Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 18

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Frau Bundesministerin! Sie sind den österreichischen Frauen und allen, die vielleicht noch unschlüssig sind, ob sie dieses Volksbegehren unterschreiben sollen, hier und heute eine Erklärung schuldig. Wie sieht es mit den Taten der SPÖ aus? Schöne Worte haben wir über viele Jahre, allzu lange gehört.

Meine Damen und Herren! Eine weitere Frage an die Frau Bundesministerin ganz persönlich: Werden Sie in Zukunft, wenn weitere Belastungen auf die österreichischen Frauen zukommen, von Ihrem Vetorecht im Ministerrat Gebrauch machen? Werden Sie sich querlegen, auch wenn das furchtbar schwer ist, auch wenn Sie unter starken Druck geraten – oder werden Sie, wie in der Vergangenheit teilweise Ihre Vorgängerinnen, zähneknirschend Belastungen für die Frauen mit in Kauf nehmen? – All das sind Fragen, die Sie heute beantworten können, ja die Sie heute beantworten müssen.

Zum zweiten Volksbegehren, zur Gentechnik: Frau Bundesministerin! Sie haben erklärt, dieses Volksbegehren finde nicht Ihre Unterstützung. Ich werfe Ihnen heute vor, daß Sie bisher nicht einmal das, was Sie versprochen haben, gehalten haben.

Sie haben gesagt, Sie halten eine gentechnikfreie Zone Österreich für unrealistisch, aber Sie seien zumindest für eine lückenlose Kennzeichnung. – Frau Bundesministerin, ich frage Sie: Warum haben Sie dann eine derartige Verordnung erlassen, die nicht einmal ein Drittel aller gentechnisch veränderten Lebensmittel umfaßt? Warum haben Sie eine Verordnung erlassen, die in einer Studie, die Ihr Haus in Auftrag gegeben hat, heftig gerügt wird? Warum haben Sie diese Studie nicht einmal zeitgerecht der Öffentlichkeit präsentiert, obwohl diese seit Wochen fertig ist? Frau Bundesministerin: Fragen über Fragen. Einmal mehr äußert sich der Parteivorsitzende – spät, aber doch. Er sagt: Wir brauchen keine genmanipulierten Lebensmittel. – Nun, das ist eine sehr klare Aussage. Meine Frage ist aber: Was heißt das? Erlassen Sie ein nationales Produktionsverbot? Unserer Meinung nach ist das möglich, ist das EU-konform. Werden Sie das tun, Frau Bundesministerin?

Frau Bundesministerin! Wo bleibt denn die von Ihnen geforderte Haftungsregelung? Ein entsprechender Antrag der Grünen liegt schon lange im Parlament. Wir haben gehandelt, und ich frage Sie, warum hat die SPÖ diese Anliegen bisher auf die lange Bank geschoben? Was ist denn da passiert?

Frau Bundesministerin, treten Sie für ein nationales Freisetzungsverbot ein? Und wenn ja, wann? Wann kommt das Verbot? Wenn der Parteivorsitzende sagt, wir brauchen keine genmanipulierten Lebensmittel? Werden Sie diesbezüglich aktiv werden, oder sind das verbale Luftblasen im Vorfeld eines Volksbegehrens, die jetzt in die Welt gesetzt werden, damit vielleicht einige Unentschlossene nicht in die Abstimmungslokale gehen?

Frau Bundesministerin! Bei beiden Volksbegehren vermissen wir die Taten der Regierung. Bei beiden Volksbegehren gab es sogar im Vorfeld förmlich Provokationen. Und leider haben auch Sie teilweise daran mitgewirkt. Im Ministerrat wurde beschlossen, die österreichischen Frauen "dürfen" – unter Anführungszeichen – zum Bundesheer. Frau Bundesministerin! Das ist nicht das Problem der österreichischen Frauen. Das ist nicht die Diskriminierung, der sie ausgesetzt sind. Gerade im Vorfeld eines Volksbegehrens ist das eine bodenlose Provokation – und nichts anderes! (Beifall bei den Grünen.)

Im Vorfeld des Gentechnik-Volksbegehrens verabschieden Sie eine Novelle zum Saatgutgesetz, die ein letztes Vorrecht der Bauern, nämlich alte Saatgutsorten weiterzuveredeln und weiterzugeben, abschaffen wird: Das bedeutet ausschließliche Vormacht für die großen Saatgutkonzerne, die dann gleich im Doppelpack das Spritzmittel zum gentechnisch manipulierten Saatgut liefern werden. Ist das die Vorleistung der Bundesregierung? – Bei beiden Volksbegehren setzt die Regierung Provokationen. Wir verlangen von Ihnen die Erfüllung der Volksbegehren.

Frau Bundesministerin, noch ein Wort in Sachen Realismus. Es heißt immer wieder in Diskussionen: Das ist nicht realistisch. Ich frage Sie, Frau Bundesministerin: Welcher große Fortschritt in der Geschichte, welcher große soziale oder ökologische Fortschritt war denn ursprünglich realistisch? – Keiner!


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