Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 131

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Kollege Kier! Was wird denn passieren, wenn ein Minderqualifizierter zur Versicherung geht und sagt: Ich möchte morgen eine Metzgerei aufmachen? Dann wird die Versicherung sagen: Ja welche Risken gehen wir denn da mit Ihnen ein? Und wenn die Risken groß sind, dann wird auch die Prämie groß sein, das ist klar, und dann hat der Betreffende eine finanzielle Zugangshürde, sodaß er sich überhaupt nicht selbständig machen kann. Das ist das Problem. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Daher ist euer Vorschlag – das erkennt man, wenn man ihn hinterfragt – Nonsens und ein Holler, und zwar genauso ein Holler – um mit Kollegen Guggenberger zu sprechen – wie das Gesetz über die Werkverträge.

Wir meinen, daß unser Vorschlag, den wir im Parlament eingebracht haben, wichtige Eckdaten enthält: Freiheit in der Ordnung, das ist eine ganz wichtige Überschrift, natürlich verbunden mit einem leichteren Zugang zum Gewerbe, der Anpassung an die EU-Situation, der Sicherheit für den Konsumenten, aber nicht durch eine Versicherung, einem entbürokratisierten Anlagenrecht. Das sind ein paar wichtige Eckpfeiler.

Wir wissen natürlich, meine Damen und Herren, daß auch in der bisherigen Vorgangsweise bei den Prüfungen und Zugangskriterien zum Selbständigwerden eine Riesengefahr liegt. Es sind in der Wirtschaftskammer Leute tätig, die ihre zukünftigen Konkurrenten prüfen – aber wie das Ergebnis im Zweifelsfall ausschaut, das wissen wir. Da wird einmal abgemauert. Ich habe hier Briefe jüngsten Datums vor mir liegen, die das belegen. So ist beispielsweise von der Verkehrsabteilung des Landes Oberösterreich eine Nachsicht für einen Taxifahrer ergangen, der sich hätte selbständig machen können, doch die Innung hat abgemauert und gesagt; Njet, da geht nix! – Wie im Ostblock.

Also dieser Mann, der 45 Jahre alt ist und sieben Jahre Taxifahrer war, kann sich nicht selbständig machen, weil die Betonierer – ich sage nicht Betonköpfe – in der Wirtschaftskammer sagen: Njet, da geht nix (Abg. Dr. Stummvoll: Na, na, na!), du wirst dich nicht selbständig machen, du kannst auswandern oder dich in die Arbeitslose verdrücken!

Da werden wir nicht mitmachen, meine Damen und Herren! Ja zu Liberalisierung und Öffnung, aber nicht so weit, daß man das ganze österreichische duale Ausbildungssystem, das sich in großen Leistungen der Gewerbetreibenden niedergeschlagen hat, wegrationalisiert und mit Manchesterliberalismus amerikanisiert. Da werden die Freiheitlichen mit Sicherheit nicht dabeisein, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun noch ein paar kurze Anmerkungen, zurückkommend auf die Vielfalt im Handel, auf die notwendige Nahversorgung – auch in den Sonntagsreden immer wieder zur Sprache gebracht.

Wenn wir der schrankenlosen Ladenöffnung zustimmen, werden – das wissen wir, das ist international hinterfragt – die Großen siegen. Und dann werden weiterhin die kleinen Erzeuger sterben, die Bauern werden nicht mehr die Märkte, die Geschäfte beliefern können, von Holland werden dann die Agrarlieferanten, die Großlieferanten hereinkommen, die jene Mengen, die die Großen brauchen, natürlich zur Verfügung stellen können.

Auch wenn es keines Beweises bedurft hätte, ein Beispiel: Die Walser Bauern in Salzburg haben heute große Sorgen. Es gibt kaum mehr Salzburger Gemüse im Regal, aber was sagt dazu der Sprecher dieser Bauern? – Bei den großen Handelsketten haben wir zurzeit keine Chance. Während die Walser an Einzelhandelskaufleute und "Konsum"-Geschäfte viel Gemüse geliefert hätten, würden Spar und Billa kaum Salzburger Ware kaufen. Der Salat verfault auf den Feldern.

Das heißt, wenn wir so weitermachen und den Großen, die internationales Kapital, aus Niedriglohnländern herbeigeschafft, in Österreich niedergehen lassen, alle Chancen geben, dann werden die kleinen Einheiten sterben, dann werden die Lehrlingsausbildungsplätze kaputtgemacht und dann werden die kleinen Erzeuger sterben. Und das alles nennen wir dann Liberalisierung.

Mit dieser Liberalisierung wollen wir Freiheitlichen nichts zu tun haben, meine Damen und Herren! Wir wollen offene Märkte, wir wollen Liberalität in der Ordnung! Mit diesen Thesen sind


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