E n t s c h l i e ß u n g
des Bundesrates vom 20. November 1997
betreffend Agenda 2000
angenommen anlässlich der Debatte über den Antrag der Bundesräte Ing. Johann Penz, Albrecht Konecny und Kollegen betreffend die Agenda 2000 (102/A(E)-BR/97)
Die Bundesregierung wird ersucht,
- in der EU den Erweiterungsprozeß in Richtung Mittel- und Osteuropa zu unterstützen und sich insbesondere für die Ausarbeitung einer zielorientierten Heranführungsstrategie der Beitrittskandidaten einzusetzen;
- die Stärkung der Wirtschaftskraft Österreichs und der Europäischen Union und die Sicherung der Arbeitsplätze und des Lebensstandards als vorrangiges Ziel zu betrachten;
- bei den Verhandlungen über die Agenda 2000 die föderale Struktur Österreichs zu berücksichtigen und darauf zu achten, daß die Interessen der Regionen auch in einer erweiterten Union vertreten sind;
- auf EU-Ebene weiterhin dafür einzutreten, daß der Beschäftigungspolitik Priorität zukommt und sie bei den Gemeinschaftspolitiken der EU Berücksichtigung findet;
- im Bereich der Erweiterung der Europäischen Union dafür einzutreten, daß bei den Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten darauf geachtet wird, daß die vom Europäischen Rat von Kopenhagen im Jahre 1993 aufgestellten Beitrittskriterien - wie eine institutionelle Stabilität als Voraussetzung für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten, eine funktionsfähige Marktwirtschaft und die Übernahme der aus der Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen und der Ziele der politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion – erfüllen und den "acquis" der Union, insbesondere in sensiblen Bereich, wie der Umweltpoltik, ab dem Zeitpunkt des Beitritts anzuwenden;
- dafür Sorge zu tragen, daß in sensiblen Bereichen – wie der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Dienstleistungsfreiheit oder der Gemeinsamen Agrarpolitik – flexible Übergangsfristen vereinbart werden;
- sich dafür einzusetzen, daß seitens der Europäischen Union die soziale Dimension im Zusammenhang mit der Osterweiterung stärker als bisher berücksichtigt wird und die Übernahme der sozialen Mindeststandards der Europäischen Union auch als eine der Anforderungen an die Beitrittskandidaten formuliert wird;
- sich bei den Verhandlungen über die Agenda 2000 dafür einzusetzen, daß die vorgesehenen EU-internen Reformmaßnahmen nicht zu einer Verschlechterung der Nettozahlerposition Österreichs führen;
- sich dafür einzusetzen, daß die Kosten der Osterweiterung von allen derzeitigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und nicht nur von den Nettozahlern getragen werden;
- für spezifische Instrumente zur Unterstützung für die von der Erweiterung betroffenen Grenzgebiete im Osten der Union einzutreten;
- im Bereich der Strukturpolitik dafür einzutreten, daß die beabsichtigte und begrüßenswerte Reduktion der struktur- bzw. der regionalpolitischen Zielgebiete von derzeit 7 auf 3 zu einer Vereinfachung der Verwaltungsabläufe und einer klareren Zuordnung der Zuständigkeiten innerhalb der Kommission führt und mit der Neudefinition der Ziele brauchbare Förderkriterien aufgestellt werden, die den unterschiedlichen Problembereichen im städtischen und im ländlichen Gebiet Rechnung tragen;
- sich ferner dafür einzusetzen, daß die Ausgabenbeträge für die Strukturfonds als Ausgabenobergrenzen definiert werden;
- darauf hinzuwirken, daß bei den Verhandlungen über die Agenda 2000 und bei der geplanten Erweiterung der Union die Entwicklung der gesamteuropäischen Arbeitsmarktlage berücksichtigt wird;
- die Beschäftigungspolitik insbesondere Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit, zur Förderung der Ausbildung und Qualifikation und des lebenslangen Lernens weiterhin als politische Priorität der Europäischen Union und ihrer Mitgliedsstaaten zu forcieren und für eine verstärkte Koordinierung im Bereich der Wirtschaftspolitik der Mitgliedsstaaten und konkrete Schritte im Bereich der Steuerharmonisierung einzutreten;
- in den Verhandlungen über die gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union die multifunktionale und nachhaltige Aufgabenstellung einer flächendeckenden bäuerlichen Landwirtschaft, wie sie in Österreich existiert, als Leitbild für die Landwirtschaft der Union vorzuschlagen;
- sich gegenüber der Europäische Kommission dafür einzusetzen, daß die Kommission bei der Vertretung der Interessen der europäischen Landwirtschaft im Rahmen der WTO gegen die völlige Liberalisierung der Agrarmärkte und den damit einhergehenden Preisverfall eintritt;
- im Interesse Österreichs und zum Zweck der Sicherung der Arbeitsplätze am Bauernhof und im ländlichen Gebiet für die Absicherung der gegenwärtigen Finanzierungsregeln der Gemeinsamen Agrarpolitik der Union und der Absicherung der agrarischen Strukturförderung einzutreten.