Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 190

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Betreffend Währungsunion möchte ich folgendes festhalten: Wenn Minister Klima gemeint hat, das Ziel in der Währungsunion ist Preisstabilität und das Ziel in der Wirtschaftsunion muß Vollbeschäftigung sein, so ist das natürlich richtig und wird als normative Aussage von den Grünen wärmstens unterstützt, aber als Tatsachenbehauptung ist es offensichtlich unrichtig.

Zur Budgetsituation im Rahmen des EU-Beitritts haben wir uns wirklich schon hinreichend geäußert, jedoch hat mich Minister Klima wieder provoziert, indem er sagt: "Die fiskalischen Konvergenzkriterien des Maastricht-Vertrages entsprächen inhaltlich der budgetpolitischen Linie, die Österreich bereits lange vor dem Beitritt zur EU verfolgt hat." – Es ist richtig: lange vor dem Beitritt schon, aber kurz vor dem Beitritt und während des Beitritts eben leider nicht. Minister Klima sagt, bis 1992 gehörte Österreich zu den Staaten mit dem besten "trackrecord" bei der Erfüllung der Maastricht-Kriterien und "nur in besonders ungünstigen konjunkturellen Situationen hatten wir über 3 Prozent Defizit zu verzeichnen".

Das ist offensichtlich unrichtig. 1995 war überhaupt keine besonders ungünstige konjunkturelle Situation, sondern das höchste Defizit der Zweiten Republik mit 6,2 Prozent des BIP. – Insofern ist natürlich die positive Stellungnahme des Internationalen Währungsfonds, die hier auch mit den Worten zitiert wird: Das Konsolidierungsprogramm Österreichs sei ebenso mutig wie unausweichlich, ein bißchen ambivalent. Es ist tatsächlich mutig – das habe ich auch von diesem Rednerpult aus schon öfters gesagt; es ist, rein technisch gesprochen, ein mutiges Konzept –, aber unausweichlich war es, weil das Budget 1994/95 in dieser Weise entgleist ist.

Meine Damen und Herren! Es ist natürlich nie sehr fair, ein Programm, eine Rede oder eine Studie bezüglich eines nicht vorhandenen Inhalts zu kritisieren. Dessen bin ich mir schon bewußt, und in gewisser Weise spiegelt es natürlich meine persönlichen Präferenzen wieder. Trotzdem bin ich der Ansicht, daß wir zur Industriepolitik, Herr Minister Farnleitner und Herr Minister Klima, etwas mehr erfahren hätten können. Es hat mich auch ein bißchen gestört, daß im Rahmen einer Wirtschaftsdebatte die berühmten langfristigen Strukturreformen im Rahmen der Budgetpolitik wieder nicht ... (Abg. Dr. Frischenschlager: Die gibt’s ja nicht!) Irgendwo wird es sie im Konzept schon geben, hoffe ich zumindest! In einer Schublade des Finanzministeriums gibt es sicher etwas Derartiges. Ich frage mich nur, warum kommt es dann nie. Die Zeit vergeht. (Abg. Dr. Kier: Phantom-Schublade!) Jedenfalls haben wir über diese Themen nach wie vor nichts gehört, und ich hoffe nicht, daß das, was wir 1995 bereits erlebt haben, wieder einreißt, daß nämlich unmittelbar nach Beschlußfassung über das damalige Konsolidierungspaket eine gewisse Lähmung eingetreten ist. Das brauchen wir 1996 nicht.

Im übrigen finde ich es für die Diskussionskultur nicht unbedingt förderlich, wenn man die Rede erst unmittelbar am selben Tag erhält. Man tut sein Bestes, um es zu lesen, aber es wäre schon effizienter, wenn man die Rede wenigstens 24 oder 48 Stunden vorher zur Verfügung gestellt bekommen hätte. Denn das eigentliche Thema hätte heute auch der Bericht der Bundesregierung sein können "zur wirtschaftlichen Lage der Nation" – wie immer dieses große Dokument heißt. Niemand von uns hat es gelesen, und niemand von uns hat es angesichts der knappen Zeit lesen können.

Jetzt kann man natürlich der Meinung sein, die Wirtschaftsdebatte sei unwichtig. Ich bin nicht dieser Meinung. Wir haben normalerweise einmal im Jahr eine Budgetdebatte und diese beansprucht sehr viel Zeit. Da gibt es in der Regel keine dringlichen Anfragen, um das zu unterbrechen. Wir haben einmal im Jahr diese sogenannte Wirtschaftsdebatte, die immer – wenn ich mich nicht irre – Ende Juni, Anfang Juli stattfindet. Es wäre ohne weiteres möglich, dieses Dokument eine Woche vorher zu verteilen, sodaß man hier auch zum Bericht der Bundesregierung Stellung nehmen könnte und nicht nur zu den einzelnen Ministern. Vielleicht funktioniert das aber nächstes Jahr. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

23.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. Er hat das Wort.

23.08

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lieber Kollege Van der Bellen! Du weißt, daß ich mich immer gerne mit dir unterhalte, und auch


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