2011/J-BR BR


Eingelangt am: 30.07.2002

ANFRAGE


der Bundesräte Prof. Konecny
und Genossinnen
an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend Herbeischaffung aller notwendigen Unterlagen für die Prüftätigkeit des kleinen
Untersuchungsausschusses des Nationalrates

Nach der Aufregung über den Ausspruch des Finanzministers, dass er das Parlament
auffordere, keine Sommerpause einzulegen, sondern durchzuarbeiten, ist jedenfalls eines
festzuhalten: Die SPÖ wollte im kleinen Untersuchungsausschuss des Nationalrates das
Abfangjägergeschäft der Bundesregierung hinsichtlich der Entscheidungsfindung, der
Finanzierung sowie der Kompensationsgeschäfte überprüfen. Ein diesbezügliches Verlangen
wurde am 27. Juni 2002 eingebracht. Die beiden Klubobmänner der beiden
Regierungsfraktionen Khol und Westenthaler haben die Zulässigkeit dieses Verlangens mit
der Behauptung, dass dieser Gegenstand auch vom Rechnungshof geprüft wird, bestritten.

Dieser Behauptung von FPÖ und ÖVP hat infolge der Präsident des Rechnungshofes
widerlegt und festgestellt, dass zum gegenständlichen Verlangen der Abgeordneten
Dr. Gusenbauer, Dr. Cap, Dr. Kräuter, Mag. Gassner, Genossinnen und Genossen keine
Prüftätigkeit des Rechnungshofes anhängig ist. Durch diese Verzögerung von Khol und
Westenthaler konnte dem kleinen Untersuchungsausschuss kein Auftrag gegeben werden,
auch in der tagungsfreien Zeit Sitzungen durchzuführen und den Prüfauftrag zu verfolgen.

hu Interesse der Steuerzahlerinnen, die zu 77 % laut neuester Umfrage diesen unnötigen und
teuren Beschaffungsvorgang ablehnen, aber auch im Interesse von Finanzminister Grasser
sollen daher auf diesem Weg die notwendigen Unterlagen herbeigeschafft werden, damit mit
Tagungsbeginn am 16. September 2002 der kleine Untersuchungsausschuss seine Arbeiten
unmittelbar aufnehmen kann.

In der Ausgabe der Zeitschrift Profil vom 22. Juli 2002 wurden unter dem Titel "Typhoon-
Warnung" schwerste Vorwürfe gegen die EADS-Manager, Magna-Europa-Chef Siegfried
Wolf, Finanzminister Karl Heinz Grasser, die Mitglieder der Bewertungskommission im
Verteidigungsministerium, den Ex-FPÖ-Bundesgeschäftsführer und nunmehrigen
Agenturbesitzer Gernot Rumpold und seine Gattin sowie FPÖ-Klubchef Peter Westenthaler
erhoben.

In einer Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft wurde diesen Personen der
Verdacht des Amtsmissbrauchs, der Anstiftung zum Amtsmissbrauch, der Untreue und des
schweren Betruges vorgeworfen.

Einer der zentrale Vorwürfe richtet sich dabei auch an die gesamte Bundesregierung. Im
Wortlaut: "Die Öffentlichkeit und der Ministerrat wurden bewusst mangelhaft und falsch
informiert, der Ministerrat hatte keine vollkommene Akteneinsicht." Das bedeutet im
Klartext, dass die Entscheidung der Bundesregierung - also auch Ihre Entscheidung - auf
unvollständigen und falschen Informationen beruht.

Das lässt auch den Schluss zu, dass die Bundesregierung, basierend auf "diesen" Unterlagen,
naturgemäß eine falsche Entscheidung treffen musste. Fazit: Die Anzeiger rechnen vor, dass
sich die Republik Österreich bei einer Entscheidung für den Gripen 640 Millionen Euro an
Steuergeldern erspart hätte.

Dies steht völlig im Widerspruch zu den bisherigen, etwas nebulösen Aussagen, wonach die
Anschaffung des Gripen ungefähr gleich teuer, wie jene des Eurofighters gekommen wäre.

Ein weiterer fragwürdiger Punkt ist, dass die Öffentlichkeit hinsichtlich der
Kompensationsgeschäfte vom Finanzminister getäuscht wurde. Er hatte ausgeführt, dass der
Magna-Konzern bei einem Zuschlag für Eurofighter oder für Gripen jeweils
Kompensationsgeschäfte im selben Umfang erhalten hätte. Dem widersprach die
Tageszeitung "Die Presse" (l 1.7.2002): "Aus den Unterlagen der Bewertungskommission
geht allerdings hervor, dass beim Gripen-Kauf keinerlei Folgeaufträge für die Magna
vorgesehen wären." Alles in allem sehr bedenkliche Widersprüche, die auf Interventionen
schließen lassen.

Aus all dem Gesagten ist es unbedingt und sofort notwendig, alle Zahlen, Daten und Fakten
vorzulegen und diese zu überprüfen, um einen hohen finanziellen Schaden für die Republik
Österreich abzuwenden.


Die unterzeichneten Bundesräte richten an Sie nachstehende

Anfrage:

1. Welche Aktivitäten haben Sie und Ihr Ressort im Zusammenhang mit der Beschaffung
von Kampfflugzeugen seit 4. Februar 2000 in chronologischer Auflistung gesetzt?


