1682/J-BR BR
DRINGLICHE ANFRAGE
 
der Bundesräte Hager
und Genossen
an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
betreffend die Fertigstellung des Semmering - Basistunnels
Der im Masterplan des Bundesverkehrswegeplans ausgewiesene Semmering-Basistunnel ist
für den leistungsfähigen Ausbau der Südbahn dringend erforderlich, um für das starke
Verkehrsaufkommen eine Alternative zum Straßentransport zu bieten. So wird sich entlang
der Südbahnachse bis 2015
• der Personenverkehr verdoppeln, d.h. 15.000 bis 20.000 PKW pro Tag mehr das
hochrangige Straßennetz belasten
• der Güterverkehr nach/von Österreich um das 1,5 fache steigen und sich der
Gütertransitverkehr verdreifachen
Werden keine leistungsfähigen Schienenverbindungen errichtet, so wird dies insbesondere für
die Bundesländer Steiermark und in Kärnten wirtschaftlich und gesellschaftlich negative
Entwicklungen auslösen. So wird in einer Studie der österreichischen
Raumordnungskonferenz die Prognose aufgestellt, dass ohne gegensteuernde Maßnahmen mit
einem bis zu 30%igen Bevölkerungsrückgang in den obersteirischen Zentralräumen mit
einem Bevölkerungsanteil von 400.000 BewohnerInnen zu rechnen ist. Die
Konkurrenzfähigkeit der beiden Bundesländer in allen Wirtschaftsbereichen wäre gefährdet.
Aus diesem Grund ist es nur natürlich, dass der größte Teil der Bevölkerung Steiermarks und
Kärntens entschieden hinter dem Projekt Semmering - Basistunnel steht. Ebenso haben sich
wichtigere Repräsentanten der Wirtschaft, der Industrie und des Tourismus für dieses Projekt
ausgesprochen.
Der Semmering - Basistunnel ist ein wichtiger Bestandteil des vom Ministerrat und vom
Nationalrat beschlossenen Masterplans zum Bundesverkehrswegeplan. Darüber hinaus haben
die betroffenen Länder den Semmering-Basistunnel in ihren Landesverkehrskonzepten
berücksichtigt und seine Errichtung gefordert:
• Die Kärntner Landesregierung hat im Mai 1991 an das "Kärntner Memorandum"
beschlossen: Dieses enthält das dringende Ersuchen, die bestehende Südbahn auszubauen,
um die unzumutbaren Fahrtzeiten zwischen Kärnten und der Bundeshauptstadt sowie
den Bundesländern Niederösterreich und Steiermark erheblich kürzen zu können. Dazu
zahlt auch der Bau des Semmering-Basistunnels."
• Im "Steirischen Gesamtverkehrsprogramm" wird die rasche Realisierung des Semmering -
Basistunnels gefordert. Der Bau des Semmering - Basistunnels sowie die
Linienverbesserung von Bruck/Mur nach Graz sowie der Bau der Koralmbahn und die
Zweigleisigkeit Graz - Spielfeld - Strass zählen zu den Hauptforderungen des Landes
Steiermarks an den Bund bezüglich der Südbahn."
• Auch im niederösterreichischen Landesverkehrskonzept 1991 war der Bau des
Semmering - Basistunnels mit hoher Priorität enthalten. Erst im neuen
niederösterreichischen Landeskonzept 1996 fehlt der Semmering - Basistunnel.

