Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 24

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Diese Sorge um die Arbeitsplätze ist nicht leicht vom Tisch zu wischen, diese Sorge – genauso wie im Fall Semperit; damals ist sie vielleicht von anderen Fraktionen auch geteilt worden – meinen wir ernst. Sie stand sicherlich im Zentrum unserer wirtschaftspolitischen Überlegungen. (Beifall bei der ÖVP.)

Als drittes seien hier Bedenken budget- und haftungspolitischer Natur formuliert. Wir haben uns auch die rechtliche Situation sehr genau angesehen. Bereits einmal mußte ja schon der Steuerzahler aus dem Budget für notleidende Großkredite von Banken aufkommen. Einer dieser Fälle war etwa die Länderbank-Sanierung, die in den frühen achtziger Jahren notwendig geworden war. 1991 wurde sie dann umgewandelt, und de facto wird sie jetzt noch bezahlt in Form eines Kredites vom Bund mit nicht ganz 200 Millionen pro Jahr und einer Schlußzahlung; insgesamt mit 1,8 Milliarden Schilling.

Wir hätten es gerne gesehen, daß man die Besserungsverpflichtung, die im ursprünglichen Vertrag enthalten war, jetzt zur Anwendung bringt. Wir wurden aber belehrt, daß das rechtlich nicht ginge.

Nur folgendes sage ich auch dazu: Sehr schön war diese Vorgangsweise früherer Finanzminister nicht, daß man ohne einen zusätzlichen Beschluß des Ministerrates, ohne Befassung des Parlaments auf diesen Besserungsschein eigentlich verzichtet und damit eine weitere Belastung der Budgets von fast 2 Milliarden Schilling bis zum Jahre 2001 in Kauf genommen hat.

Ich meine daher, daß man vor allem auch das Haftungsrisiko sehen muß. Diese Haftung einer Gemeindesparkasse kommt natürlich aus einer ganz anderen Zeit. Damals wurde – vernünftigerweise – für bestimmte Kernbereiche im Kommunalgeschäft eine Haftung übernommen, um günstigere Konditionen zu erzielen und zu erwirtschaften. Aber ist das bei einer Großbank europäischen Zuschnitts heute noch vertretbar? Sollte man nicht im Rahmen einer Novelle zum Sparkassengesetz über eine Reform im Sinn von Haftungsverzicht oder aber über einen angemessenen Haftungszuschlag nachdenken?

Das waren unsere Bedenken: strukturpolitische, wirtschafts- und arbeitsplatzpolitische, budget- und haftungspolitische.

Wir haben es uns nicht leichtgemacht, diese Bedenken vorzutragen. Ich weiß, daß manche völlig einseitig behauptet haben, es gehe hier nur um Parteipolitik. – Ich erkläre hier ganz deutlich: Ich möchte keine Parteipolitik in der Wirtschaft, schon gar nicht in der Bankenwelt! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und bei den Grünen.) Ich möchte die Politik aus der Bankenwelt, aus der Wirtschaft heraushalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es mag sein, daß wir die einzigen sind, die solche Bedenken haben. Das muß in der Demokratie noch kein Nachteil sein. Wiegen und werten Sie – vor allem in der österreichischen Öffentlichkeit, die zusieht –, ob die Bedenken zu Recht vorgebracht wurden oder nicht. Wir waren diesbezüglich allein. Sozialdemokraten, Freiheitliche, Grüne und Liberale waren ausschließlich für den Verkauf an die Bank Austria, und als Demokraten – das sage ich auch ganz offen – müssen wir die Entscheidung des Finanzministers und auch diese Mehrheit zur Kenntnis nehmen und respektieren.

Dies ist uns nicht leichtgefallen, wir konnten aber in stundenlangen Verhandlungen eine Einigung mit dem Koalitionspartner erzielen, eine Einigung, die in Richtung von grundlegenden Reformen geht, die auch vom Bundeskanzler bereits kurz beschrieben wurden:

Die Entpolitisierung in der Bankenwelt, vor allem bei der Bank Austria, wird ernst genommen. Der staatliche oder Stadteinfluß wird von heute rund 80 Prozent innerhalb weniger Jahre auf unter 20 Prozent sinken. Er wird vor allem schon im heurigen Jahr mit einem großen Sprung durch den Umtausch von Aktien der Creditanstalt-Aktienbesitzer, durch Kapitalerhöhungen und durch den Verkauf der 19 Prozent Bundesanteile wesentlich gesenkt werden.

Für uns entscheidend aber war, daß sich jetzt schon die Gemeinde Wien und die AVZ – das hängt ja zusammen – verpflichten, ihre Anteile, soweit sie über 25 Prozent liegen, einem


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