Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 53. Sitzung / Seite 85

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daraus gemacht hätten und daß es neun verschiedene Regelungen in neun verschiedenen Bundesländern gegeben hätte.

Ich bezweifle aber, daß dieses Gesetz, das zwar eine Grundlage, einen Rahmen für eine neue Arbeitszeitregelung bietet, nicht auch dazu dient, daß die Länder trotzdem machen können und auch machen werden, was sie wollen. Sie haben es bereits vorgezeigt, wie es geht, damit sie machen können, was sie wollen, nämlich dadurch, daß sie den halbwegs EU-konformen Entwurf nicht nur in Frage gestellt, sondern Sie so weit gebracht haben, Herr Minister, daß Sie diesen Entwurf zurückgenommen, sich an den Ländern orientiert und die Länderwünsche im Grunde genommen 1:1 erfüllt haben.

Herr Minister! Es liegt in Ihrer Verantwortung, daß heute dieses Gesetz, so wie es jetzt mit den Abänderungsanträgen von SPÖ und ÖVP ausschauen soll, nicht beschlossen wird, denn es widerspricht ganz einfach den Richtlinien der EU, und es widerspricht jeder Zumutbarkeit für Ärzte und Pflegepersonal in Krankenanstalten.

Herr Minister! In den Unterlagen des Ausschußberichtes steht, daß es durch Betriebsvereinbarungen oder Vereinbarungen mit Einzelpersonen möglich ist, über die neuen Arbeitszeiten hinaus, die ja ohnehin noch viel zu lang sind, zu arbeiten. Und dann steht dabei: Aber es muß sichergestellt werden, daß es trotzdem noch zum Wohle der Patienten ist.

Herr Minister! Da stimmt irgend etwas nicht! Wir alle wissen – und die Ärzte haben es in vielen Dokumentationen bereits niedergeschrieben –: Es ist nicht im Interesse der Patienten und keinesfalls zu deren Wohle, wenn Ärzte über die normale Arbeitszeit hinaus arbeiten müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Bei dem, was hier im § 8 gefordert wird, geht es nicht um das Wohl, sondern um das Risiko. Es müßte, wenn man fair wäre, in diesem Absatz drinstehen: soweit es das Maximum an Risiko für die Patienten noch zuläßt. Ich glaube, mit diesem Wort wäre für alle klar, daß es nicht um das Wohl geht, sondern wirklich um die Maximierung des Risikos für den einzelnen Patienten im Krankenhaus. Und ich glaube, eine ordentliche Gesundheitspolitik, eine gute Sozialpolitik darf nicht mehr darauf aufbauen, daß man sagt: Wir übernehmen das Maximum an Risiko!, sondern es ist unsere Verantwortung, das Risiko zu minimieren und im Sinne der Patienten in diesem Fall zu arbeiten und Gesetze zu erlassen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Es ist für mich wirklich unerklärlich, was Sie dazu bewogen hat, so viel Kompetenz, die Sie haben, an die Länder abzugeben. Es ist für mich auch unerklärlich, warum Sie nicht bereit sind, im Interesse der Ärzteschaft, im Interesse des Pflegepersonals zu handeln, wo Sie doch immer sagen, daß Österreich eines jener Länder ist, in dem hohe Ansprüche an den Sozialstaat erfüllt werden. In diesem Fall geht es um einen Teil des Gesundheitswesens und um eine Arbeitnehmerregelung. Aber da stellen Sie anscheinend diesen Anspruch nicht mehr.

Herr Minister! Sie haben es verabsäumt, den Ländern klarzumachen, daß sie hier die Verantwortung tragen. Und weil sie hier die Verantwortung tragen, müßte es auch klar sein, daß sie diese Verantwortung, wenn sie sie ernst nehmen, nur dann in der Praxis einlösen können, wenn es zu vernünftigen Regelungen kommt, die für alle im Krankenhaus tätigen Personen sicherstellen, daß sie unter akzeptablen Bedingungen arbeiten können. Dieser Neuentwurf stellt das nicht mehr klar.

Mit diesem neuen Entwurf, Herr Minister, haben Sie sich in die Verlegenheit gebracht, daß Sie den Ländern Zugeständnisse dahin gehend gemacht haben, daß es zu neuen Regelungen kommen wird, die zwar in einzelnen Bereichen ein bißchen besser sind als das, was bisher an Arbeitszeitregelungen beziehungsweise Nichtarbeitszeitregelungen in Österreichs Krankenanstalten gegolten hat, aber mit denen nicht sichergestellt ist, daß die Qualität im Pflegebereich, daß die Qualität im Ärztebereich, die Bedingungen für die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit und verantwortungsvollen Behandlung von Patienten und von alten Menschen so gewährleistet werden können, daß niemand mehr, wenn er ins Krankenhaus kommt, Angst zu haben braucht, daß er dort auf einen Arzt trifft, der bereits durchgehend 50, 55 Stunden lang gearbeitet hat und es jetzt auch noch schaffen muß, die richtige Diagnose für den neuen Patienten zu stellen und


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