Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 128

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Das mit den Selbstbehalten ist so ein Ding, nicht nur bei den Pensionisten, auch bei den Kindern. Die Befreiung von der Krankenscheingebühr für Kinder ist auch noch kein soziales Kriterium – wenn wir schon darüber sprechen. Es gibt Eltern, die ein hohes Einkommen haben, die könnten sich das auch für ihre Kinder leisten. Es gibt hingegen Eltern mit niedrigen Einkommen. Es ist völlig unmöglich, danach zu differenzieren, weil das wesentlich mehr Administrationsaufwand erfordern würde als beispielsweise jetzt notwendig oder möglich gewesen wäre. Weitaus einfacher wäre eine 0,1prozentige Anhebung des Krankenversicherungsbeitrags für alle. – Das hätte etwas mehr Gerechtigkeit bedeutet als diese Selbstbehaltsregelung, als diese Regelung mit Krankenscheingebühren, die all dem widersprechen, was wir über eine moderne Orientierung von Gesundheitspolitik wissen.

Der Hausarzt soll aufgewertet werden; das ist zumindest eine große gesundheitspolitische Diskussion. Was aber machen Sie? – Der Gang zum Hausarzt wird durch die Krankenscheingebühr eher erschwert. Wir müssen uns einen Arztbesuch nicht überlegen, aber bestimmte Personengruppen schon.

Ein anderes Beispiel im Bereich der Gesundheitsreform: Vor den Wahlen wurde übereinstimmend von allen – auch von Ihnen, Herr Bundeskanzler – der Gedanke der Prävention betont. Was geschieht jetzt? – Im Abtausch mit einigem, was ausgehandelt wurde – und das weiß die Kollegin Hostasch sehr genau –, wird versprochen, daß der Arbeitnehmerschutz verschlechtert werden darf. Ist das ein Beitrag zur Prävention, Frau Kollegin Hostasch? Ist das ein Beitrag dazu, wenn ein ganz wichtiger Kernbereich des Arbeitnehmerschutzgesetzes möglicherweise in den nächsten Wochen oder Monaten fällt? Das ist der Kern des Arbeitnehmerschutzgesetzes, wo es wirklich darum geht, daß man Prävention in den Betrieben für die betroffenen Arbeitnehmer ermöglicht, und zwar durch die Evaluation von Gefahren und Risken am Arbeitsplatz. Das ist der Kern des neuen Gesetzes!

Jetzt aber wird gesagt: Im Abtausch dafür, daß ihr in dem einen Punkt nachgebt, geben wir euch bei dem anderen das Zentrum, das zentrale Kernstück des Arbeitnehmerschutzgesetzes. Und damit opfert die Sozialdemokratie – und auch die ÖVP – die Prävention.

Ich denke, Sie von der ÖVP stehen dazu, daß es auch Prävention am Arbeitsplatz geben sollte! Und das Kernstück dieser Prävention ist diese Evaluationspflicht und -verordnung. Das kann man doch nicht so einfach gegen das eine oder andere eintauschen, Herr Kollege Feurstein!

Herr Bundeskanzler! Sie haben auch gesagt, mehr Gerechtigkeit wird durch eine stärkere Berücksichtigung des Versicherungsprinzips bei den Pensionen erreicht. – Das stimmt nur zum Teil, Herr Bundeskanzler! Was Sie bis jetzt nicht erreicht, nicht in Angriff genommen haben, ist die Harmonisierung der Pensionssysteme. Das aber ist ein ganz zentraler Bereich auch für die Versicherungsorientierung. Sie wissen doch genauso gut wie ich, daß Beamte mit sehr hohem Einkommen im Vergleich zu dem, was sie an Versicherungsbeiträgen einzahlen, wesentlich mehr an Pensionsleistung ausbezahlt erhalten.

Da gibt es nicht die Orientierung an der Versicherungsleistung. Es gibt auch nicht die Orientierung an der Versicherungsleistung bei Frauen, die trotz einiger Verbesserungen, die es in den letzten Jahren gegeben hat, keine beziehungsweise nur wenig Chancen haben, jemals zu einer anständigen Pension zu kommen. Da nützen die ganzen Anrechnungen von Kindererziehungszeiten nichts, wenn es nach wie vor große Barrieren durch die 15-Jahre-Hürde für Frauen gibt, zu einer Pension, vor allem zu einer anständigen Pension zu kommen.

Da hilft mir auch das Gerede von der Versicherungspflicht und von der stärkeren Betonung der Versicherungspflicht nichts. Denn eine Frau, die nur wenige Jahre gearbeitet hat, fällt überhaupt aus dem Pensionssystem heraus. Das sind aber die Probleme, denen wir uns in der Pensionsfrage stellen müssen!

Da kann ich nur sagen: Dieser Satz, "es wurde mehr Gerechtigkeit durch stärkere Berücksichtigung des Versicherungsprinzips" erreicht, hat nichts, aber überhaupt nichts mit der Realität zu tun! Er hat nichts damit zu tun, weil in einigen Bereichen, dort, wo man sich das Geld erhofft,


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