Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 133

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Hier auf den Abbau von – ich möchte fast sagen obszönen – Privilegien zu verweisen, wie die Stundenreduzierung im Abendschulbereich, halte ich für allerhand, denn dieses Privileg, das Kolleginnen und Kollegen Einkommen über 100 000 S beschert hat, war nicht mehr haltbar. Das haben sogar Sie in letzter Konsequenz einsehen müssen.

Ich denke nicht, daß wir Äpfel mit Birnen vergleichen, wenn wir die Lehrverpflichtungen in anderen Ländern sozusagen in einen direkten Vergleich ziehen. Sie haben vergessen, zu erwähnen, daß bei uns die Lehrverpflichtungen darüber hinaus über Korrekturstunden, über Abschlagstunden und über unterschiedliche Wertigkeiten reduziert werden.

Wenn Sie meinen, durch den Abbau von Überstunden in letzter Konsequenz die Junglehrersituation in den Griff zu bekommen, dann gebe ich Ihnen recht. Auch wir treten für einen konsequenten Abbau der Überstunden ein. Aber dem steht leider die Gewerkschaft entgegen. Es ist noch nicht lange her, daß der Landesschulratspräsident Burgenlands 70 neue Stellen, glaube ich, aus Überstunden resultierend, ausgeschrieben hat und daß sich die Lehrergewerkschaft nicht zu schade dafür war, bei der Personalbeschwerdekommission dagegen aufzutreten. Sie hat lieber arbeitslose Junglehrer, lieber junge engagierte Lehrer auf der Straße, als das Überstundenprivileg abtreten zu müssen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie meinten darüber hinaus, daß wir mit unseren Zahlen an Repetenten und Repetentinnen nur im europäischen Schnitt liegen würden. Das ist nicht richtig! Wir weisen einen absoluten Spitzenwert aus, und dieser Spitzenwert kostet die öffentliche Hand Jahr für Jahr mehrere Milliarden Schilling – trotz nachweislicher Ungeeignetheit, tatsächlich Lerndefizite nachholen zu können.

Es war eigentlich Ihre eigene Aussage vor dem letzten Schulreformpaket, wie Sie es genannt haben, daß die Klassenlehrerkonferenz am ungeeignetsten ist, über das Aufsteigen der Schüler und Schülerinnen zu befinden. Es war Ihre eigene Aussage im Rahmen eines "Presse"-Interviews, in dem Sie festgestellt haben, daß da ganz andere Kriterien, beginnend bei Teilungszahlen bis hin zu unter Umständen persönlichen Voreingenommenheiten, den Ausschlag geben. Heute wieder die Klassenlehrerkonferenz als das einzig geeignete Mittel hinzustellen, halte ich für eine doch sehr rasche Änderung Ihrer persönlichen Meinung.

Wenn Sie immer dann, wenn die Qualität des Unterrichts in Diskussion steht, mit der Pauschalaussage kommen, daß man sich fragen müsse, ob das Kind auch in der richtigen Schule sitzt, dann werden es sich die Lehrerinnen und Lehrer auch gefallen lassen müssen, daß die Frage gestellt wird, ob auch jedes Kind tatsächlich von einem guten, verantwortungsbewußten und kompetenten Lehrer unterrichtet wird. So einfach können wir uns das hier nicht machen. Auch Lehrer und Lehrerinnen werden sich in Zukunft – bei aller Akzeptanz ihres Engagements und bei meiner größten Hochachtung vor ihrer Leistung – eine Leistungsbeurteilung gefallen lassen müssen, und zwar eine Leistungsbeurteilung, die Konsequenzen hat (Zwischenruf des Abg. Großruck ) und die unter Umständen auch zu einer Veränderung im Besoldungssystem führt.

Derzeit haben wir eine große Sicherheit; darauf hat die Ministerin ja schon hingewiesen. Derzeit haben wir folgende Situation: Der nächste Biennalsprung kommt bestimmt, und sonst kann ja einem Lehrer beziehungsweise einer Lehrerin trotz ungenügender Leistung eigentlich nicht viel passieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn die Ministerin heute hier die ausgezeichnete Beurteilung der Volksschule angesprochen hat, dann sage ich gerne: Das freut mich auch! Aber gerade die Volksschule ist ja eigentlich die böse "linke Eintopfschule", wie es wahrscheinlich Kollege Höchtl sagen würde, jene Schule, die im dritten und vierten Jahr mit Hilfe innerer Differenzierung trotz Integration bei den 9- und 10jährigen sehr gute Leistungen hervorgebracht hat. Ein Jahr später erfolgt dann die Selektion, ein Jahr später zersplittern wir, ein Jahr später teilen wir in Gruppen ein und provozieren so geradezu Repetentenquoten, provozieren kuriose Schullaufbahnen, produzieren Schulabbrecherquoten in großer Höhe, und all das verursacht auch noch Kosten in Milliardenhöhe. Sie aber halten an diesen alten Konzepten fest, und das


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite