9.52

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Christine, ich wünsche dir natürlich im Namen unserer ÖVP-Bundesratsfraktion alles Gute für deine Präsidentschaft. Engagement und eine Portion Hartnäckigkeit sind nur zwei deiner herausragenden Eigenschaften, und ich bin mir sicher, die sind auch ganz hilfreich für die bevorstehende Präsidentschaft. Ich hoffe, du kannst diese intensive Zeit auch etwas genießen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Grimling.)

Lieber Herr Landeshauptmann, lieber Markus, herzlich willkommen bei uns im Bundes­rat! Lieber Peter, auch bei dir möchte ich mich noch ganz herzlich für deine Präsident­schaft im Namen unserer Fraktion bedanken.

Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Bundesrat! Liebe Besucher auf der Besucher­galerie – heute haben wir ordentlich Verstärkung aus Vorarlberg mitgebracht! Liebe Zu­seher daheim! Bei der Rede unseres Landeshauptmannes ist mir eines aufgefallen: Er und ich, wir haben mit dem Großteil aller Vorarlbergerinnen und Vorarlberger eines ge­meinsam, nämlich: Wir sind stolz auf unser Ländle. Und stolz sind wir auch auf unsere Spitzenathletinnen und -athleten, die in den nächsten Wochen in Peking um paralympi­sche und olympische Medaillen kämpfen werden. Zwölf Athletinnen und Athleten stellt Vorarlberg, so viele Sportler wie noch nie in der Geschichte.

Wenn man bei einem so wichtigen Wettkampf – in einem Sportlerleben ist das wahr­scheinlich das Ereignis – am Start steht, gehen einem oft die absurdesten Gedanken durch den Kopf. Die einen visualisieren ihren Sieg und sehen sich schon auf dem Sto­ckerl, manche gehen nochmals die perfekte Technik, den perfekten Schwung durch und wieder andere hören Musik.

Meine Herangehensweise bei den Paralympics vor vier Jahren war die: Ich dachte an Vorarlberg. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und Grünen.) So weit weg von der Heimat – ich war in Pyeongchang in Südkorea –, mitten im Nirgendwo, getragen von dem großen Zuspruch, den vielen Daumendrückern und Glückwünschen von daheim – viele sind mitten in der Nacht aufgestanden, um mir live via Fernsehen zuzusehen –, fühlte ich mich ganz besonders gestärkt und getragen, mein absolut Bestes zu geben. Und wenn man dann erfolgreich ist, ein gutes Rennen, einen guten Wettkampf absolviert hat oder vielleicht sogar eine Medaille holen kann, dann ist das natürlich die Krönung und immer ein Produkt daraus, dass ganz viele Menschen gemeinsam Verantwortung übernommen haben. Durch ihre Taten, durch ihr Einbringen, durch ihr Daumendrücken haben sie ihren Anteil am Erfolg geleistet. So ist das im Sport und so ist es auch in der Politik, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.

Gemeinsam in Verantwortung, das ist ja der Leitsatz, den Vorarlberg für seinen Länder­vorsitz gewählt hat. Verantwortung übernehmen ist nicht nur jetzt das Gebot der Stunde, in dieser schwierigen Zeit der Pandemiebewältigung, sondern auch darüber hinaus. Und dass die Vorarlberger in der Vergangenheit durchaus schon gezeigt haben, dass sie Verantwortung durch ein wirklich konstruktives und gemeinsames Zusammenspiel ver­schiedenster Akteure übernehmen können, das zeigen auch einige Beispiele.

Vorarlberg zählt nämlich zu den stärksten Wirtschaftsregionen Europas; die Basis für unsere starke Wirtschaftskraft ist eine überdurchschnittlich starke Industrie. Wir haben wettbewerbsfähige Gewerbe- und Handwerksbetriebe und eine starke Tourismuswirt­schaft. Die Region Arlberg ist als die Skiregion wahrscheinlich jedem von euch ein Begriff.

Vorarlberg ist darüber hinaus Exportchampion. Wir haben heute schon gehört, erfolgrei­che Regionen sind immer auch erfolgreich im Exportieren: 76 Prozent der in Vorarlberg produzierten Waren werden jenseits der Landesgrenzen verkauft. Damit liegt Vorarlberg weit über den Exportländern Deutschland und Schweiz.