Tatsache ist, dass die Länder Steiermark und Kärnten im Schnittpunkt der großräumigen Ost -
West - Verbindungen und internationaler Nord - Süd - Verbindungen liegen, und damit ein
bedarfsgerechter Ausbau der Verkehrsverbindungen und eine Anbindung an die
Transeuropäischen Netzwerke (TEN) erfolgen muss.
Die Steiermark als ein dynamisches Zentrum im Südosten Europas nimmt eine
Drehscheibenfunktion zwischen Nordwest - und Südeuropa ein. Die verkehrsgeografische
Lage des Landes im Bereich des Alpenhauptkammes und des südlichen Alpenvorlandes ist
eine wesentliche Rahmenbedingung für die steirische Verkehrspolitik. Die Steiermark braucht
daher umso mehr leistungsfähige Verkehrsverbindungen zu den Wirtschaftszentren im
übrigen Österreich und zu Wirtschaftspartnern in ganz Europa.
Für Kärnten in seiner innerösterreichischen südlichen Randlage ist durch eine Verbesserung
der Nord - Süd - Verbindung die Anbindung zum ostösterreichischen Zentralraum und nach
Italien zu verbessern und durch Ausbau der Tauernachse die strategisch überaus günstige
Lage als Gateway zu den Balkanstaaten zu nützen.
Das verkehrspolitische Ziel muss darauf ausgerichtet sein, durch den Ausbau der Infrastruktur
die Randlagennachteile endgültig zu überwinden und die südlichen Regionen Österreichs
näher an die großen europäischen Absatz - und Produktionsmärkte zu bringen. Nur mit einer
europareifen Verkehrsinfrastruktur kann die neue Standortqualität in den betroffenen Ländern
gesichert und weiterentwickelt werden.
Die verkehrspolitischen Anliegen Kärntens wurden in verschiedenen Beschlüssen der
Landesregierung und des Landtages mehrfach klargelegt.
Die Ziele der Steiermark sind seit 1991 im Steirischen Gesamtverkehrsprogramm
festgeschrieben. Allein zwei Drittel der Investitionskosten von insgesamt 90 Milliarden
Schilling, die für die Umsetzung dieses steirischen Verkehrswegprogrammes erforderlich
sind, werden dabei für die Modernisierung des Eisenbahnnetzes benötigt. Dieser Schwerpunkt
in der Vernetzung mit den anderen Verkehrsträgern entspricht auch dem europäischen
Grundsatz der Verlagerung von der Straße auf die Schiene.
Dies gilt für
• die Anbindung an internationale Verkehrsachsen,
• die Verlagerungsmöglichkeit für Gütertransporte,
• die Erreichbarkeit von Ballungszentren (Pendlerproblematik)
• die Aufschließung von strukturschwachen Regionen,
• die Umweltsituation.
Um das Umfahren der Wirtschaftsstandorte Steiermark und Kärnten sowie
volkswirtschaftliche Nachteile für Österreich zu vermeiden, ist der forcierte Ausbau der
Hochleistungsstrecken und der Hauptbahnen unabdingbar. Es handelt sich dabei insbesondere
um Bahnprojekte, die auch im Rahmen des Entwurfes eines Bund - Land - Vertrages von der
steirischen Landesregierung einstimmig vom Bund eingefordert werden:
• Neue Südbahn - Semmeringbasistunnel
• Neue Südbahn - Container Terminal Graz - Süd/Werndorf
• Neue Südbahn - Koralmtunnel
• Die Weiterführung der Koralmbahn über Klagenfurt bis Villach
• Pyhrnbahn - Lückenschluss Schoberpass (Furth - Kalwang)
• 2. Gleis Graz - Spielfeld (Adria - Anschluss), mit Flughafenverbindung
• Ostbahn - Ausbau
• Zügiger Ausbau der Tauernachse
• Neue Südbahn Trassenverbesserung Graz - Bruck
• Ennstalbahn selektiv zweigleisiger Ausbau
Der Semmering - Basistunnel hat sich hinsichtlich Errichtungszeiten und Kosten in allen
Expertenuntersuchungen von den drei Hauptvarianten mit Untervarianten, der Pontebbana -
Achse über den Semmering, der Südost - Spange und der Umfahrung über das ungarische
Staatsgebiet nach Graz als beste Variante herausgestellt. Dabei wurden die untersuchten
Varianten danach beurteilt, wie gut sie vor allem folgende Kriterien erfüllen:
• Kapazität für die zukünftigen Anforderungen im Gütertransport
• Verbesserung im Personenverkehr hinsichtlich Fahrzeit und Anbindung
• Sicherung Österreichs als Drehscheibe in Zentraleuropa
• Rasche Wirksamkeit
• Kosten- /Nutzenrelation
Der Semmering - Basistunnel stellt die kostengünstigste Lösung dar. Die Süd/Ost - Spange ist
mindestens fünfmal so teuer bei minimal erzielbarer Fahrzeitersparnis, wobei ein
ausreichender Landschaftsschutz kaum zu gewährleisten ist. Der Ausbau der Strecke
außerhalb Österreichs, in Ungarn, würde für Österreich schwere Standortnachteile nach sich
ziehen. So wäre mit der Abwanderung von Betrieben nach Ungarn zu rechnen. Darüber
hinaus würde der Ausbau einer Güterverkehrsumfahrung über Ungarn hohen
Investitionskosten erfordern, denen keine beschäftigungswirksamen Effekte in Österreich
entgegenstehen. Die Verlagerung des Güterverkehrs und Neuadaptierung der Ghega - Strecke
für den Personenverkehr wiederum stellt keine Maßnahme dar, die den Wirtschaftsstandpunkt
für Österreich sichern kann und ist darüber hinaus nach der Erklärung zum Weltkulturerbe
technisch nur bedingt möglich.
In den immer wieder behaupteten Problemen hinsichtlich der Beeinträchtigung des
Wasserhaushaltes im Semmering Gebiet durch den Bau des Eisenbahntunnels lässt sich
Folgendes feststellen:
Im Semmering Gebiet fallen laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik pro Jahr
durchschnittlich 94,6 Millimeter Niederschlag. Bei etwa 100 km² Fläche sind das 94,6 Mrd.
Liter, der Verbrauch von Wien in mehr als neun Monaten. Dieses Wasser fließt
normalerweise ungenutzt über die Schwarza im Norden und die Mürz im Süden ab. Die aus
dem Sondierstollen gepumpte Menge ist dagegen verschwindend gering.
Demgegenüber weist der Semmering - Basistunnel nachstehende Vorteile auf:
1. Eine Streckenverkürzung vom mehr als 40 %
2. Eine Verkürzung der Reisezeit von 30 Minuten. So würde sich mit Semmering -
Basistunnel und Neigezugtechnik die Fahrzeit von Wien nach Graz um 1 Stunde, die
Fahrzeit von Wien nach Villach um 1 Stunde und 40 Minuten im Personenverkehr
verkürzen.
3. Eine bestmögliche Eignung für alle Formen des Güterverkehrs und des kombinierten
Verkehrs.
4. Eine hohe Ersparnis bei Betriebs - und Erhaltungskosten
5. Eine für die Erhaltung der Ghegabahn dringend notwendige Entlastung
6. Eine Lärmreduktion in der Tourismusregion Semmering
 
