1699/J-BR BR
Anfrage
der Bundesräte Prof. Konecny und Genossen
betreffend Veröffentlichung eines Briefes in Tschechien
an den Bundeskanzler
Die Prager Tageszeitung "Lidove noviny" hat in ihrer Ausgabe vom 17.3.2000 einen von
Ihnen verfassten Brief veröffentlicht, der ihr vom Briefempfänger, dem Vorsitzenden der
ODS Vaclav Klaus übergebenen worden war.
In diesem Brief bringen sie ihre "Angst" zum Ausdruck, dass "die 14 europäischen Führer
innerhalb der Europäischen Union eine große Krise hervorgerufen haben, was sich bereits auf
der bevorstehenden Regierungskonferenz über die institutionellen Reformen bemerkbar
machen kann."
Weiters heisst es in diesem Brief: "Wir haben die Reaktionen der Kandidatenländer aus
Mittel - und Osteuropa aufmerksam beobachtet, die die gemeinsame Erfahrung mit der
politischen Einmischung von außen haben".
Abgesehen davon, dass in - nach Meinung der Anfragesteller unzulässiger Art und Weise -
die Beschlüsse der "14" zu einer "Krise der EU" umgedeutet werden und eine durch nichts
nachvollziehbare Theorie aufgestellt wird, diese "Krise" könne den positiven Verlauf der
bevorstehenden Regierungskonferenz behindern, überrascht vor allem der letzte zitierte Satz:
Den Denkgesetzen folgend, kann die gewählte Formulierung nur zum Ausdruck bringen, Sie
seien der Auffassung, die Reaktionen aus den Ländern Mittel - und Osteuropas auf die
Beschlüsse der "14" würden auf den dort gegebenen Erfahrungen mit "politischer
Einmischung" aufbauen. Diese Denkfigur ist aber nur dann sinnvoll, wenn die EU mit der
ehemaligen Sowjetunion und deren Agieren in ihrem Machtbereich gleichgesetzt wird. Es
erstaunt - soferne man nicht eine Ansteckungswirkung Haider‘scher "Sprüche" unterstellt - ,
dass der Bundeskanzler der Republik Österreich, dem zudem diplomatische Erfahrung nicht
abgesprochen werden kann, offensichtlich andeuten will, der Protest der "14" gegen die
Bildung der blau - schwarzen Regierung sei mit der "Breschnew - Doktrin" und der Vornahme
militärischer Interventionen gleichzusetzen.
Die zumindest missverständlichen Formulierungen dieses Briefes veranlassen die
unterzeichneten Bundesräte zu nachstehenden

Anfragen:


1. Ist der in "Lidove noviny" veröffentlichte Brief tatsächlich von Ihnen?
2. Haben Sie Ihre Zustimmung zur Veröffentlichung dieses Briefes gegeben?
Falls der Brief authentisch ist:
3. Welche Anzeichen für eine "Krise" in der EU sehen Sie?
4. Wie begründen Sie Ihre Auffassung, die gegen die österreichische Bundesregierung
gerichteten Beschlüsse der "14 europäischen Staatsmänner" könnten sich bei der
bevorstehenden Regierungskonferenz - nachteilig . bemerkbar machen?
5. Welche Begründung können Sie für Ihre Formulierung geben, die die Beschlüsse der "14"
mit der Politik der ehemaligen Sowjetunion gegenüber deren ehemaligen osteuropäischen
Satelliten - Staaten gleichsetzt.
6. Sind Sie bereit, sich gegenüber den "14 europäischen Staatsmännern" für diesen Vergleich
zu entschuldigen?

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HTML-Dokument erstellt: Mar 30 13:03