Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 23. Sitzung / Seite 62

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weisbar und belegbar: Erstens, weil die jungen Menschen weniger Delikte begehen, und zweitens, weil die vernünftigen Regelungen, die wir für Jugendstraftäter in diesem Hohen Haus beschlossen haben, offensichtlich positiv gegriffen haben. Ich nenne nur das Schlagwort: "außergerichtlicher Tatausgleich"!

Das ist also so positiv und so gut, daß man sich ja auch deshalb jetzt anschickt, den außergerichtlichen Tatausgleich auch für Erwachsene gesetzlich festzulegen und ihn nicht mehr nur in Form der Modellversuche, wie sie bestehen, durchzuführen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist sicher etwas Positives. Ich würde mir als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates wünschen, daß wir es – bei der hohen Häftlingszahl im internationalen Vergleich – in Zukunft erreichen würden, daß wir im Bereich der Staaten des Europarates diesbezüglich nicht mehr im oberen Drittel sind, daß Österreich nicht 85 Häftlinge je 100 000 Einwohner hat. In den Niederlanden zum Beispiel kommen nur 55, in Belgien nur 65 Häftlinge auf 100 000 Einwohner.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Ich bin schon beim Schlußsatz, Herr Präsident. All jene, die keine Insider in Justizfragen sind, würden sich bei dieser Frage sicherlich vertun: Wenn man sie fragt: Wo sitzen mehr Leute auf 100 000 Menschen im Gefängnis: in Österreich oder in der Türkei? Da würden neun von zehn sagen: in der Türkei. Ich sage Ihnen – lesen Sie es nach im Sicherheitsbericht –: In Österreich 85, in der Türkei 72. Daher müssen wir daran arbeiten, daß wir das in eine vernünftigere Relation bekommen. – Danke schön, Herr Präsident. (Beifall bei der SPÖ.)

13.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte.

13.17

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Fast bin ich versucht, die Regierung und vor allem das Justizressort, was die Häftlingszahlen anlangt, ein bißchen zu verteidigen. Es ist ein altes Thema, das sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt schleppt, aber man darf da nicht Ungleiches vergleichen, wie es sehr häufig geschieht. Willi Fuhrmann weiß ohnehin Bescheid, wovon ich reden würde, wenn ich mehr Zeit hätte.

Aber ich bin trotzdem bei meinen Vorrednern Elmecker und Fuhrmann mit meinen Ausführungen: Mir geht es nämlich darum, die Rolle, die die in Österreich befindlichen Ausländer in der Strafjustiz, beim Strafbarwerden, beim Abgeurteiltwerden, beim Sitzen spielen, näher herauszuarbeiten. Dazu genügt der Sicherheitsbericht mit seinen Tabellen nicht. Man muß sich andere statistische Unterlagen anschauen. Vor allem ist es die Häftlingsstatistik, die da einen interessanten Aufschluß gibt und die auch zeigt, wo wichtige Gründe dafür liegen, daß die Justiz überlastet ist und daß die Justiz auch nicht das Geld hat, das sie zu wirklichen Erneuerungsprojekten bräuchte, aber auch zur entsprechenden Abstützung Haftentlassener, die man ja am Rückfälligwerden hindern möchte.

Die Häftlingsstatistik – neu – 1. Februar 1996: 6 665 Häftlinge, davon 25,9 Prozent im Schnitt, also fast 26 Prozent Ausländer! – Das muß man sich schon auf der Zunge zergehen lassen! Denn insgesamt gibt es in Österreich – je nach Lesart – 10 oder 12 Prozent Ausländer. Aber unter den Häftlingen mehr als doppelt so viele. Fast 26 Prozent! Noch eklatanter macht sich diese Quote bemerkbar, wenn es um die Untersuchungshäftlinge geht. Willi Fuhrmann! Untersuchungshäftlinge, Ausländer in Österreich: 38 Prozent! Das heißt, bei einem Bevölkerungsanteil von 10, 12 oder 13 Prozent 38 Prozent Ausländer unter den Untersuchungshäftlingen im Schnitt. (Abg. Mag. Posch: Welchen Schluß ziehen Sie daraus?) Daß sie öfter straffällig werden, lieber Herr Kollege. (Abg. Mag. Posch: Wieso behaupten Sie das?) Weil ich mich auskenne bei diesem Geschäft. Aber ich erkläre es Ihnen außerhalb meiner Redezeit dann gerne auf dem Gang, damit ein Lehrer auch einmal etwas lernt von diesen Dingen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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