Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 49

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vorliegenden Form nicht repariert werden kann. Ich akzeptiere durchaus, daß die Grundüberlegungen – vom Sozialministerium bis zu den Sozialsprechern – die richtigen gewesen sind, nämlich jeden in das soziale System mit einzubeziehen. Aber ich bezweifle, daß der Weg, den Sie heute hier zur Beschlußfassung vorlegen, der richtige Weg ist. Ich bezweifle auch, daß er ein effizienter Weg ist, und ich bin mir im Gegensatz zu Ihnen sicher, daß er ein verfassungswidriger Weg ist.

Ich habe auch folgendes von Leuten aus Ihren Reihen gehört: Na gut, dann brauchen wir halt etwa drei Jahre, bis das ausjudiziert ist, und in der Zwischenzeit bekommen wir die Beiträge. – Ich sage ganz deutlich und klar: Für mich ist diese Geisteshaltung, die von manchen zwar hinter verschlossenen Türen, aber trotz alledem öffentlich kolportiert wird, für einen Parlamentarier schlichtweg ein Skandal! Ich halte das deswegen für einen Skandal, weil wir alle der Verfassung verpflichtet sind und dazu, verfassungsmäßige Bedenken stärker in unseren Beratungen hier im Plenum zu berücksichtigen.

Sie, Herr Kollege Feurstein, haben jedenfalls ein "Verdienst": daß Ihnen, obwohl Sie auf die Verfassung vereidigt sind, verfassungsmäßige Bedenken nicht einmal ein Wort wert waren! Das bleibt Ihnen von der heutigen Diskussion jedenfalls übrig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser : Zu Wort hat sich nunmehr Herr Bundesminister Hums gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

13.48

Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Ich habe hier bereits mehrfach erklärt – niemand wird das bestreiten –, daß wir in Österreich ein sehr gutes Sozialsystem haben, ein System, das im Laufe der Jahre gewachsen ist. Bei diesem Wachsen, beim Hinzufügen neuer Bestimmungen ist es allerdings auch dazu gekommen, daß es in unserem Sozialversicherungssystem eine ganze Reihe von Ungleichheiten und Ausnahmeregelungen gibt.

Grundsätzlich ist es so, daß Bauern, Gewerbetreibende, Arbeiter, Angestellte sozialversichert sind und dafür auch – ihrem Einkommen entsprechend – Sozialversicherungsbeiträge leisten. Einen Bereich gibt es aber – das ist der Bereich, den wir jetzt regeln, den der dienstnehmerähnlichen Werkverträge, der freien Dienstverträge –, der bisher keinen Sozialschutz hatte, wo aber auch keine Beiträge zu entrichten waren.

In den letzten Jahren ist es immer mehr und mehr dazu gekommen, daß die Sozialversicherung in diesem Bereich umgangen wurde, daß anstelle von Dienstverträgen für Arbeiter und Angestellte sogenannte Werkverträge abgeschlossen wurden, wodurch man Arbeitnehmer ohne sozialen Schutz quasi zu Selbständigen gemacht hat.

Diese Umgehung wurde, wie gesagt, immer stärker genutzt, und die Tendenz ist weiterhin sehr stark steigend. Daher war es und ist es notwendig, daß wir auf der einen Seite danach trachten, nach all den Jahren dieses Wachsens eine wirkliche Neuregelung zu finden, die in die Richtung geht, die ich bereits heuer im Frühjahr angekündigt habe und die erfreulicherweise heute auch vom Parlament, vom Nationalrat mit Entschließungsantrag festgelegt wird.

Die Richtung muß sein, daß wir allen Erwerbstätigen sozialen Schutz bieten können, die Richtung muß sein, daß auch von jedem Einkommen aus Erwerbstätigkeit ab einer bestimmten Grenze, bis zu einer bestimmten Grenze Beiträge in gerechtem Maße gezahlt werden.

Diese Gesamtregelung ist aber aufgrund der vielen von mir schon zitierten Ausnahmeregelungen und Ungleichheiten sicherlich nicht innerhalb weniger Monate zu erreichen. Notwendig war es aber, die Umgehungsmöglichkeiten im Bereich der dienstnehmerähnlichen Werkverträge und der freien Dienstverträge zu verringern. Daher haben wir diese Regelung auch mit Wirksamkeit ab 1. Juli getroffen. Ich habe damals schon erklärt: Es ist eine neue Materie, und sie ist aufgrund der Vereinbarungen, die auf der Ebene der Sozialpartner, auf politischer Ebene zu tref


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