Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 203

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20.08

Abgeordneter Erhard Koppler (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaugg, als ich den ersten Teil Ihrer Rede hörte, war ich der Meinung, daß ich auf einer falschen Hochzeit bin, denn das Wort "Lehrling" kam erst im letzten Drittel Ihrer Rede vor. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Gaugg! Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung zur aktuellen Lehrlingssituation gibt mir persönlich sicherlich keinen Grund, euphorisch zu sein, und das sage ich auch sehr deutlich. Aber es ist, wie ich meine, ein erster, ein guter Schritt in die Zukunft. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Aber es kommt zu spät! Ihr habt eure Chancen verschlafen!) Auf diesen Schritt können und müssen wir in Zukunft aufbauen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in den nächsten Tagen ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Verbesserung der dualen Berufsausbildung sowie zur verstärkten Einstellung von Lehrlingen zu beschließen. Die Regierung hat mit dem vorliegenden Entwurf Verantwortung bewiesen, und das wird vor allem im internationalen Vergleich sehr deutlich: Kaum ein anderer Staat als Österreich konnte bisher ein dermaßen umfangreiches Paket schnüren, obwohl die Probleme jenseits der Grenzen Österreichs ungleich dramatischer sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das zeigt sich am deutlichsten am Beispiel der Jugendarbeitslosigkeit: Mit 3,9 Prozent gehört Österreich zu den Vorbildern in Europa, vor allem im Vergleich zu Deutschland mit einer Jugendarbeitslosigkeit von 5,2 Prozent. (Abg. Gaugg: Das ändert nichts am Problem!) – Hören Sie zu, Herr Abgeordneter Gaugg! Ich bringe jetzt internationale Vergleiche, und darauf können wir mit Recht stolz sein! Wir dürfen allerdings nicht zufrieden sein, das gebe ich auch zu! (Beifall bei der SPÖ.)

Großbritannien hat eine Jugendarbeitslosenrate von 14,9 Prozent, Frankreich 23,4 Prozent, Italien 31,1 Prozent und Spanien 38,3 Prozent. Im EU-Schnitt liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei erschreckenden 20,2 Prozent! (Abg. Gaugg: Wollt ihr warten, bis ihr auch soweit seid?)

Dennoch, meine sehr verehrten Damen und Herren, waren diese Schritte in Österreich dringend notwendig, geht es doch um die Zukunft und um unsere Jugend. Ich unterstütze daher das Maßnahmenpaket der Bundesregierung, weil durch Reformen im Gewerberecht attraktivere und modernere Berufe entstehen, die langfristig bessere Beschäftigungsmöglichkeiten garantieren, und weil die beabsichtigte Berufsreifeprüfung die Durchlässigkeit zu höheren Bildungswegen erleichtert und damit das Facharbeiterimage, wie ich hoffe, verbessert wird. (Abg. Gaugg: Ihr habt schon so viel angekündigt am Arbeitsplatzsektor!)

Ich habe nur noch sehr wenig Redezeit, aber schauen Sie, Herr Abgeordneter Gaugg, die Lehrlinge wissen genau, wer ihre Interessen vertritt. (Abg. Gaugg: Sie sicher nicht!) Die Lehrlinge wissen genau, daß es sicherlich nicht die Freiheitliche Partei ist, die für die Lehrlinge eintritt! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Keppelmüller: Der Pumberger sicher auch nicht! Der gutverdienende Arzt Pumberger sicher auch nicht! – Abg. Gaugg: Der einzige sichere Arbeitsplatz ist der Chauffeurposten vom Herrn Koppler!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte in der mir noch zur Verfügung stehenden Redezeit allen danken, die an dieser Reform, an diesem Reformpapier mitgearbeitet haben. Ich möchte vor allem aber auch den Sozial- und Wirtschaftspartnern für die Mitwirkung und die entscheidenden Vorleistungen, die für dieses Paket sehr notwendig sind, danken.

Gestatten Sie mir abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, einen kurzen Blick in die Zukunft zu richten. Wir müssen in Zukunft noch stärker als bisher das rein schulische Bildungswesen mit der dualen Berufsausbildung verknüpfen. Jugendliche, Schüler und Lehrlinge sollten nicht miteinander konkurrieren, sondern einander in der Ausbildung ergänzen. Zeitgemäße Lehrberufe werden daher in Zukunft noch stärker als bisher für gleichwertige Beschäftigungschancen von Schülern und Lehrlingen sorgen. (Abg. Gaugg: Ich höre es wohl, allein mir fehlt der Glaube!) Damit steigen die Attraktivität der Lehrlingsausbildung und das Image der Lehrlinge, auf die wir zu Recht stolz sein können.


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