Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 198

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Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir sind damit wieder bei den Verhandlungen zu den Punkten 1 bis 8 der Tagesordnung.

Um 16 Uhr ist Frau Abgeordnete Madl unterbrochen worden. Sie erhält das Wort zur Fortsetzung ihrer Rede. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.38

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich setze dort fort, wo ich vor zirka 5 Stunden unterbrochen habe (Abg. Leikam: 5 ½!) , und zwar beim Wort "Vernunft" – ein Wort, das hier in diesem Hause etwas eigenartig gebraucht wird.

Der Herr Minister hat heute schon von Beschäftigungsoffensive gesprochen und davon, daß es ein Anliegen nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa ist, für Arbeitsplätze zu sorgen, und zwar ist dies ein Anliegen, das wirklich vorrangig ist. Aber gleichzeitig beschließt er ein Belastungs- und Sparpaket mit, das in vielen Fällen genau das Gegenteil bewirkt, nämlich die Vernichtung von noch mehr Arbeitsplätzen und keine Beschaffung. Ob das von Vernunft geprägt ist, das steht hier zur Debatte.

Ich habe zum Beispiel vor einigen Tagen mit einem Lackierer und Spengler gesprochen, der mir gesagt hat, daß er jetzt aufgrund der vielen Hagelschläge natürlich einen enormen Arbeitsanfall hat. Er könnte Tag und Nacht arbeiten, Samstag, Sonntag, denn jeder Kunde, der zu ihm kommt und dessen Auto durch den Hagel beschädigt worden ist, möchte natürlich am nächsten, am übernächsten Tag oder zumindest in einer Woche sein Auto wieder haben. – Sie wissen ja, wie das ist. Diesem Spengler ist es aber nicht möglich, dieser Nachfrage nachzukommen, weil seine 26 Mitarbeiter es nämlich ablehnen, Überstunden zu machen. Und wissen Sie, warum sie es ablehnen? – Sie sagen, wenn sie jetzt Überstunden machen, werden sie ja dafür bestraft, daß sie mehr arbeiten.

Sehen Sie, Herr Minister, das ist die Moral von der Geschichte! Das ist die Folge dessen, was Sie mit Ihrem Belastungspaket den Arbeitnehmern, die arbeitswillig sind, auferlegt haben. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie heute gesagt haben, als Sie davon sprachen, Sie wollen eine Beschäftigungsoffensive starten, Sie wollen Arbeitsplätze schaffen. – Sie machen ganz genau das Gegenteil!

Sie wissen, daß wir eine steigende Arbeitslosigkeit haben. Von 1994 bis 1996 gab es eine Steigerung von über 11 Prozent. Es gibt aber immer noch Leute, die arbeiten wollen, und diese werden dann durch das Arbeitsmarktservice vermittelt.

Jemand, der einen Facharbeiter für sein Sägewerk gebraucht hat, hat mir erzählt, daß es ihm nicht möglich war, einen geeigneten Mann zu finden, weil jene, die sich über das Arbeitsmarktservice vorgestellt haben, lauter Hilfsarbeiter und nicht fachkundig waren. Er ist dann zum Arbeitsmarktservice gegangen und hat gesagt: Ich habe einen Facharbeiter für mein Sägewerk gefordert und bekomme einen ungelernten Hilfsarbeiter. – Darauf hat dieser Mensch dort – anders kann man ihn nicht bezeichnen – gesagt, er hat beurteilt, ob in diesem Sägewerk ein Facharbeiter notwendig ist oder ob ein Hilfsarbeiter genügt.

Meine Damen und Herren! Da sitzen Leute im Arbeitsmarktservice – Herr Minister! Bitte hören Sie mir zu! –, die ihr Leben lang noch nie etwas gearbeitet haben, sich aber erfrechen, Arbeit zuzuteilen. Das ist der Skandal! Unter diesen Umständen wundert es mich wirklich nicht, Herr Minister, wenn viele Leute, die Arbeit suchen, nicht an die richtigen Stellen vermittelt werden. Und schließlich und endlich fällt das auch dem Sozialbudget zur Last.

Sie haben durch das Sparpaket auch zugelassen, Herr Minister, daß die Familien unheimlich belastet werden. Sie haben voriges Jahr zugelassen, daß die Familienbeihilfe gekürzt wird, daß die Geburtenbeihilfe entfällt, daß ein Selbstbehalt bei Schulbüchern weiterhin besteht und für Schülerfreifahrten der Selbstbehalt mit 300 S beibehalten wurden. Sie haben auch durch die Energiesteuern die Familien – ich habe es Ihnen auch bei der Budgetdebatte schon gesagt –


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