2. Welche Anordnungen oder Weisungen haben Sie in diesem Zusammenhang gegeben?
3. Welche Rechtsgrundlagen wurden für den Ausschreibungsvorgang gewählt?
4. Wann wurde Ihnen der Ausschreibungstext im Original vorgelegt?
5. Haben Sie diesen in der Bundesregierung genehmigt?
6. Wann wurden Ihnen die eingelangten Angebote im Original vorgelegt?
7. Haben die einzelnen Angebote der Ausschreibung entsprochen?

8. Wurden Ihnen die Aufträge zur Nachbesserung der Angebote sowie in Folge die
nachgebesserten Angebote vorgelegt?

9. Wie war das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit in die Bewertung der
Angebote eingebunden?

10. Welche Unterlagen der Bewertungskommissionen samt Aktenzahl wurden Ihnen wann
zugeleitet?

11. Hat sich eine zwingende Entscheidung für einen Anbieter aus der militärischen
Bewertung ergeben?
Wenn ja, welche?
Wenn nein, welche Konsequenz hat sich daraus ergeben?


12. Wie hat Ihr Ressort die Bewertung der Kompensationsgeschäfte organisiert?
13. Welche externen Sachverständige waren in die Bewertung eingebunden?
14. Welches Ergebnis hat/haben die Bewertungskommission/en erbracht?

15. Welche Geschäfte wurden von den einzelnen Anbietern im Gegengeschäftsbereich fix
angeboten, d.h. welche können sofort umgesetzt werden?

16. Welche Kompensationsgeschäfte kann der Magna-Konzern aus dem Ankauf des
Eurofighters lukreieren?

17. Welche Kompensationsgeschäfte hätte der Magna-Konzern aus dem Ankauf des Gripen
oder des F16 erhalten?

18. Mit welchen Firmenvertretern der Anbieter hatten Sie oder Ihre Ressortbediensteten
Kontakt?


19. Wann fanden diese Gespräche statt?

20. Was waren die Ergebnisse dieser Gespräche?

21. Gibt es darüber Protokolle?
Wenn ja, wie lauten diese im Original?

22. Welche Finanzierungsvarianten wurden Ihnen als Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit für die Entscheidung für den Eurofighter zugrunde gelegt?

23. Welche Kosten entstehen für die Republik Österreich, jeweils aufgegliedert nach
Anbietern und Finanzierungsvarianten?

24. Können Sie als Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ausschließen, dass es im
Rahmen dieses Geschäftes zur Leistung von nützlichen Aufwendungen oder zur
Leistung von Provisionszahlungen kommen wird?


25. Wird in den Vertrag eine Klausel aufgenommen werden, die solche Leistungen
verbietet und im Falle einer Erbringung von solchen Leistungen den Vertrag auflöst?

26. In der Zeitung "Kurier" vom 18. Juli 2002 wird behauptet, dass die Regierung nunmehr,
um Kosten abzufangen, nur mehr 18 statt 24 Kampfflugzeuge kaufen will.
Wann hat die Bundesregierung diesen Beschluß gefasst und welches Mitglied der
Bundesregierung hat einen diesbezüglichen Vorschlag unterbreitet?


27. Haben auch die anderen Anbieter Anbote mit 18 Kampfflugzeugen gelegt?
28. Wenn nein, warum nicht?

29. Welche Bewaffnungsvorschläge für den Eurofighter wurden Ihnen als Bundesminister
für Wirtschaft und Arbeit vorgelegt?


30. Welche Kosten werden damit verbunden sein?

31. Wurden auch diesbezüglich Kompensationsgeschäfte in Aussicht genommen?
Wenn ja, in welchem Umfang?
Wenn nein, warum nicht?

32. Welche Schätzung der jährlichen Wartungskosten wurde Ihnen für den Eurofighter vom
Bundesminister für Landesverteidigung übermittelt?


33. Wie hoch sind dabei die Personalkosten und wie hoch ist der Sachaufwand?

34. Welche Überbrückungslösung bis zur Lieferung der neuen Kampfflugzeuge wurde
Ihnen vom Bundesminister für Landesverteidigung vorgelegt?


35. Welche Kosten werden daraus entstehen?

36. Welche Akten wurden in Ihrem Ressort für die gegenständliche Beschaffung angelegt
(Aktenzahl, Betreff, Aktenlauf)?

37. Welche Unterlagen - insbesondere zur Bewertung der Kompensationsgeschäfte - haben
die Mitglieder der Bundesregierung für ihre Entscheidungsfindung bekommen?

38. Ist Ihnen bekannt, ob der Bundeskanzler diese Unterlagen für den Ministerrat auf
Vollständigkeit und Richtigkeit überprüfte oder überprüfen ließ?

39. Haben Sie ergänzendes Material angefordert?
Wenn ja, welches?

40. Werden Sie als Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und als insbesondere für die
Kompensationsgeschäfte zuständiger Minister einen Stopp der Beschaffungsaktion
anordnen, um diese ungeheuerlichen Vorwürfe, die Regierung hätte auf Basis von
falschen Grundlagen ihre Entscheidung getroffen, vollständig und umfassend
aufzuklären?
Wenn nein, warum nicht?

41. Ist Ihnen bekannt, ob der Finanzminister unmittelbar vor der Entscheidung durch die
Bundesregierung am 2. Juli 2002 Kontakt mit Vertretern des Magna-Konzerns gehabt
hat und dort Kompensationsgeschäfte thematisierte?


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