Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 114

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Nachdem der Herr Bundeskanzler den NATO-Beitritt nicht mehr ganz ausschließt, sagt er am 29. April: Nicht automatisch einem Militärbündnis beitreten. – Also er wehrt sich dagegen, daß es hier eine Automatik gibt. Er möchte aktiv eintreten, wenn schon der Beitritt gefragt ist.

Schieder ist noch ein etwas Konservativerer in der SPÖ-Riege und sagt am 9. Mai: Keine Aktualität für NATO-Beitritt.

Am 5. Juni vermerkte der Bundeskanzler, daß in seiner Fraktion ein bißchen Nervosität aufkomme, und spricht sich hier als Super-Visionär und als Gruppentherapeut aus: Vranitzky gegen verkrampfte Berührungsängste zu WEU und NATO. – Also bitte, keinen Krampf, Herr Cap! Cap hat das natürlich ernst genommen.

Cap hat es ernst genommen, Fischer hat es registriert und am 13. Juli locker erklärt, er deutet Haltungsänderung der SPÖ zu NATO und WEU an.

Nachdem Kollege Cap nicht mehr Geschäftsführer war, also keine Verkrampfung mehr notwendig war, hat er am 14. Juli klar und deutlich behauptet und festgehalten: Cap plädiert für raschen NATO-Beitritt.

Meine Damen und Herren! Das ist die Chronologie der Diskussion über ein nicht existentes Thema, über ein Thema ohne Aktualität, ohne Notwendigkeit, ohne Priorität. Der Kanzler vermerkt: Man kann es ja nicht verbieten, denn in einer Demokratie – seien wir doch froh – dürfen wir alles sagen, was wir wollen.

Meine Damen und Herren! Wir Grüne sollten froh sein darüber, wie sich heute diese Debatte hier entwickelt hat. Besonders froh sollten wir darüber sein, daß es ein schriftliches Redemanuskript gibt, denn der Herr Bundeskanzler hat darin klar und deutlich festgehalten, auch wenn es in seiner mündlichen Antwort hier ein paar Worte gegeben hat, die nicht so deutlich waren – ich zitiere –:

Ich meine – und schließlich ist der Bundeskanzler ja nicht irgend jemand, der eine Meinung absondert, sondern das ist die Mitteilung des Bundeskanzlers hier an dieses Haus –, daß für Österreich daher derzeit weder aus sicherheits- noch aus allgemeinpolitischen Gründen ein Diskussionsbedarf – also Bedarf war ja keiner an diesen Äußerungen der SPÖ in den letzten Jahren, aber trotzdem – über eine Mitgliedschaft in einem Militärbündnis besteht. Sollte aber eine solche Frage einmal konkret anstehen – irgendwann einmal, man weiß ja nicht, die Welt ist ja oft sehr wandlungsfähig, es gibt ja oft Zusammenbrüche von ganzen Militärblöcken – und damit auch ein wesentliches Element des politischen Selbstverständnisses Österreichs neu beurteilt werden müssen, so wäre dazu sicher das Volk zu befragen und eine Volksabstimmung durchzuführen.

Meine Damen und Herren! Das war doch eine klare Aussage. Herr Schieder wird darüber erfreut sein, ob es der Kollege Cap ist, weiß ich nicht. Kollege Khol wird natürlich damit Schwierigkeiten haben.

Meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Ich glaube, Sie haben Ihre Fraktion wieder voll auf Linie gebracht. In der heutigen APA ist nachzulesen – das wird vielleicht nur Herrn Khol irritieren –, daß Frau Geschäftsführerin Ederer von einem ÖVP-Verrat in dieser Frage spricht: Ederer sieht klare Anzeichen für ÖVP-Verrat an Neutralität.

Meine Damen und Herren! Ob das jetzt die richtige Wortwahl einer netten Koalitionspartnerin war, ist eine andere Frage. Diese Diskussion ist aber wichtig, ich erachte sie zum Teil als sehr konstruktiv, selbst diesen konträren Standpunkt des Kollegen Cap. Ich finde, sie ist notwendig. Wir müssen in diesem Haus und überall in Österreich diese Diskussion forcieren. Und ich meine, daß nach dieser Diskussion ein klarer Standpunkt dargelegt werden muß, insbesondere von Ihnen, Herr Bundeskanzler.

Herr Bundeskanzler! Sie haben heute zumindest zur verfassungsrechtlichen Vorgangsweise eine klare Position bezogen. Es wird notwendig sein, aufgrund dieser vielen Diskussionsgrund


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