Diese hohe Exportquote ist auch das Ergebnis einer besonderen Innovationskraft. Vor­arlberg belegt Platz sieben der innovativsten Regionen weltweit. Die OECD sagt, wir liegen auch nur ganz wenig hinter der Region Massachusetts; Vorarlberg – Massachu­setts, das ist also schon ein ordentlicher Vergleich, denke ich. (Heiterkeit der Bundesrä­tInnen Zwazl und Kornhäusl.) Diese große Innovationskraft zeigt sich aber beispiels­weise auch in der Patentstatistik. Das Bundesland Vorarlberg gehört bei Patentanmel­dungen beim Europäischen Patentamt regelmäßig zu den top fünf in Europa.

Ein weiterer Wesenszug und auch Erfolgsfaktor der Vorarlberger Wirtschaftslandschaft sind die zahlreichen Familienbetriebe: 93 Prozent aller Unternehmen in Vorarlberg sind in Familienhand. Das begünstigt auch ein loyales Miteinander zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber; gemeinsam wird mit viel Fleiß und einer hohen Produktivität an Lösun­gen gearbeitet.

Wir haben es schon gehört: Die höchste Lehrlingsquote im Bundesländervergleich unter­streicht auch den Stellenwert der Lehre, den wir ihr beimessen. An die 50 Prozent aller 15-Jährigen in Vorarlberg entscheiden sich auch für eine hochqualitative Lehre.

Als einzigem Bundesland in Österreich mit einer Bevölkerung vorwiegend alemanni­scher Abstammung werden uns auch gewisse Charaktereigenschaften zugeschrieben (Heiterkeit der Bundesrätin Zwazl): Fleiß, Heimatverbundenheit, Sparsamkeit, aber auch Hartnäckigkeit.

Dass Vorarlberg durchaus hartnäckig eigene Wege beschreiten kann, das zeigen auch zwei Beispiele aus jüngster und älterer Geschichte. Vielleicht zuerst die ältere Ge­schichte, nämlich die Schiffstaufe 1964: Die Taufe eines Bodenseeschiffes brachte or­dentlich Aufruhr ins Ländle, weil das Schiff nach dem Willen des Bundes nach Karl Renner benannt werden sollte. Die Vorarlberger waren darüber ganz erzürnt, weil sie das Schiff Vorarlberg nennen wollten, und am Tag der Schiffstaufe verhinderten dann Tausende Demonstranten die Schiffstaufe, indem sie die Ehrengäste mit faulen Eiern und Tomaten bewarfen. Der damalige Verkehrsminister Probst musste umdrehen, da die Polizei nicht mehr für seine Sicherheit sorgen konnte. Das führte im Nationalrat na­türlich zu heftigen Debatten, die große Koalition zwischen SPÖ und ÖVP wurde infrage gestellt. Fast ein halbes Jahr später ließ sich aber der Bund erweichen und das Schiff durfte tatsächlich auf den Namen Vorarlberg getauft werden. Das war ein wirklich starkes Symbol für Föderalismus und für die Eigenständigkeit Vorarlbergs. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)

Ein weiteres Beispiel für die Eigenständigkeit Vorarlbergs gibt es in der ganz aktuellen Geschichte zu finden. Nach intensiven Verhandlungen unseres Landeshauptmanns Markus Wallner – er hat es heute schon erwähnt – und seines Teams konnte Vorarlberg als Modellregion einen weiteren Lockdown im Frühling 2021 umgehen.

Ich denke, Vorarlberg hat also schon bisher ganz klar bewiesen, dass es Verantwortung übernehmen kann, und wir werden diese nun natürlich auch im Rahmen des Ländervor­sitzes gemeinsam mit dem Bund übernehmen, um wichtige Themen anzugehen; unser Landeshauptmann hat diese bereits skizziert. Erfolge, egal ob im Sport oder in der Politik, zeigen, dass diese immer nur gelingen, wenn wirklich alle an einem Strang ziehen und gemeinsam Verantwortung übernehmen. In diesem Sinne bedanke ich mich auch bei dir, lieber Markus, für deine stets umsichtige und mit Hausverstand gepaarte Verant­wortungsübernahme für Vorarlberg, und ich wünsche dir einen erfolgreichen Länder­vorsitz. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP, bei BundesrätInnen der Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

9.59

Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat David Egger. Ich erteile dieses.