Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 53

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Meine Damen und Herren! Sie haben in den letzten Jahren Zeit gehabt. Sie haben Zeit gehabt, Ihren Ankündigungen auch Taten folgen zu lassen. Sie haben den Österreicherinnen und Österreichern etwas versprochen, was Sie nicht eingehalten haben. Sie sind nicht zu Ihrem Wort gestanden! Sie haben nicht gesagt, daß Sie sich geirrt haben. Sie sind hier herausgegangen und haben – beginnend mit dem Cecchini-Report, der auch Grundlage aller Erklärungen der österreichischen Bundesregierung war, was das Wachstum und die Beschäftigung in Europa betrifft – den Österreicherinnen und Österreichern, aber auch den Bürgerinnen und Bürgern in Europa einen Zuwachs der Beschäftigtenzahl versprochen, einen Zuwachs von 2 bis 5 Millionen Beschäftigten innerhalb konkreter Fristen. Es ist das nicht eingetroffen, meine Damen und Herren. Es hat genügend Kritik dahin gehend gegeben, daß es nicht eintreffen konnte. Sie haben sich nicht darum gekümmert, sondern Sie vertreten nach wie vor die Linie: Es ist möglich, wenn wir der Wirtschaft keine Grenzen setzen, sondern nur bescheidene Rahmenbedingungen, Wachstum und mit dem Wachstum auch Beschäftigung zu erzeugen. Alle Wissenschafter, die ernst zu nehmen sind, werden Ihnen widersprechen und bestreiten, daß es heute noch einen ernstzunehmenden Zusammenhang zwischen Wachstum und Beschäftigung gibt.

Sie sollten die Konsequenzen ziehen! Wir müssen andere Wege, andere Instrumente suchen.

Ich würde mir wünschen, meine Damen und Herren, daß Sie auf europäischer Ebene – auch diese österreichische Bundesregierung – die Versprechen, die Sie eingegangen sind, ernst nehmen, ernst nehmen in bezug auf das, was jetzt bei der europäischen Regierungskonferenz verhandelt wird: Beschäftigung in Europa, nicht nur Halbierung der Arbeitslosenzahlen, sondern ernsthafte Beschäftigungspolitik als Grundlage eines zukünftigen europäischen Vertrages zu verankern.

Was ist die Position der österreichischen Bundesregierung dazu? – Ich habe noch nicht viel dazu gehört. Ja, Beschäftigung soll integriert werden, aber konkrete, erkennbare Schritte, Maßnahmen, mit denen die Beschäftigung innerhalb Europas überprüft werden kann, Sanktionen, mit denen sie gegenüber den Mitgliedsländern durchgesetzt werden kann – genauso wie es beim Stabilitätspakt Sanktionen gibt –, fehlen. Doch Sie haben nicht die Absicht, solche Sanktionen zu verankern. Sie drücken sich davor, Sie wollen es bei der Beschäftigung so machen wie hinsichtlich dessen, was Sie in bezug auf die Sozialpolitik in Europa versprochen haben. Da sind Sie auch vollmundig aufgetreten und haben gesagt: Wir werden die Sozialpolitik in Europa einbringen! Das waren Ihre Erklärungen. Doch als es darum gegangen ist, die Sozialpolitik in einem eigenen Kapitel zu verankern, haben Sie letztlich kleinlaut beigeben müssen und haben die österreichischen Vorstellungen die Sozialpolitik betreffend für die europäische Regierungskonferenz gestrichen, meine Damen und Herren!

Nun gehen Sie auch im Bereich der Beschäftigungspolitik zurück. Machen Sie es doch so – wir haben einen Antrag hier vorliegen –, wie Sie es vermutlich diskutiert haben und wie es auch notwendig ist, um zwischen der Währungsunion und einer Beschäftigungsunion ein annäherndes Gleichgewicht herzustellen. Versehen Sie die Bedingungen, unter denen Beschäftigungspolitik in Europa stattfinden kann, nicht nur mit Kontrollmaßnahmen, sondern auch mit klaren Sanktionen für jene Mitgliedsländer, die die Bedingungen nicht einhalten. Das ist möglich, das ist diskutiert worden, und darüber besteht auch zwischen den Experten weitgehend Konsens. Nur Ihnen, meine Damen und Herren von der Regierung, fehlt offensichtlich der Mut, hier einen Schritt weiterzugehen, sich auf europäischer Ebene etwas vorzuwagen.

Was ich in der Europapolitik dieser Bundesregierung vermisse, ist, sich – möglicherweise gemeinsam mit anderen Ländern – etwas nach vorne zu wagen, aus der Deckung herauszugehen und, um nicht nur irgendwo im Gleichklang der Länder zwischen Deutschland und Frankreich unterzugehen, eigenständig Positionen zu erarbeiten, die den Menschen in Europa im Hinblick auf die Beschäftigung weiterhelfen.

Meine Damen und Herren! Es stellt sich wirklich die Frage, was in Europa mit dem ungezügelten Binnenmarkt, dem Sie auf die Beine geholfen haben, für die Beschäftigung erreicht worden ist. Sind Sie nicht einer Schimäre aufgesessen? Haben Sie sich nicht möglicherweise von den Botschaften, die in den letzten Jahren von Ihrer Seite wie auch von Expertenseite ausgesandt


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