Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 54

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

auch, sagen wir es ehrlich, ein höheres Honorar –, während auf der anderen Seite jeder tut, was er will, und sich einfach ein entsprechendes Schild auf die Tür pickt? In diesem Zusammenhang bin ich für den Vertrauensgrundsatz dem Patienten gegenüber – nicht dem Arzt gegenüber. Der Patient muß wissen, daß "Primar" ein geschützter Titel ist, und nicht ein Titel, den man sich einfach irgendwie erwirbt. (Abg. Dr. Pumberger: Dafür bekommst du nicht einmal von der ÖVP Applaus!) Ich brauche keinen Applaus. Tatsachen müssen Tatsachen bleiben.

Zweitens: Es ist heute in der Debatte um das Thema "Heilpraktiker – ja oder nein?" und um ein entsprechendes Verbot gegangen. Sehr geehrte Frau Abgeordnete Haidlmayr! Ich schätze Sie persönlich sehr, muß aber sagen, daß ich von den mehr als naiven Äußerungen, die Sie im Ausschuß von sich gegeben haben, mehr als erschüttert war. Sie haben gesagt, man brauche ein Gesetz, das den Beruf des Heilpraktikers nicht verbietet, damit erstens die österreichischen Heilpraktiker nicht nach Passau abwandern müssen und damit zweitens die Naturheilkunde in Österreich endlich ihren Aufschwung erlebt.

Ich kann Ihnen sagen: Mit den Begriffen "Bio", "Natur" und "sanft" wird derartig viel Schindluder getrieben, daß ich Ihnen nur zu Vorsicht, Vorsicht und noch einmal Vorsicht raten kann. Es kann doch nicht so sein, daß man einen, der zehn Jahre lernt – ich persönlich bin jetzt insgesamt 20 Jahre in der Medizin tätig –, gleichstellt mit einem, der sich sein Wissen in Wochenendkursen binnen einem Jahr oder – wie ich es Ihnen dann beweisen werde – in Videokursen selbst erwirbt, der nie einen Patienten gesehen haben muß. Ich glaube, das ist grob fahrlässig – nicht den Ärzten gegenüber, das ist keine Verteidigung irgendeines Standes, sondern den Patienten gegenüber. Die Medizin und die Heilkunde wird immer komplizierter. Wir sollten eher danach trachten, Fehler bei den Ärzten auszumerzen als neue, noch größere zuzulassen.

Sie haben weiters gesagt, man müsse Seriöse von Unseriösen trennen. Das ist gar nicht die Frage. Es geht gar nicht darum, zwischen seriösen Heilpraktikern und unseriösen zu unterscheiden. Ich glaube, es stellt sich vielmehr die Frage: Wollen wir überhaupt einen neuen Beruf zulassen, in dem behauptet wird, nach einer Ausbildung, die ein Zehntel der Zeit braucht, über dasselbe Wissen zu verfügen wie andere, die auf Unis von Dozenten ausgebildet werden? Das ist die Kernfrage.

Viertens: Sie behaupten, es bestehe Bedarf. Natürlich können Sie jederzeit Bedarf schaffen. Wenn ich mir die Inserate durchlese, muß ich sagen, ich würde auch, wäre ich Berufsumsteiger – und die werden ja auch angesprochen –, eine Ausbildung beginnen. Da heißt es: Sie können Naturheilverfahren lernen, Psychotherapie, Tierheilpraktiker und Sportheilpraktiker werden. – Das österreichische Gesetz verbietet dies aufgrund eines Scharlatanerieparagraphen noch – aber das wird ja bald geändert werden.

Ich glaube, da werden Hoffnungen von Menschen, die Lastkraftwagenfahrer, Friseurinnen und so weiter sind, erweckt. Diese Leute müssen nicht unbedingt genial sein, um sich irgendwelche telepathischen Heilkünste erwerben zu können, sondern es werden schlicht und einfach irgendwelche Leute angeworben, eine sehr, sehr teure Ausbildung zu machen. Das sollte man nämlich auch einmal sagen: Die Ausbildung kostet, wenn man alles zusammenrechnet, weit über 100 000 S.

Ich glaube, Frau Haidlmayr von den Grünen – sie ist leider nicht da (Abg. Dr. Graf: Dafür ist Kollege Rasinger einmal da!) –, der Bürger hat in Österreich schon einen Anspruch darauf, daß er nur von besten Leuten behandelt wird.

Wenn heute die hochgeschätzte Frau Kollegin Motter vom Liberalen Forum gesagt hat, 500 Ausgebildeten werde der Garaus gemacht und 1 000 weiteren ebenfalls und sie halte dies für übertrieben, das sei wieder ein Streit zwischen Schulmedizin und Naturheilkunde, so muß ich sagen, Frau Abgeordnete Motter: Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie das logisch durchargumentieren.

Ich werde Ihnen etwas sagen: Führen wir einmal einen Naturheilpiloten ein. Würden Sie sich in einen Jumbo setzen, der von einem im Schnellsiedekurs ausgebildeten Piloten gesteuert wird? Ich würde mich nicht in so einen Jumbo setzen, wenn ich nicht weiß, ob der Pilot überhaupt eine


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite