Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 115

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Es ist dem einfachen Österreicher von der Regierungsbank aus halt einfach nicht zu erklären, daß er nunmehr ab 10 000 S Gehalt monatlich 16,25 S mehr zu zahlen hat, wenn er krank wird, und er versteht nicht, daß Sie das gleichzeitig auch noch als Solidaritätsprinzip zwischen den Gesunden und den Kranken verkaufen.

Ich und meine Fraktion sind immer davon ausgegangen, daß sich jemand einen Krankenschein dann holt, wenn er krank ist und wenn er ärztliche Hilfe braucht, und nicht dann, wenn er seinen Arzt bestechen will, damit er dann, wenn er in zehn Jahren oder in 40 Jahren krank wird, auch noch versorgt wird. Daher sind die 50 S, die eingehoben werden, eine Entsolidarisierung gegenüber jenen, die tatsächlich krank sind, und den Kranken, die bereits Leistungen brauchen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Allgemeinplätze, Herr Bundeskanzler, daß die Menschen älter geworden sind und daß daher nunmehr die Kosten im Alter in besonderer Form anfallen und die Pensionisten das Gesundheitssystem besonders in Anspruch nehmen, hätten Sie sich sparen können, denn das hat jeder, auch schon jene, die seinerzeit die Sozialversicherungen eingeführt haben, gewußt, daß mit steigender Lebenserwartung, mit steigender Alterspyramide, mit den Abnützungserscheinungen, die sich nach 35, 37 und 40 Arbeitsjahren auf dem Arbeitsplatz einstellen, auch immer mehr Krankheiten, immer mehr Alterskrankheiten auftreten.

Es gibt keinen ernstzunehmenden Sozial- und Gesundheitspolitiker, der Ihnen nicht vorgerechnet hätte, daß der Schwerpunkt Präventionsmedizin und die höhere Alterspyramide lediglich eine Verschiebung der Gesamtkosten im Gesundheitsbereich bringt. Was macht es dann für einen Sinn für jemanden, der die Solidarität bemüht, die Gruppe der Pensionisten herauszurechnen und diesen Menschen nunmehr dann, wenn sie krank werden, unsolidarisch die zu erwartenden Kosten getrennt, gesondert und zusätzlich in Rechnung zu stellen?

Ich glaube, Herr Bundeskanzler, Sie haben heute tatsächlich die Entsolidarisierungspolitik eines Sozialdemokraten vorgelebt, vorexerziert und vertreten, wie sie eigentlich einem gewachsenen Sozialdemokraten in Österreich nicht schöner und transparenter von der Tribüne aus vorzuführen war. Sie sind weit entfernt von den Wurzeln, wo Sie sich vielleicht einmal in der Nachkriegszeit im 16. Wiener Gemeindebezirk befunden haben. Sie, Herr Bundeskanzler, sitzen abgehoben auf der Regierungsbank und hören noch dazu offensichtlich auf Berater, die Ihnen nicht mehr die Wahrheit sagen, wie es den einfachen Menschen draußen tatsächlich geht, jenen, die auf Transplantationen warten und nicht das Glück haben, zweimal transplantiert zu werden, weil schon die erste Transplantation nicht mehr zeitgerecht erfolgt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben offensichtlich vergessen, Herr Bundeskanzler, wie es jenen geht, die tatsächlich auf die Krankengelder angewiesen sind in einem Staat, in dem am Ende des Jahres 1995 und am Beginn des Jahres 1996 jede einzelne Krankenversicherung freiwillig jedem eineinhalb Jahre Krankengeld gezahlt hat und in dem Sie es heute als Triumph feiern, daß Sie den gesetzlichen Anspruchsrahmen auf ein Jahr erhöhen, womit Sie aber gleichzeitig hinnehmen, daß gewisse Krankenversicherungsanstalten zwar nur 4 000 Leuten, wie Sie es richtigerweise gesagt haben, aber immerhin 4 000 Leuten nicht mehr sechs Monate länger das Krankengeld zahlen werden, wie sie es freiwillig bis dato gezahlt haben.

Das als Triumph und als Fortschritt zu feiern, Herr Bundeskanzler, halte ich jenen 4 000 gegenüber, die in Zukunft davon betroffen sein werden, sechs Monate früher ihren Fernseher verkaufen zu müssen, wie Sie Herrn Kollegen Ofner entgegengeschleudert haben, ihr Auto verkaufen zu müssen und dann vom Land in der Sozialhilfe bezahlt zu werden, für zynisch. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist nicht die Solidarität mit den 4 000, Herr Bundeskanzler, wie ich sie mir gewünscht habe (Abg. Mag. Stadler: Golfplatzmentalität!) , sondern das ist jene Verteidigungspolitik, die nicht zugeben will, daß sie vor der Wahl mehr versprochen hat, als sie nach der Wahl halten konnte. Ich bin gespannt darauf, wieweit es sich die Österreichische Volkspartei gefallen lassen wird, als Koalitionspartner nun den unsozialen Part vom Bundeskanzler zugemittelt zu bekommen. Aber


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