Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 109

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Was ist das primäre Ziel? – In erster Linie soll mit der neuen Regelung die Rechtsstellung der sich legal in Österreich aufhaltenden Ausländer verbessert werden. Daher lauten die Grundsätze des neuen Fremdengesetzes: Integration vor Zuwanderung und verbesserte Integration durch erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt. (Beifall bei der ÖVP.) Bereits in Österreich lebende ausländische Menschen sollen viel stärker in den hiesigen Arbeitsprozeß und in das gesellschaftliche Leben eingebunden werden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Lassen Sie mich Ihnen zur Ausländerbeschäftigung folgendes sagen: Zum Stichtag 1. Juli 1996 waren im Bundesministerium für Inneres 416 000 aufrechte Aufenthaltsbewilligungen an Drittstaatangehörige registriert, also um 8,3 Prozent mehr als zum selben Zeitpunkt im Jahr davor. Die Altersaufteilung zeigt, daß der Großteil der Bewilligungen an Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren ging, also: Die Mehrheit der Bewilligungen ist auf die verstärkte Familienzusammenführung in den letzten Jahren zurückzuführen.

Die zukünftigen Arbeitsplatzchancen dieser speziell aus der Türkei und aus Teilen Exjugoslawiens stammenden Menschen sind nicht sehr hoch. Der Grund dafür liegt darin, daß das Angebot von weniger qualifizierten Arbeitskräften in Österreich die derzeitige Nachfrage bei weitem übersteigt.

Trotz der verbesserten gesetzlichen Situation, die durch die Novellierung des Fremden- und Ausländerbeschäftigungsgesetzes geschaffen wird, wird mit der Integration dieser Personengruppen in den österreichischen Arbeitsmarkt nicht so schnell zu rechnen sein. Diese Ansicht wird auch durch die Studie "Ökonomische und strukturelle Aspekte der Ausländerbeschäftigung in Österreich" bestätigt. Der Grundsatz "Integration vor Neuzuwanderung" wird auch im Bereich der landwirtschaftlichen Saisonarbeitskräfte umgesetzt.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wie Sie alle wissen, entsteht während des Sommers durch die Ernte in der Landwirtschaft ein vorübergehend starker Bedarf an Arbeitskräften. Dieser Arbeitskräftebedarf kann aber nur zum Teil von inländischen Arbeitskräften gedeckt werden. § 9 Fremdengesetz sieht vor, daß Aufenthaltserlaubnisse für Saisonarbeitskräfte vorrangig solchen fremden Personen zu erteilen sind, die bereits über eine Niederlassungsbewilligung in Österreich verfügen. Selbstverständlich wird auch bei Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse zu beachten sein, daß diese Fremden regional zur Verfügung stehen und über eine für den Arbeitsplatz erforderliche Qualifikation verfügen. Durch das Wort "vorrangig" soll in diesem Zusammenhang lediglich sichergestellt werden, daß landwirtschaftliche Saisonarbeiter aus dem Ausland erst gar nicht angeworben werden, wenn es bereits rechtmäßig niedergelassene mit gleicher Qualifikation in dieser Region gibt.

Dem Grundprinzip "Integration vor Neuzuwanderung" folgend, ist daher bei entsprechend gleichwertiger Qualifikation für den entsprechenden Arbeitsplatz im Inland den bereits in Österreich lebenden Ausländern der Vorzug zu geben. Der Fremde, der für eine solche Tätigkeit erst aus dem Ausland angeworben werden muß, soll erst dann, wenn die Bedarfsprüfung negativ ausgefallen ist, eine Aufenthaltserlaubnis bekommen.

Das Sprichwort "Ausnahmen bestätigen die Regel" gilt auch für dieses Gesetz. Erstens: Von diesen Ausnahmeregelungen für Saisonniers wird nur der im Sommer entstehende Arbeitskräftebedarf erfaßt. Für beispielsweise während der Holzfällerarbeiten im Winter benötigte Arbeitskräfte gilt die Saisonregelung grundsätzlich nicht.

Zweitens: Saisonarbeitskräfte, die bisher bereits in der Landwirtschaft tätig waren, können auch weiterhin beschäftigt werden. Auch sie sind von der generellen Saisonregelung ausgenommen.

Hohes Haus! Trotz aller jetzigen und wahrscheinlich künftigen Forderungen nach mehr Erleichterung im Fremden- und Asylrecht werden wir uns alle fragen müssen, ob nicht bereits die Grenzen des Machbaren erreicht sind. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß angesichts der anstehenden Einschnitte, insbesondere im sozialen Bereich, jede weitere Liberalisierung des Ausländerrechtes an die Grenzen der Aufnahmefähigkeit Österreichs und die Bereitschaft zur Aufnahme durch die österreichische Bevölkerung stoßen. Wir dürfen die österreichischen Bürger


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