Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 109

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

und daß zudem das Investitionsklima gestört war durch währungspolitische Instabilitäten, die es in den letzten Jahren in Europa gab.

Es stellt sich daher nicht nur für Österreich, sondern für ganz Europa die Frage: Wie kommt man zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum, das auf die Entwicklung von Massenkaufkraft gestützt ist? Und da, meine ich, gibt es gerade jetzt einige positive Entwicklungen. Es gibt die niedrigsten Realzinsen seit 1949 vor allem in Deutschland, was doch dazu führen wird, daß die Investitionen in einem stärkeren Maße wieder greifen werden. (Abg. Dr. Lukesch: Sind Sie Keynesianer?) Nicht lupenrein, aber es gehört dazu, Herr Kollege Lukesch! (Abg. Dr. Lukesch: Kennen Sie die Theorie der Liquiditätsfalle?) Diese Theorie ist mir bekannt, Herr Kollege! (Abg. Dr. Lukesch: Das ist ein historischer Moment, in den Österreich hineinzugeraten droht, wenn wir nicht auf der Kostenseite sehr aufpassen!)

Auf die Kostenseite komme ich noch zu sprechen, Herr Kollege Lukesch, aber Sie werden mir doch zustimmen, daß die nun gesunkenen Zinsen eine wesentliche Veränderung sind, eine Veränderung in Richtung eines gewissen Investitionsklimas.

Sie werden mir wohl auch darin zustimmen, daß mit der Bestrebung einer europäischen Währungseinheit und damit der Zielsetzung, daß es zu stabileren Wechselkursen kommt, eine zweite wesentliche Voraussetzung geschaffen wird, nämlich ein günstiges Investitionsklima zu erreichen.

Und Sie werden wahrscheinlich gleichfalls mit mir übereinstimmen, daß mit der Entwicklung in Osteuropa ... (Abg. Ing. Reichhold: Reden Sie über das Heute!) Jetzt beschäftige ich mich mit einem Einwand des Kollegen Lukesch. – Einer nach dem anderen! (Abg. Dr. Khol: Diese Sondersitzung wird zu einer Erwachsenenbildung!) – Vor allem für die Kollegen auf der ganz rechten Seite, wie dies ja heute auch von unserem Herrn Bundesminister Hums des öfteren vorgebracht wurde.

Ich komme zu einem weiteren Punkt: Osteuropa. Sie werden mir sicherlich zustimmen, wenn ich sage, daß es mit der Integration der osteuropäischen Staaten in die Europäische Union zu einer Verstärkung der effektiven Nachfrage in Osteuropa kommen wird, vor allem auch vor dem Hintergrund der Investitionstätigkeit, die es in diesen Ländern gibt. Eine große Hoffnung auf die Entwicklung dieser Märkte in Mittel- und Osteuropa ist durchaus berechtigt.

Sie werden sich wahrscheinlich dem nicht verschließen können, was unter anderem auch als Priorität im Regierungsprogramm festgelegt wurde. Innerhalb der Europäischen Union steht die wirtschaftspolitische Orientierung derzeit nämlich sozusagen auf einem Bein, und zwar dem der Wirtschafts- und Währungsunion, während andererseits die Europäische Union noch zu keinen Vereinbarungen gekommen ist, was auf dem Beschäftigungs- und Investitionssektor gemacht werden soll.

Ich nenne als Beispiel hiefür die Finanzierung der transeuropäischen Netze, die nach wie vor in der Luft hängt. Ich füge das von Delors zur Unterstützung der kleinen und mittleren Unternehmungen vorgeschlagene Programm an. Es ist erforderlich, daß die Europäische Union wirtschaftspolitisch handelt.

In Zukunft, wenn es eine einheitliche europäische Währung, wenn es eine unabhängige europäische Notenbank geben wird, so muß diese auf nationalstaatlicher Ebene ein wirtschaftspolitisches Gegengewicht haben, und das ist in Österreich eben klar die Bundesregierung: unter Einbeziehung der Wirtschafts- und Sozialpartner. Auf europäischer Ebene verfügen wir noch nicht über eine solche Konstruktion. Ich kann mir beispielsweise nicht vorstellen, daß der ECOFIN-Rat, der Rat der Finanzminister der Europäischen Union imstande wäre, diese Funktion zu erfüllen. Delors hat vor vielen Jahren vorgeschlagen, es möge eine Wirtschaftsregierung geben, die dieser Europäischen Notenbank gegenübersteht, weil es doch darum gehe, daß die wirtschaftspolitischen Ziele in Europa ausbalanciert werden – und nicht allein die Geldwertstabilität im Vordergrund steht.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite