Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 64

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leicht enttäuscht, daß sich der Jubel über diese Regierungserklärung seitens der Opposition in Grenzen hält, und ich kann das auch irgendwie nachvollziehen. Ich muß allerdings hinzufügen: Wenn wir skeptisch sind, so sind wir es nicht deshalb, weil wir von Haus aus alles als schlecht bezeichnen oder heruntermachen wollen, was die Regierung sagt, sondern weil wir feststellen müssen, daß diese große Koalition doch unter einer mangelnden Glaubwürdigkeit leidet.

Herr Vizekanzler, der Sie in Vertretung des Herrn Bundeskanzlers da sind, eines muß ich Ihnen schon sagen: Alles oder zumindest vieles von dem, was Sie in dieser Regierungserklärung ankündigen, haben wir seit 1987 wieder und wieder gehört. (Abg. Dr. Khol : Nicht alles!) Lieber Kollege Khol, die Glaubwürdigkeit steigt natürlich nicht gerade, wenn ein Spitzenrepräsentant dieser Koalitionsparteien, nämlich der Klubobmann der ÖVP, auch noch wortwörtlich sagt, die Reformen seien rechtzeitig eingeleitet worden – das hast du wortwörtlich gesagt! (Abg. Dr. Khol : Richtig!) Du hast dich sogar dazu hinreißen lassen, davon zu sprechen, die Sanierung nach den Konvergenzkriterien wäre erreicht. Also davon kann ja wirklich nicht die Rede sein. (Abg. Dr. Höchtl : Zwischen 1987 und 1992 sicherlich der Fall! – Abg. Dr. Khol : Goldene Worte!) Goldene Worte, aber sie sind deshalb so unglaubwürdig, weil Ihr Vizekanzler, Herr Dr. Schüssel, noch im vergangenen Herbst, im September, davon gesprochen hat, daß wir vor einem drohenden Staatsnotstand stehen. – Nach acht Jahren großer Koalition, am 22. September, Kollege Khol, spricht der Vizekanzler von einem drohenden Staatsnotstand?!

Aber noch ärger ist der jetzt nicht anwesende Alt-Staatssekretär im Finanzministerium und jetzige Wirtschaftsminister, der es immerhin zustande gebracht hat, unlängst im Wahlkampf... (Abg. Dr. Khol : Ihr befaßt euch nur mit der Vergangenheit, nicht mit der Zukunft! Kein Konzept!)

Wenn ihr euch für die Vergangenheit lobt, dann muß man sich damit auseinandersetzen, aber ich komme schon zur Gegenwart – sei beruhigt! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Lieber Kollege Khol! Wirtschaftsminister Ditz (Abg. Dr. Khol: Guter Mann!) hat noch im vergangenen Herbst gemeint – in einer Fernsehsendung, vor Millionen Österreichern! –, er möchte keinem dritten Schwindelbudget seine Hand leihen. Er hat von seinem "dritten Schwindelbudget" gesprochen. (Abg. Dr. Khol: Das war der Vizekanzler!) Noch ärger: Der zweithöchste Repräsentant ... (Abg. Dr. Khol: Nichts von dem stimmt, was du sagst! In den Details ist alles falsch!)

Kollege Khol! Ein Spitzenrepräsentant einer Koalitionsregierung, die seit neun Jahren an der Macht ist, nämlich der Vizekanzler – ich berichtige – spricht davon, daß es drei Schwindelbudgets gegeben hat. Das ist ein starkes Stück, und deshalb ist die Glaubwürdigkeit dieser großen Koalition, was ihre Reformbereitschaft, was ihre Effektivität betrifft, nicht groß. Das wirst du zur Kenntnis nehmen müssen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Schauen wir uns jetzt die laut Aussage des Kollegen Khol bereits stattgefundenen Strukturreformen an. Es gibt nämlich eine ganze Reihe sehr grundlegender jahre-, wenn nicht jahrzehntelanger Probleme in dieser Republik, die diese große Koalition als Sanierungspartnerschaft zu lösen versprochen hat. Aber es scheint ja geradezu so zu sein, daß diejenigen, die diese Strukturreformen durchführen sollten, auch diejenigen sind, die die Ursache für die wirklich großen Probleme dieses Staates sind.

Meine Damen und Herren! Schauen wir uns das einmal im öffentlichen Dienst an: Der öffentliche Dienst belastet den Bundeshaushalt mit weit über 200 Milliarden Schilling. Warum diese hohe Belastung , warum diese überproportionale Steigerung in den vergangenen Jahren?

Ganz einfach: Diejenigen, die in diesem Bereich das Sagen hatten – nämlich die ÖVP mitsamt ihrem ÖAAB, sie und ihre FCG-Kameraden – sind verantwortlich dafür, daß in diesem Land seit Jahrzehnten keine Verwaltungsreform stattgefunden hat. Gerade die ÖVP hat einen Minister nach dem anderen, von Neisser abwärts, in der Regierung verbraucht. Konzepte wurden erstellt (Zwischenruf des Abg. Dr. Höchtl ), aber, lieber Pepi Höchtl, es waren eure Personalvertreter, die "njet!" gesagt haben und die verhindert haben, daß es zu einer Verwaltungsreform kommt. Das ist die Realität. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Höchtl: Haben sich nicht der Sigi Dohr und die gesamte Kollegenschaft verantwortungsbewußt benommen?)


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