Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 30. Sitzung / Seite 66

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auch Illegale aufzugreifen und abzuschieben. Dazu stehen wir auf alle Fälle und auch dazu, die Flüchtlingseigenschaften zu überprüfen.

Herr Bundeskanzler! Ich glaube in bezug auf Recht und Unrecht eines: Man muß auch Unrecht nicht unbedingt verteidigen, denn die Zeit wird erweisen, wer recht und wer unrecht gehabt hat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.44

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz auf die Ausführungen der Kollegin Haller eingehen. Sie hat gesagt: Was ist denn dabei, wenn wir unsere Gäste sozusagen zurückschicken? – Sie hat das offensichtlich mit einer Einladung zum Kaffee verwechselt. Wenn ich jemanden zum Kaffee einlade und er trinkt vielleicht eine Tasse zuviel, dann ist es meine Sache, ob ich ihn wegschicke oder ihm keinen mehr einschenke. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Eines vergessen Sie dabei schon, liebe Frau Kollegin Haller: Menschen, die nach Österreich gekommen sind, um bei uns zu arbeiten, haben vom ersten Tag an ihre Abgaben bezahlt und haben auch einen Anspruch darauf, daß sie dann, wenn sie in eine Notlage geraten, aufgrund dieser Leistungen auch unsere Unterstützung bekommen.

Das heutige Thema lautet: "anständige Ausländerpolitik". – Wie definieren Sie Anständigkeit? (Abg. Scheibner: Fragen Sie Bürgermeister Häupl!) Ich wollte nicht meine Definition, sondern habe mir heute den Brockhaus herausgenommen und nachgeschaut ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es ist traurig, daß Sie im Brockhaus nachschauen müssen, was "anständig" heißt! Ich brauche bei "anständig" nicht nachzuschauen! Wissen Sie wirklich nicht selbst, was "anständig" ist? Wissen Sie das nicht? Das ist traurig! – Weitere Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Ich habe folgendes gefunden: "Anständigkeit: Die von einer Gesellschaft oder einzelnen Gesellschaftsschichten als Maß des zwischenmenschlichen Verhaltens von ihren Mitgliedern und Gruppen erwartete Lebensart, die Tugend der einfachen Sittlichkeit, die unabhängig von weltanschaulichen Begründungen aus menschlichen Antrieben hervorgeht. Sie zeigt sich etwa im Verzicht auf Vorteile gegenüber anderen oder im Einsatz für Mitmenschen." – Ich wollte eben wissen, was da drinnensteht, ob ich richtig interpretiere. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wie ich Anständigkeit interpretiere, das ist, bitte, meine Sache. Ich verlasse den Boden der Ordnung nicht. Ich wollte Ihnen das gegenüberstellen. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Seien Sie einmal ruhig, Herr Haigermoser! Ich wollte Ihnen das gegenüberstellen, weil das genau Ihrer Haltung widerspricht. Sie haben offensichtlich von Anständigkeit noch nie etwas gehört.

Es geht aber noch weiter. Es gibt unterschiedliche Interpretationen, meine Damen und Herren, zum Beispiel in Meyers Universallexikon. (Abg. Scheibner: Haben Sie noch ein paar Lexika? Vielleicht ein paar Tips von Donald Duck? – Weitere lebhafte Zwischenrufe und ironische Heiterkeit. – Ironischer Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber es läuft alles auf dasselbe hinaus: "Anständigkeit: Eine Verhaltensweise der Mitmenschlichkeit, die sich in der Überwindung von Egoismus und in der Kontrolle von Aggressionen in der Begegnung mit anderen Menschen in Situationen des Alltags bewährt. Sie realisiert mit Selbstverständlichkeit das in der konkreten Situation Notwendige und Angemessene, um den Menschen neben sich" – und da sollten Sie gut zuhören, denn das haben Sie noch nie gewußt – "unter Verzicht auf eigene vordergründige Vorteile zu seinem Recht kommen zu lassen."

Höchst interessant! Ich bin überzeugt, daß Wiens Bürgermeister Häupl das auch so interpretiert. Bei Ihrer Bewegung kommen mir allerdings einige Zweifel, wenn ich da etwa an die "ordentliche


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