Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 64

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ren Jargon heißt das: um die Entlastung der Lohnnebenkosten! Aber das bedeutet, daß man eben andere Wege finden muß. (Ruf: Wertschöpfung!)

Wenn da jemand jetzt den Zwischenruf "Wertschöpfung!" macht, dann ist das schon wieder eindimensional gedacht. Wir müssen uns über die Steuerbemessungsgrundlagen, auf die das abgestellt sein soll, einigen: zum Beispiel Ressourcen, selbstverständlich Energie, aber nicht einseitig, so wie das jetzt der Fall ist. Jahrelang haben wir gehört, man kann Energiesteuern nicht einseitig einführen, obwohl damals noch die Entlastung der Lohnnebenkosten die Parallelaktion gewesen wäre. Jetzt werden die Lohnnebenkosten nicht entlastet, das heißt, der Sozialstatus wird verschlechtert, und die Energiesteuern sind trotzdem einseitig eingeführt worden. Das ist keine Umfinanzierung – das ist Fassadenrenovieren! Mein Kollege Barmüller hat das heute schon einmal gebracht.

Aber hinter der Fassade wird das Sozialsystem ausgehöhlt, es wird entkernt. Die Fassade wird regelmäßig gestrichen, die Fenster werden regelmäßig geputzt, aber dahinter werden ganze Stockwerke abgetragen, anstatt daß man sich darüber im klaren ist, daß eine neue Architektur her muß. Diese neue Architektur heißt aber ein neuer großer Grundkonsens, und da muß man zum Beispiel auch die Arbeitslosigkeit neu definieren. Aber das wäre ein Element dieses Operationskalenders gewesen, der abgelehnt wurde. Wir müssen nämlich überlegen: Ist jemand nur dann arbeitslos, wenn er vorher gearbeitet und diese Arbeit verloren hat, oder ist jemand arbeitslos, wenn er eine Arbeit sucht, aber keine findet? – Wir stellen in unserem System nach wir vor darauf ab, daß jemand, der eine Arbeit sucht, aber keine findet – wenn er vorher nicht gearbeitet hat, nicht lange genug gearbeitet hat –, als Arbeitloser nicht anerkannt und als solcher daher von uns auch nicht unterstützt wird. Und das sind die Dinge, die versäumt werden, wenn man sich nicht einmal darauf einläßt, eine Diskussion über einen Operationskalender der Bundesregierung zu eröffnen.

Lassen Sie mich noch eine abschließende Bemerkung zu den Überlegungen des Kollegen Haider machen, was die Ausländerhöchstzahlen, die Beschäftigung und die Frage der Rechtsstellung der Türken im Hinblick auf die Assoziationsübereinkommen mit der EU anlangt. Es wird bei einem anderen Tagesordnungspunkt ausführlich Gelegenheit dazu sein, darüber zu sprechen, aber eines muß ich heute und jetzt hier schon sagen: Das ist die Aufrechnung "Arbeitslose gegen Ausländer" durch die Hintertüre. Wenn ich nämlich sage: Wenn man die Ausländerhöchstzahlen einfriert oder um irgendwelche Prozentsätze im Sinne der "Türkenproblematik" senkt, die Quote senkt, einen absoluten Einwanderungsstopp verfügt, dann wird sich wie von selbst die Arbeitslosigkeit verflüchtigen, dann ist das die Aufrechnung durch Zwangsmechanik, nur funktioniert das nicht. Die Nachfrage der Wirtschaft wird eine andere als die strukturelle Arbeitslosigkeit sein, und wir würden ein total unmenschliches Ausländerrecht brauchen. Es war mir ein Bedürfnis, das jetzt hier zu sagen und es nicht unwidersprochen bleiben zu lassen, denn ich kann nicht dulden, daß unter dem Anschein, soziale Anliegen zu vertreten, die Menschenwürde von anderen mit Füßen getreten wird. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das hat doch nichts mit Menschenwürde zu tun!)

11.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

11.45

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren, die Sie uns auf der Galerie Ihre Aufmerksamkeit schenken! Hohes Haus! Da ich an das Gute glaube und für das Bessere arbeite, verstehe ich nicht ganz, warum einige Debattenredner zum Sozialbericht uns heute eine Stimmung hereintragen, die geradezu jammervoll ist. Diese werden wir nicht annehmen können, uns sie kann auch nicht hingenommen werden. Ich bin weder blauäugig noch leichtgläubig, aber ich glaube, wir haben jeden Grund, diesen Tätigkeitsbericht über die soziale Lage mit Freude und Zufriedenheit anzunehmen, und ich danke allen, die daran mitgearbeitet haben – nicht nur den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium, die dieses Werk aufgearbeitet haben, sondern allen Bürgerinnen und Bürgern, die


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