Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 48. Sitzung / Seite 44

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Aber glauben Sie mir eines: Weit wichtiger und bedeutsamer ist das soziale und das pädagogische Klima an der Schule, weit wichtiger ist, daß Lehrerinnen und Lehrer diesen Gedanken der Integration sehen, verstehen, akzeptieren und umsetzen wollen. Es ist wichtig, daß sie pädagogische Kompetenz haben, daß sie in der Lage sind, auf die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen, auf die unterschiedlichen Lernsituationen und Lernfähigkeiten mit Methodik und mit Didaktik reagieren zu können, daß sie in der Lage sind, die individuellen Lerntypen der Kinder zu erkennen und die richtige Antwort zu finden. Darüber hinaus ist Teamverständnis sehr wichtig, das Sich-gegenseitig-Stützen und Helfen. Dem einen gelingt dies, dem anderen jenes, der Erfahrungsaustausch ist daher wichtig. (Abg. Schaffenrath: Auch Bedingungen!) Das habe ich bereits gesagt.

Selbstverständlich ist die motivierende Unterstützung durch Schulleitung und Schulaufsicht einzufordern. Wir wissen alle, daß die Eltern nicht ruhen werden. Sie werden fordern, die Bedingungen vielleicht noch zu verbessern, und das werden wir unterstützen.

Diese Bedingungen, die ich hier angesprochen habe, gibt es bereits in vielen Schulen. In jenen Schulen, wo dies noch nicht der Fall ist, werden wir beziehungsweise die Behörden dazu beitragen, sie zu schaffen.

Meine Damen und Herren! Noch vor wenigen Jahren war Integration an unseren Schulen ein utopisches Ziel, ja oft wurde von der "Vision" gesprochen: Könnten wir nur Behinderte integrieren! Heute – das kann man mit Fug und Recht sagen – befinden wir uns auf einem guten Weg, Integration in schulische Praxis umzusetzen beziehungsweise sie weiter auszubauen.

Wenn wir diesen Prozeß gemeinsam und konsequent weiterentwickeln, wird sich auch unsere Qualität im Umgang mit den behinderten Menschen deutlich verbessern. Ich lade Sie daher alle sehr, sehr herzlich ein, diesen Integrationsprozeß mit uns mitzutragen und mitzugestalten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 15 Minuten.

11.07

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde schon viel über Bildungsreform und über dieses gewaltige Werk gesprochen. Ich möchte diese "gewaltigen Anstrengungen" – unter Anführungszeichen – mit einem Zeitungszitat etwas zu erhellen versuchen. Es geht in diesem Artikel nicht um die österreichische Schulreform, sondern um die englische, und ich werde auch dieses Zitat, das ich Ihnen jetzt darbiete, dann noch interpretieren.

Es ist ein Artikel aus der "Wiener Zeitung", in dem es in der Überschrift heißt: Rätsel um Thatchers Bildungsreform gelüftet: Friseur und Putzfrau als Berater.

Die von der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher verwirklichte Bildungsreform, deren geistige Urheberschaft zahlreiche konservative Professoren für sich reklamieren, ist im wesentlichen auf das Dienstpersonal der "eisernen Lady" zurückgegangen. Wie der ehemalige Bildungsminister Kenneth Baker gegenüber dem "Time’s Educational Supplement" enthüllte, kamen die bei den Expertenrunden von der Regierungschefin geäußerten Bildungsideen von ihrem Friseur oder vielleicht auch von ihrer Putzfrau.

Bei der Reformdebatte 1988 ging es vor allem um nationale Lehrpläne. Laut Baker war Thatcher der Meinung, Schüler müßten eigentlich nur in Englisch, Mathematik und Naturwissenschaften unterrichtet werden. Oft hätten die Bildungsexperten bei den Beratungen fassungslos auf zerknitterte Zettel reagiert, die Thatcher unvermittelt aus ihrer Handtasche zog: Darauf seien Vorstellungen gekrakelt gewesen, die sich Gott-weiß-wer zuvor ausgedacht habe. Thatchers Friseur Paul Allen, dessen Dienste die Regierungschefin damals zweimal die Woche in Anspruch nahm: Ich wußte nicht, daß sie das alles so ernst nahm. – Ende des Zitats.


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