Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 48. Sitzung / Seite 18

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Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Grundsätzlich halte ich das Rechtsinstitut der bedingten Entlassung für ein außerordentlich wichtiges Institut, weil die Aussicht, früher oder überhaupt entlassen werden zu können, dem Häftling eine andere Perspektive eröffnet, was sich auch auf sein Verhalten in der Anstalt auswirkt.

Dazu kommt, daß es nur bei der bedingten Entlassung aus zeitlichen Freiheitsstrafen möglich ist, diese Entlassung mit Auflagen zu verknüpfen und auch die Zeit nach der Entlassung den Entlassenen sozusagen zu begleiten, ihm den Wiedereintritt ins normale Leben zu ermöglichen. Wenn ein Häftling die ganze Zeit bis zu seinem Haftende im Gefängnis verbringt und nachher freigesetzt wird, kann man rechtlich überhaupt nicht mehr auf ihn einwirken. Wird er bedingt entlassen, kann durch Auflagen, Bewährungshilfe oder Eröffnen von Ausbildungsmöglichkeiten et cetera noch weiter auf ihn eingewirkt werden. Das dräuende Damoklesschwert – erfüllst du die Auflagen nicht, mußt du den Rest zurück – ist doch dienlich und bewirkt, daß der Häftling die Auflagen auch erfüllt.

Ich meine daher, daß wir durch Aufklärung, durch Bewußtseinsbildung danach trachten müssen, das in dieser Frage innerhalb Österreichs gegebene Gefälle einzuebnen, sodaß dieses Institut überall in Österreich in möglichst gleicher Art gehandhabt wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. – Frau Dr. Partik-Pablé, bitte.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Minister! Ich sehe schon ein, daß es für einen Justizminister ungeheuer wichtig ist, die Sicherheit in den Gefängnissen zu gewährleisten. Für die Bevölkerung ist es aber sehr wichtig, daß außerhalb der Gefängnisse die Sicherheit gewährleistet ist. Trotz eines immer angenehmeren Strafvollzuges laufen Ihnen immer mehr Häftlinge davon, insbesondere Ausgänger – wobei das meistens auch am Personal scheitert.

Ich möchte jetzt konkret wissen: Welche personelle Vorsorge werden Sie in Zukunft treffen, um erstens Vorfälle in Karlau zu verhindern und zweitens insbesondere bei Ausgängern die Sicherheit zu gewährleisten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Zunächst möchte ich einmal mehr – aber es nützt offenbar nichts – wiederholen, daß uns nicht immer mehr Leute davonlaufen, sondern immer weniger Leute – wobei sowohl im Bereich der Entweichungen, also des nicht Heimkehrens von erlaubten Außenaufenthalten, als auch beim Flüchten aus der Anstalt selbst Erfolge erzielt wurden. Im Jahre 1994 waren 323 Entweichungen, davon 52 Fluchten, zu verzeichnen, im Jahre 1995 260 Entweichungen, davon 24 Fluchten. Heuer waren bis Ende August insgesamt 184 Entweichungen zu verzeichnen, davon 11 Fluchten. Die Kurve geht also nach unten.

Das soll uns aber nicht sozusagen in Wohlgefallen verharren lassen, sondern wir müssen natürlich weiterhin daran arbeiten, daß die Zahlen weiter rückläufig sind. Das kann auf der einen Seite darin bestehen, daß man in der Frage, ob jemand gerechtfertigterweise in die Lage zu versetzen ist, sich außerhalb der Anstalt zu bewegen, möglichst verantwortungsvoll umgeht, auf der anderen Seite darin, daß die Schlupflöcher, die es noch für Fluchten aus den Gefangenenhäusern, aus den Justizanstalten gibt, möglichst geschlossen werden.

Gewisse Fluchten wird man vor allem aus den gelockerten Bereichen nie ganz verhindern können, denn es gehört ja beinahe zur Philosophie, daß jemand so quasi in der Zeit vor seiner Entlassung mit der ihm abzuringenden Entscheidung konfrontiert wird, ob er jetzt von etwas Gebrauch macht, was er könnte, oder im Sinne des Gesetzes davon nicht Gebrauch macht. Es wird natürlich nie ganz gelingen, Entweichungen unmöglich zu machen, aber der Betroffene schneidet sich dabei ins eigene Fleisch.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. Damit ist dieser Fragenkomplex erledigt.


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