Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 197

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und geschichtsträchtigen Aussagen und der britische Typus mit dem raschen aufeinander Eingehen, das Situationsparlament, das auch eine andere Sitzordnung hat.

Die EU ist jetzt dabei, für das Parlament eine sehr pragmatische Lösung zu finden. Wenn wir ähnlich pragmatisch vorgehen wollen, müssen wir nicht gleich den Saal umbauen. Aber wir müssen uns fragen: Wie können wir aktuell und modern sein und den neuen Anforderungen der Öffentlichkeit entsprechen? – Diesen Weg geht Österreich mit dieser Geschäftsordnung, und das ist gut so.

Apropos pragmatisch: Ein funktionierendes Parlament ist auch eine Arbeitsstätte. Das kann ich feststellen, wenn ich hier zu meiner Linken, zu meiner Rechten und auch an meine Rückseite blicke. – Angestellte, Arbeiter, öffentlich Bedienstete leisten hier Arbeit, erbringen wesentliche Dienste und tragen zum guten Gelingen unserer Gesetzes- und Kontrollarbeit bei. Daher meine ich, daß künftig arbeitsrechtliche und arbeitnehmerschutzrechtliche Normen nicht nur verabschiedet, sondern auch eingelöst werden müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich meine, daß die jetzige Geschäftsordnung die Chance gibt, diese Normen auch faktisch einzulösen, ohne daß das Ganze in Selbstausbeutung und Selbstzerstörung endet. Ich glaube, dieses Gremium sollte, wenn es sich zum Ziel gesetzt hat, daß es ein Fortschreiten auf dem Weg zu mehr Menschlichkeit und Gerechtigkeit geben soll, nicht unmenschliche Zustände herrschen lassen. Und wenn Sie jetzt und vielleicht noch ein bißchen später auf die Uhr blicken, sollten Sie überlegen, ob wir jetzt nicht in die Nähe der zuletzt genannten Einschätzungen kommen. Gegenwärtig herrschen bisweilen unmenschliche Zustände, die der Arbeit nicht förderlich sind und auch die Qualität der Gesetzgebung nicht begünstigen. Ich glaube, wir kommen mit dieser Geschäftsordnung jedoch zu einem guten Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Kontrollrechten von etwa zwei zu eins. – In Anbetracht dessen muß sich keiner beschnitten und eingeschränkt fühlen!

Zum Abschluß möchte ich noch eine mir wesentliche Anmerkung machen: Nach der neuen Geschäftsordnung wird die parlamentarische Arbeit planbarer, effizienter, transparenter, übersichtlicher, durchaus auch intensiver, wenn Sie an die Ausschußarbeit denken. Diese Regelung ist eine geeignete Methode, meine ich, daß man sich auch überlegen kann, welcher Umfang an Arbeit in welcher Form gemeinsam mit der politischen Tätigkeit noch geleistet werden kann. Denn die Unübersichtlichkeit ist in der letzten Zeit gewachsen.

Noch eine Facette: Diese neue Geschäftsordnung ist eine menschen- und familienfreundlichere Interpretation der Arbeit des Parlaments. Selbst- und Fremdausbeutung in Form von Fünfzehn- bis Zwanzig-Stunden-Sitzungen lassen keine Chance für Rekreation, für Nachdenken, für das Sammeln von sozialer Erfahrung und eventuell auch gedankliche Erneuerung. Ich meine, daß wir im Jahr des lebenslangen Lernens daran denken sollten, daß auch Parlamentarier eine Weiterbildung absolvieren können.

Offenbar sind aber diese Dimensionen, sowohl die Familien- und Menschenfreundlichkeit als auch die Weiterbildung, für die F-Partei keine wirklich großen Anliegen, obwohl sie sich manchmal als "Familienpartei" anpreisen will.

Die Planbarkeit der Arbeit – etwa im britischen Parlament weiß man heute schon, was im November an einem ganz bestimmten Tag auf der Tagesordnung stehen und behandelt werden wird – entspricht im wesentlichen den Vorstellungen von parlamentarischer und politischer Arbeit wie sie auch Frauen gerne mögen, und das gar nicht zu Unrecht. – Darüber freue ich mich! (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte ich sagen: Es wurden in diese Debatte schon viele Gedanken eingebracht, auch kritische Gedanken. Ich meine, daß weder seelisch selbstverstümmelnde Parlamentarier noch politische Stegreifdilettanten – wer immer das jeweils für sich geltend machen kann – hier nicht gebraucht werden. Man braucht auch nicht die Schlußfolgerung in einer Art zu ziehen, die lautet: Wenn kürzer geredet werden muß, dann wird der Ton gröber. – Das muß nicht sein! Man darf nicht formal etwas gebrauchen, indem man es inhaltlich längst mißbraucht. Es liegt an uns, meine Damen und Herren, sehr geehrte männliche und weibliche Abgeordnete, daß wir das, was wir hier zum Gesetz machen, dann auch entsprechend nützen: Wir müssen


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