Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 213

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wohl niemand bestreiten, daß es zwischen diesen Gebieten einen sehr engen Konnex gibt, daß Bildungsfragen untrennbar mit Kulturfragen und mit der Kunst verbunden sind.

Die jetzige Kompetenzregelung ist wirklich unbefriedigend. Ich glaube, es gibt nur sehr wenige Menschen in diesem Land, die mit dieser Kultur- und Kunstkompetenzaufteilung einverstanden sind. Tatsächlich hat es für mich einen wirklich unangenehmen Beigeschmack, wenn plötzlich gesagt wird: Kunst ist Chefsache – und man sich das ins Bundeskanzleramt arrogiert, sich noch einen Staatssekretär nimmt und versucht, die Kunst an sich zu ziehen, an die Brust zu nehmen. Das ist eine Ideologie, die meiner Meinung nach von dem Gedanken getragen ist, sich der Kunst auch politisch zu bemächtigen. Das ist ein Schritt in die falsche Richtung!

Ich meine, der Staat muß für die Rahmenbedingungen sorgen. Er muß dafür eintreten, daß ein möglichst freies Kunst- und Kulturklima geschaffen wird, in welchem sich die Künstler frei entwickeln können, ohne daß eine zu starke Nähe zwischen dem Staat und der Kunst besteht. Denn in letzterem Fall liegt naturgemäß der Verdacht nahe, daß ein Staatskünstlertum entstehen könnte.

Es ist sicherlich ein richtiger Weg, wenn man möglichst viele private Kulturinitiativen, private Stiftungen und Sponsoring-Modelle zuläßt und möglichst wenig staatlich regelt: so wenig wie möglich, jedoch so viel wie notwendig. Klar ist aber, daß ohne eine staatliche Kulturförderung viele Bereiche, insbesondere die Avantgarde-Bereiche, in sich zusammenbrechen würden. Das soll durchaus an dieser Stelle auch gesagt werden.

Nun zum Kulturbericht selbst: Es ist bedauerlich, daß nach der Besucher-Statistik festzustellen ist, daß 1995 weniger Besucher in den Museen waren als 1994. Das zeigt das bestehende Dilemma, denn wir wissen, daß dieser Besucherschwund in erster Linie darauf zurückzuführen ist, daß nach wie vor die Graphische Sammlung der Albertina unzugänglich ist und das Technische Museum sich nach wie vor im Umbau befindet. Dieser Schwund in der Besucherzahl ist insbesondere auch deshalb bedauerlich, weil man gerade in Zeiten, in denen der Tourismus darniederliegt, auf der anderen Seite aber der Städtetourismus floriert und man auf diesem Gebiet Zuwachsraten zu verzeichnen hat, erkennen sollte, daß der falsche Weg beschritten wird, wenn man dieses Potential nicht entsprechend zu nutzen versucht.

Ich habe bereits einmal in einer Fragestunde diese Kritik anklingen lassen und möchte sie heute gerne wiederholen: Auf der einen Seite – wir vom Kulturausschuß haben uns an Ort und Stelle davon überzeugen können – beläßt man die Albertina in einem wahrlich beklagenswerten Zustand, auf der anderen Seite werden neue Museumsprojekte betrieben, etwa das Projekt Museumsquartier; bei letzterem buttert man Hunderte Millionen Schilling in die Planung. Mir kommt diese Situation so vor, als ob ein Hausbesitzer, dessen Haus schon fast am Zusammenkrachen ist und es daher naheliegend wäre, daß er sich endlich zu Sanierungsarbeiten durchringt, dieses weiter in sich zusammenfallen läßt und ein neues Haus errichtet.

Diesbezüglich scheint mir Ausgewogenheit nicht vorzuliegen, wenngleich nicht zu bestreiten ist, daß man insbesondere für die moderne Kunst und auch für die "Sammlung Leopold" einen Raum braucht, um diese auch entsprechend präsentieren zu können. Denn es ist sicherlich ein bedauerliches Moment, daß man einerseits um einen sehr erklecklichen Betrag die "Sammlung Leopold" kauft – obwohl ich glaube, daß das für diese Republik ein sehr gutes Geschäft war, eine wirklich gute Investition in die Zukunft –, auf der anderen Seite jedoch nicht die Ressourcen dafür schafft, damit diese tollen Kunstwerke, die der leidenschaftliche Sammler Leopold zusammengetragen hat, einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können, sondern diese lediglich bei irgendwelchen Wanderausstellungen insbesondere im Ausland präsentiert werden.

Als positiven Aspekt möchte ich die Teilrechtsfähigkeit in den Museen anführen, die weiter fortschreitet: Man sieht die Früchte dieser Teilrechtsfähigkeit etwa beim Kunsthistorischen Museum. Dort liegen die Einnahmen aus der Teilrechtsfähigkeit aufgrund der sehr guten Nutzung des Museums-Shops und anderer Rechtsgeschäfte, die getätigt werden, bereits über den Einnahmen aus den Eintrittskartenverkäufen. Das soll hier positiv angemerkt werden. Denn es


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