Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 89

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Das Neue und wirklich Unangenehme und Beunruhigende war, daß man das erklärte Ziel gehabt hat, daß das, was im außerparlamentarischen Raum verhandelt worden ist, vom Parlament ohne Abänderung, also ohne Punkt und Beistrich zu ändern, abgesegnet werden muß. Das war das erklärte Ziel der Koalition. (Abg. Dr. Graf: Und vom Fischer!) Welch traurige Rolle der Herr Präsident in diesem Zusammenhang gespielt hat, das auszuleuchten, fehlt mir die Zeit und auch die Lust. Ich sage dazu nur: Hader (der Redner deutet auf das Präsidium) , er ist so ein Haderianer, Demokratie is ollas, solang mir am Drücker san, weil dann hammas leiwand! – Mehr möchte ich dazu nicht sagen. (Abg. Mag. Steindl: Da sitzt der eigene oben! – Abg. Eder: Da sitzt ein anderer Präsident!) Damit es keinen Irrtum gibt, ich rede von Ihrem Präsidenten Fischer, dem Ersten Präsidenten dieses Hauses, der dazu nicht nur die Hand gereicht, sondern auch gesagt hat (Abg. Huber: Wozu haben wir einen Dritten?), das werden wir schon machen, das werden wir schon durchsetzen, das wird schon so laufen.

Drittens: Fristsetzungsantrag bei Budgetberatungen. Solange ich im Parlament bin, hat es das nicht gegeben. Ob es das vorher gegeben hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Es ist jedenfalls nicht alltäglich, will ich damit sagen.

Viertens: Zusammenpferchen von normalerweise acht bis neun Wochen dauernden Budgetberatungen, die für ein Budget von Mitte Oktober bis Mitte Dezember laufen, auf vier Wochen für zwei Budgets.

Fünftens: acht Tage Ausschußberatungen für Tausende Gesetzesseiten. Es sind schon die verschiedensten Beispiele gebracht worden, wie viele Kilos, wie viele Meter, wie viele Worte, wie viele Seiten et cetera das Paket umfaßte. – Acht Tage!

Nächster Punkt: rückwirkende Gesetze.

Nächster Punkt: Ausschaltung der Prüfungsmöglichkeit des Verfassungsgerichtshofes durch eine Ansammlung von Verfassungsbestimmungen, damit nichts mehr aufgehoben werden kann; auch dann nicht, wenn es verfassungswidrig sein sollte. Das ist ein Grundprinzip jedes Rechtsstaates, Ihnen ist das egal, Sie fahren drüber, Rechtsstaat hin, Rechtsstaat her. Hauptsache, wir haben die Mehrheit, und solange wir am Drücker sind, ist alles Demokratie. – Hader-SPÖ. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich wende mich deshalb so liebevoll an die linke Seite des Hauses, weil ihr seid immer so bemüht, euch als die Erfinder der Demokratie hinzustellen, als die Wahrer der Demokratie (Abg. Parnigoni: Sind wir auch!), als die Beckmesser der Demokratie, aber wenn es darauf ankommt, haltet ihr es mit Hader, sonst bleibt nichts von eurem Demokratiebegriff übrig. Dies nachzuweisen, macht mir zunehmend Lust und Laune, weil es wirklich auffällig bis unschön ist, was hier ans Tageslicht kommt.

Wie immer Sie das sehen mögen: Das ist Steinzeitdemokratie, bestenfalls Steinzeitdemokratie – aber nicht das, von dem Sie sonst in Ihren Sonntagsreden immer sprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Zur Sache selbst auch noch einige Anmerkungen, nicht nur zur Vorgangsweise. Sie haben treffsicher den denkbar schlechtesten Zeitpunkt für den zugegebermaßen ersten ernstgemeinten Schritt nach zehn Jahren zur Budgetsanierung gewählt. Warum?

Erstens: Sie haben sich dazu eine Konjunkturflaute ausgewählt. Sie haben sie nicht wirklich gewählt, sondern Sie haben die Dinge so lange schleifen lassen, bis Ihnen nichts anderes mehr übriggeblieben ist, als jetzt – wenn nicht jetzt, wann denn sonst, Konjunktur hin, Konjunktur her – Budgetsanierungsschritte setzen zu müssen.

Zweitens: Sie haben treffsicher den schlechtesten Zeitpunkt deshalb gewählt, weil Sie so lange gewartet haben, bis neben der notwendigen Budgetsanierung auch noch die außerordentlich hohen Beitrittskosten Österreichs zur Europäischen Union angefallen sind.


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