonja Zwazl. Ich erteile es ihr.