Umso bedauerlicher ist es, dass das Land Niederösterreich durch entsprechende
naturschutzrechtliche Bescheide den Bau des Semmering - Basistunnels verzögert hat.
Der Verfassungsgerichtshof hat in einem Erkenntnis vom 25. Juni 1999 nach einem
Gesetzesprüfungsverfahren den § 2 des niederösterreichischen Naturschutzgesetzes als
verfassungswidrig aufgehoben und gleichzeitig bestimmt, dass der § 2 des
Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes in der Fassung vor der Novelle LGBl. 5500 - 5
wieder in Kraft tritt.
Die oben angeführte Novelle zum niederösterreichischen Naturschutzgesetz war im Jahr 1997
durch den Niederösterreichischen Landtag verabschiedet worden, um das
naturschutzrechtliche Verfahren betreffend den Bau des Semmering - Basistunnels einen
politisch gewünschten Ausgang zuführen zu können. Durch das danach ergangene Erkenntnis
des Verfassungsgerichtshofes wurde diese Anlassgesetzgebung im Sinne einer geordneten
Rechtsstaatlichkeit als verfassungswidrig erklärt und der alte Rechtszustand als Maßstab für
die weitere Abwicklung des naturschutzrechtlichen Verfahrens wieder eingeführt.
Gemäß einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist als nächster Schritt ein neuer
naturschutzrechtlicher Bescheid von der Landesregierung Niederösterreich zu erlassen.
In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass am 28.4.1998 von den
Bundesräten Johanna Schicker, Alfred Gerstl, Erhard Meier, Dr. Paul Tremmel, Peter Rieser,
Wolfgang Hager, Ing. Peter Polleruhs, Dr. Vinzenz Liechtenstein, Josef Pfeifer, Engelbert
Weinharter, Franz Richau, Harald Repar, Dr. Peter Harring an den Bundesminister für
Wissenschaft und Verkehr eine Anfrage betreffend Notwendigkeit der Errichtung des
Semmering - Eisenbahntunnels als unverzichtbare Infrastrukturinvestitionsmaßnahme für
Steiermark und Kärnten eingebracht wurde.
In dieser bekannten sich die unterzeichneten Bundesräte dazu, dass für die Bundesländer
Steiermark und Kärnten die Errichtung des Semmerings - Basistunnels eine existenzielle Frage
sei. Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem stellte in seiner
Beantwortung fest, dass die Bundesregierung zu dem für Österreich und vor allem für den
Süden Österreichs unverzichtbarem Projekt eines Semmering - Basistunnels stehe.
Nach widersprüchlichen Äußerungen zum Semmering - Basistunnel von Ihnen als neuer
Bundesminister, haben Sie sich in einem Fernsehinterview am Dienstag, den 15.2.2000
eindeutig zum Bau des Semmering - Basistunnels bekannt. Gleichzeitig kündigten Sie an,
definitive Entscheidungen "so rasch wie möglich" treffen zu wollen.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten an den Bundesminister für Wissenschaft und
Verkehr nachstehende

Anfrage:


1. Wie stehen Sie zu den derzeit bestehenden Beschlüssen der Bundesregierung über den
Bau des Semmering - Basistunnels?
2. Finden sie es gerechtfertigt, dass im Bundesverkehrswegeplan der Semmering -
Basistunnel ausgewiesen ist?
3. Welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen, um eine rasche Realisierung des
Semmering - Basistunnels voranzutreiben?
Wann werden Sie diese einzelnen Maßnahmen setzen?
4. Welche definitiven Entscheidungen (laut Ihrer eigenen Aussage) werden Sie konkret
wann treffen?
5. Was werden Sie unternehmen, um die unterschiedlichen Positionen der Bundesländer,
insbesondere der Steiermark und Kärnten einerseits, und Niederösterreich andererseits, in
Einklang zu bringen?
6. Haben Sie schon Termine mit Vertretern dieser Länder in der Sache Semmering -
Basistunnel vereinbart?
Wann werden Sie wen treffen?
7. In welcher Weise werden die Bundesländer Steiermark, Kärnten und Niederösterreich in
die weiteren Arbeiten eingebunden werden?
8. Welche Möglichkeiten bestehen, nach Vorlage der Genehmigung die Bauzeiten
abzukürzen?
Wie sehen diese Möglichkeiten im Detail aus?
9. Wann wird der Semmering - Basistunnel endlich zur Verfügung stehen?

 
 
Unter einem wird gem. § 61 Abs. 3 GO - BR verlangt, diese Anfrage vor Eingang in die
Tagesordnung dringlich zu behandeln.

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